Gemeinsam Neues schaffen
Designworkshop Japan-Schweiz
An zwei Workshops in der Schweiz und in Japan arbeiteten fünf Schweizer und sechs japanische Designer gemeinsam an neuen Produktideen.
Wir sprachen mit Patrick Reymond, Mitbegründer des Ateliers oï, der das Projekt für SIA und Switzerland Global Enterprise geleitet hat.
SIA: Sie haben gemeinsam mit Pierre Keller (ehemaliger Direktor ECAL) das Workshopkonzept vorbereitet. Welche Ziele verfolgten Sie, welche Schwerpunkte haben Sie gesetzt?
Patrick Reymond: Das Projekt wurde von der ehemaligen Exportplattform ingenious switzerland initiiert (siehe dazu Info-Box), die 2013 ein Memorandumof Understanding mit dem Japan Institute of Designpromotion (JDP) unterzeichnet hatte. Dieses Bekenntnis zum Dialog sollte mit einem konkreten Projekt untermauert werden. Der Workshop zielte neben dem kreativen Part darauf ab, Designer mit Unternehmen zusammenzubringen und so auch eine Brücke zur Wirtschaft zu schlagen. Davon profitieren nicht nur die Designer, die Einblick in die Arbeitsphilosophie des gastgebenden Unternehmens erhalten. Auch für die Unternehmen ist der Blick von aussen wertvoll, insbesondere für solche, die in den asiatischen bzw. westlichen Markt expandieren möchten. In der Schweiz konnte Glaeser Wogg und in Japan Ishinomaki Laboratories für die Zusammenarbeit gewonnen werden. Unser Motiv war zum einen sicherlich die Promotion von Schweizer Kompetenzen in Japan, genauso wichtig war uns zum andern aber auch der Austausch von Know-how über kulturelle Grenzen hinweg.
Der SIA ist ja eigentlich der massgebliche Berufsverband für Architekten und Ingenieure, fokussiert hier aber auf ein Designprojekt. Kann man die Disziplinen Architektur und Design überhaupt klar voneinander trennen?
ingenious switzerland wurde vom Bund als Exportplattform für die drei Disziplinen Architektur, Ingenieurwesen und Design ins Leben gerufen, daher rührt der Fokus auf das Design in diesem Projekt. Als Gründungspartner von Atelier oï blicke ich nun auf fast 25 Jahre Erfahrung mit Projekten zurück, die sowohl die Architektur als auch das Design tangieren. Entsprechend bin ich überzeugt, dass grosse internationale Projekte eine umfassende interdisziplinäre Herangehensweise erfordern. Eine Trennung und Abgrenzung der einzelnen Disziplinen ist für mich der falsche Ansatz.
Können Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Herangehensweise der japanischen und der Schweizer Designer nennen?
Mir ist aufgefallen, dass sowohl die japanischen als auch die Schweizer Designer von der Konzeption zur Realisation alle Etappen eines Projektes begleiten wollten: ein Bedürfnis also, nahe am Material und am Know-how zu bleiben. Die Unterschiede hingegen leiten sich wohl auch von der geografischen Lage ab. Die Schweiz liegt im Zentrum von Europa und ist somit umgeben von verschiedenen Kulturen, welche unser Denken und unser ästhetisches Empfinden beeinflussen. Japan ist als Inselstaat geografisch, durch die Sprachbarriere aber auch kulturell isolierter. Dementsprechend verfügt das Land über eine ausgeprägt eigenständige kulturelle und ästhetische Tradition.
Was stand bei den Gesprächen zwischen den Designern im Vordergrund?
Sehr ausgeprägt war die Neugierde auf neue Arbeitsweisen und -methoden. Der Workshop bot Gelegenheit zu gemeinsamen neuen Erfahrungen und damit auch zu einer Horizonterweiterung. Dabei entstanden Freundschaften zwischen den Designern sowohl auf der persönlichen als auch auf der kreativen Ebene, die wahrscheinlich zu weiteren Treffen führen werden.
Welche Themen beschäftigen Designer in Japan, und wo liegen wichtige Unterschiede?
Ein grosser Unterschied liegt sicherlich in der Kultur. In Japan hat sich eine starke Symbolik entwickelt, die das Zusammenleben prägt. Das zeigt sich auch im Verhaltenskodex, der für Aussenstehende schwer zugänglich ist, oder in ihrer Bildsprache. Dieser Einfluss ist auch in der Art des Gestaltens spürbar und kommt in der Form- und Farbgebung, den verwendeten Materialien und der Nutzung zum Ausdruck. Die Schweiz hingegen ist geprägt von einer multikulturellen Gesellschaft, deshalb ist dieser Einfluss hier weniger spürbar. Sowohl bei den Schweizern als auch bei den japanischen Designern war der Wunsch nach einer Demokratisierung des Designs und damit einer grösseren Nähe zu den Konsumenten spürbar.
Welche persönlichen Erkenntnisse haben Sie aus diesem Erfahrungsaustausch gezogen?
Wie wichtig es ist, sich der Welt zu öffnen und neugierig zu bleiben. Dazu gehört auch die Bereitschaft, Risiken einzugehen und von anderen zu lernen.
So besteht die Möglichkeit, sich über den eigenen Schaffensbereich hinaus weiterzuentwickeln.
Wie geht es nach der Präsentation der Prototypen in Japan weiter?
Wir haben vor, einige der während des Workshops erarbeiteten Objekte demnächst industriell herstellen zu lassen.
Die im Rahmen des Workshops entstandenen Prototypen und Skizzen waren anlässlich der Tokyo Design Week vom 23. bis 30. Oktober in Japan zu sehen. Am 26. Oktober wurden die Arbeiten im Beisein von Vertretern der Schweizer Botschaft und des Japan Institute of Design Promotion (JDP) in Tokio vorgestellt.
Das Projekt, finanziert durch Restmittel aus dem 3. Konjunkturpaket des Bundes, ist eines von fünf Vorhaben, die der SIA 2014 von der ehemaligen Exportplattform ingenious switzerland für Schweizer Architektur, Engineering und Design übernommen und bis Ende 2015 weitergeführt hat. Eine vertiefende Broschüre zum Workshop steht auf der SIA-Website bereit unter www.sia.ch/japan