Auf der Hö­he der Zeit

Editorial TEC21  28/2021

Publikationsdatum
16-09-2021

Boom, boom, boom. In lautmalerischer Comicsprache begrub der Architekt und Publizist Charles Jencks 1977 die Architektur der Moderne. Er hatte sie nicht selbst umlegen müssen. Was da knallte, war kein Revolver, sondern das Dynamit, mit dem die Sozialwohnungssiedlung Pruitt-Igoe in St. Louis in den USA gesprengt wurde. Jencks, einer der Cheftheoretiker der Postmoderne, datierte damit das Ende einer ganzen Ära. Die grosse Sozialutopie in Form von Wohnhochhäusern war gescheitert – nicht nur in den USA.

Doch plötzlich sind Wohnhochhäuser wieder da. Was wir in diesem Heft zeigen, ist vom Umfang her kaum anders als das, was in den 1970er-Jahren in St. Louis in Schutt versank: Um die hundert Wohnungen pro Bau, über zehn Stockwerke hoch, das gilt auch für die Tour Opale bei Genf und für Sugar Hill in New York. Diese neue Generation Wohnhochhäuser allerdings unterscheidet sich 
in wesentlichen Punkten von ihren verunglimpften Ahnen: Beide der hier vorgestellten Bauten enthalten neben Wohnungen noch andere Nutzungen, und beide binden die Bewohner in die Gestaltung ihrer Lebenswelt mit ein.

Auffallend sind zudem die verspringenden Baukörper – als sollte demonstriert werden, dass das Konzept des Hochhausturms eine Erschütterung erlitten hat. Zugleich sind diese Verrückungen überlegte räumliche Einschnitte, die schon von Weitem deutlich machen: Hier ist mehr zu erwarten als die Wiederauferstehung eines einst zu Grabe getragenen Bautyps.

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