BUGA Fib­re Pa­vi­li­on: Von der Na­tur ler­nen

Die Gestalt des BUGA Faserpavillons auf der Bundesgartenschau in Heilbronn ist von der Natur inspiriert. Seine sichtbare Struktur besteht aus einem effizienten Fasersystem. Jedes Bauteil wurde mithilfe eines robotergestützten Fertigungsprozesses generiert; seine spezifische Geometrie ermöglicht einen optimierten Materialeinsatz.

Publikationsdatum
01-10-2019

Der BUGA Faserpavillon ist in seinen Bestrebungen verwandt mit den geodätischen Kuppeln von Richard Buckminster Fuller – wissenschaftlich inspirierte, ausdrucksstarke Konstruktionen mit dem Ziel eines nachhaltigen und sparsamen Einsatzes von Ressourcen im Sinn von Fullers «Ephemerisierung». Kamen Computer schon bei seiner grössten Kuppel zum Einsatz, dem US-Pavillon auf der Weltausstellung 1967 in Montréal, so zeigt das robotische Bauen über ein halbes Jahrhundert später neue Wege des digitalen Bauens auf.

Hocheffizient und aussergewöhnlich leicht

Der BUGA Faserpavillon befindet sich auf der Sommerinsel der Bundesgartenschau 2019 und beherbergt die Ausstellung «Zukunftskarussell». Seine Gestalt verdeutlicht die langjährige bionische Forschung des Instituts für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und des Instituts für Tragkonstruktion und konstruktives Entwerfen (ITKE) an der Universität Stuttgart.

Der Pavillon besteht aus 150’000 m räumlich angeordneten Fasern aus Glas- und Kohlenstoff und spannt 23 m über eine Grundfläche von rund 400 m2. Die tragende Struktur des Pavillons besteht aus 60 massgeschneiderten Verbundbauteilen, die jeweils 250 kN an Druckkräften aufnehmen können – einem Gewicht von mehr als 15 Autos.

Die Konstruktion wiegt nur 7.6 kg pro Quadratmeter und ist somit fünfmal leichter als eine Stahlkonstruktion vergleichbarer Spannweite. Der Industriepartner FibR GmbH produzierte die Elemente in Serie. Jedes Tragelement, bestehend aus 1000 m Glas- und 1600 m Kohlenstofffasern, wurde in vier bis sechs Stunden produziert. Umhüllt wird die tragende Faserverbundstruktur von einer mechanisch vorgespannten transparenten ETFE-Membran (Ethylen-Tetrafluorethylen-Copolymer).

Weder Produktions- noch Materialabfälle

Die Konstruktion des Pavillons ist inspiriert von tragenden Strukturen, wie sie in der Biologie vorkommen, bestehend aus Fasern und einer stützenden Matrix. Da Orientierung, Ausrichtung und Dichte der Fasern so präzise abgestimmt sind, dass Material nur dort platziert wird, wo es statisch tatsächlich benötigt wird, ist dieses Fasersystem sehr leistungsfähig und ressourceneffizient.

Modernste Computertechnologien und Konstruktionsprinzipien aus der Natur ermöglichen ein neuartiges Bausystem, das mit konventionellen Produktionstechnologien kaum umsetzbar wäre. Die integrative Forschung des Co-Design-Ansatzes verbindet Methode, Prozess und System. Die aufgegliederten Bereiche der Baubranche mit ihren jeweiligen Anforderungen – Architektur, Tragwerk, robotische Fertigung – sollen mithilfe des digitalen Prozesses verbunden werden.

Jedes Bauteil wird in einem robotergestützen Faserwickelprozess hergestellt. Dabei werden Faserstränge von einem Roboter zwischen zwei rotierenden Wickelgerüsten frei platziert. Da weder Form noch Kern erforderlich sind, wird eine Vielzahl massgeschneiderter Bauteile möglich. Wirtschaftliche Nachteile gegenüber einer Fertigung gleicher Bauteile entfallen, da weder Produktions- noch Materialabfälle entstehen.

Neuartige Faserverbundbauweisen

Die interdisziplinäre Erforschung biologischer Prinzipien in Verbindung mit digitalen Technologien führte zu einem neuartigen, digitalen Faserverdbundbausystem. Im Rahmen des Exzellenzclusters «Integrative Computional Design and Construction for Architecture» wird die Forschung an Faserverbundbauweisen weiter vertieft. Der Pavillon hat neben dem «Iconic Award» 2019 für innovative Architektur, den «beyond bauhaus - prototyping the future» Award gewonnen: Die Jury würdigt «das intelligente Design eines zeitgemässen sozialen Raums als vorausschauende Lösung auf drängende Herausforderungen der Gegenwart».

 

 

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