Zentrale Vergabebeobachtung für fünf Kantone
Im Dienst fairer und transparenter Vergabe: Die Coordination romande des SIA und die Conférence romande des associations patronales d’ingénieurs et d’architectes (CRAIA) haben in der Westschweiz eine kantonsübergreifende Beobachtungsstelle für öffentliche Aufträge eingerichtet.
Die neue Organisation prüft die Ausschreibungen und Wettbewerbe für Planer, Ingenieure und Architekten in den Kantonen Freiburg, Jura, Neuenburg, Wallis und Waadt und trägt den Namen Observatoire des machés publics romands (OMPr). Sie wurde kürzlich in Freiburg vorgestellt und löst die waadtländische Beobachtungsstelle ab, die 2013 vom SIA Waadt und der Union patronale des ingénieurs et architectes vaudois (UPIAV) ins Leben gerufen wurde. Deren Ziel war es, Verfahren für eine transparente Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen gemäss den gesetzlichen Bestimmungen und den Ordnungen SIA 142, 143 und 144 zu fördern.
Die neue Beobachtungsstelle ist nunmehr für fünf Kantone tätig, aber ihre Zielsetzung bleibt unverändert. Sie soll durch Verfahren, die an die Leistung und an den Kontext angepasst sind, faire und transparente Ausschreibungsbedingungen fördern. Die Analysten der OMPr sollen etwa 120 Verfahren pro Jahr prüfen, sobald diese auf simap (der elektronischen Plattform für das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz) oder in den amtlichen Anzeigern veröffentlicht werden.
Im Rahmen dieser Überprüfung erhält jedes Verfahren ein Datenblatt mit einer begründeten Einschätzung auf der Grundlage gesetzlicher und qualitativer Kriterien sowie einen grünen, orangefarbenen oder roten Smiley, der die Beurteilung zusammenfasst.
Die Tätigkeit der Beobachtungsstelle ist jedoch nicht nur darauf beschränkt: Wenn ein Verfahren die Beurteilung Orange oder Rot erhält, nimmt die kantonale Aussenstelle der OMPr, die eine entscheidende Rolle bei der Informationsübermittlung auf regionaler Ebene spielt, Kontakt mit den betreffenden Auftraggebern oder Organisatoren auf, um mögliche Anpassungen zu besprechen. Zwar zeigt die Erfahrung, dass die Ansprechpartner am Anfang eher abwehrend reagieren, doch aus den waadtländischen Statistiken geht auch hervor, dass es in mehr als der Hälfte der Fälle zu einem konstruktiven Dialog und zu einer Verbesserung des Verfahrens kommt. Der OMPr, die weder Sanktionen verhängen darf noch will und die auch nicht befugt ist, Beschwerde einzulegen, geht es darum, diese Beratungsrolle zu stärken, insbesondere im Vorfeld der Veröffentlichung der Verfahren.
In der Vergangenheit hat die Beobachtungsstelle vor allem Ausschreibungen analysiert (etwa 80 % der geprüften Verfahren gegenüber 20 % Wettbewerben und Studienaufträgen), und das wird bei der OMPr sicher nicht anders sein. Die vor ihrer Veröffentlichung bereits vom SIA Schweiz zertifizierten Verfahren (Programme gemäss den Ordnungen SIA 142 und 143) werden nicht erneut beurteilt.
Welche Verfahren sind problematisch?
Wann wird ein Verfahren als problematisch eingestuft? Laut Alain Wolff, dem Präsidenten der neuen Organisation, insbesondere dann, wenn die Form des Verfahrens (Ausschreibung oder Wettbewerb) dem jeweiligen Zweck unangemessen ist. Mit einer kritischen Bewertung ist ferner zu rechnen, wenn die Gewichtung der Auswahlkriterien nicht angegeben wird oder unausgewogen ist (wenn etwa dem Preis eine zu hohe Bedeutung beigemessen wird). Zudem ist die Beschreibung der Leistungen gelegentlich unzureichend, oder die Urheberrechte werden nicht garantiert. In einigen Fällen ist die Zusammensetzung der Jury nicht angegeben, oder den vorgesehenen Jurymitgliedern mangelt es an den erforderlichen Kompetenzen.
Seit Februar besteht die Möglichkeit, sich auf der digitalen Plattform der OMPr anzumelden, um kostenlos alle analysierten Ausschreibungsblätter zu erhalten, sobald diese veröffentlicht werden (www.ompr.ch). Zudem ist es den Nutzern in wenigen Monaten möglich, alle Dossiers auf der Website einzusehen, Analysen nach Jahr und Kanton zu filtern und auf Jahresstatistiken zuzugreifen.