Adieu Erker
Kolumne
Anderthalb Jahre durfte ich im Obergeschoss dieses Hauses wohnen, in der idealen 4.5-Zimmer-Wohnung. 1903 vom Baumeister «M. B.» erbaut, gehörte es lange Zeit einem ortsansässigen Schreiner und wird heute in dritter Generation von einem auswärtigen Immobilienberater verwaltet. Im Herbst wird es einem viergeschossigen Neubau mit Eigentumswohnungen weichen. Wie es dazu kam, berichten vier Akteure des Geschehens:
Der Eigentümer hätte es gern umgebaut, aber das wäre ja viel zu teuer gekommen. Eigentlich kein Wunder, wenn jahrzehntelang die Miete einkassiert wird, ohne einen Rappen in Renovationen zu investieren. Der Denkmalpfleger informierte mich, das Haus gehöre ins Inventar der schützenswerten Ortsbilder – folglich hätte ihn die Stadt über die Baubewilligung informieren sollen.
Grund genug, Einsprache zu erheben, doch wer wäre dazu berechtigt? Der Heimatschützer? Mit diesem Investor möchte man sich nicht auf ein aussichtsloses Verfahren einlassen. Der Nachbar? Er habe keine Einwände gegen den Neubau, zudem habe seine Behörde den Neubau bewilligt …
Wehmütig hole ich die Umzugskartons aus dem Estrich: Jeder von uns hat seine Pflicht erfüllt – und doch hätte das würdige Haus einen besseren Anwalt verdient.