Binding Preis 2023 für das Areal Pra Roman bei Lausanne
Die Binding Stiftung ehrte erstmals vorbildliche Arealentwicklungen, die eine vielfältige Natur mit anderen Nutzungen in Einklang bringen. Die Wohnsiedlung «Pra Roman» bei Lausanne gewinnt den Hauptpreis, der Anerkennungspreis geht an die Zwischennutzung «Areal Bach» in St. Gallen.
Der Binding Preis für Biodiversität, der seit 2020 verliehen wird, zielt auf die Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum. Die diesjährige Ausschreibung des Preises mit dem Schwerpunktthema «Arealentwicklung» zielte darauf ab, eine konkrete Akteursgruppe mit grossem Handlungsspielraum anzusprechen. Denn Arealentwicklungen bieten dank grosser Flächen, umfassender Planungsverfahren und einer überschaubaren Anzahl Beteiligter grosse Chancen für die Realisierung naturnaher und vielseitiger Aussenräume.
Der Hauptpreis stand Arealen mit über 7500 m2 offen, der Anerkennungspreis richtete sich an kleinere Projekte. Ende August wurden die Siegerinnen an der offiziellen Preisverleihung in den Basler Meriangärten geehrt: Der Hauptpreis geht an die Wohnsiedlung «Pra Roman» bei Lausanne, die Zwischennutzung des «Areal Bach» in St. Gallen gewinnt den Anerkennungspreis.
Pra Roman: Wohnsiedlung verbindet Stadt und Wald
Die Siedlung Pra Roman in Chalet-à-Gobet befindet sich oberhalb von Lausanne, am Rand des Siedlungsgebiets. Die ersten Bewohnerinnen und Bewohner zogen 2020 in die Siedlung der Genossenschaft Codha ein, die von Anfang an als «Ecoquartier» geplant wurde. Inzwischen wohnen rund 200 Menschen in zwölf Gebäuden, die wie ein kleines Dorf um einen zentralen, geselligen Platz herum angeordnet sind.
Angrenzend an Wald und Landwirtschaftsflächen fungiert das Areal als ökologisches Scharnier zwischen dem Siedlungsraum und der Umgebung. Die Natur war von Anfang an ein Leitmotiv der Arealentwicklung. Die Planung, Umsetzung und Pflege wurden nicht nur von der Bauherrin, sondern von den zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohnern vorangetrieben. In Arbeitsgruppen wurden Einzelprojekte umgesetzt, entlang einer übergeordneten Gestaltungsidee unterschiedlicher Zonen und Nutzungen. Ein wechselfeuchter Wildkorridor führt durch das Areal und bietet Insekten, Amphibien, Kleintieren und Vögeln Nahrung, Unterschlupf und Zugang zu den anderen Arealbereichen.
Zwischennutzung Areal Bach: Ein Parkplatz wird zur Oase
Der Anerkennungspreis der Binding-Stiftung ging an das Areal Bach in St. Gallen, das als Zwischennutzung von einem Verein belebt, entsiegelt und begrünt wurde. Vor vier Jahren entstand die Idee, die brachliegende Parkplatzfläche neben den Gleisen des Bahnhof St. Fiden umzunutzen. Im Herbst 2020 konnten dank Spenden und Baumpatenschaften rund 150 Bäume und Sträucher gepflanzt werden, die Eröffnung folgte im Frühling 2021. Inzwischen sind weitere Pflanzen und Blumenwiesen gewachsen, der ehemalige Parkplatz wurde zum Treffpunkt für das ganze Quartier. Ein von Bäumen gesäumter Platz, ein Barfussweg, Hochbeete, Naschweg, Kinderbaustelle und Ruderalflächen schaffen vielfältige Umgebungen und Angebote auf der ehemaligen Brache.
Aufgrund der temporären Nutzung entwickelte der Verein Areal Bach die Bepflanzung nach dem Konzept «Natur auf Zeit»: Bäume in Form einer Baumschule, Pioniergewächse und Blumenwiesen bieten Aufenthaltsqualität für die Stadtbevölkerung. Das Pilotprojekt, das auch eng mit der Vision «Grünes Gallustal» verknüpft ist, will damit aufzeigen, dass auch kurzfristige und temporäre Klimamassnahmen gegen die Überhitzung und für die Biodiversität wirksam sind.
Dankbarkeit und Ansporn für die Zukunft
Die Freude bei den anwesenden Genossenschafts- und Vereinsmitgliedern über die Preisverleihung war sichtbar, in beiden Projekten steckt auffällig viel ehrenamtliches Engagement. So erstaunt es denn auch nicht, dass eine genossenschaftliche Arealentwicklung prämiert wurde, da hier die zukünftigen Bewohnenden meist von Anfang an in die Planung involviert sind, sich persönlich einbringen und damit auch die längerfristige Pflege und Unterhalt sicherstellen. Die Vorteile und Möglichkeiten eines direkten Einbezugs der Bewohnenden in Planung und Unterhalt sehen auch institutionelle Arealentwickler zunehmend als Chance, um Identifikation, Engagement und Gemeinschaftlichkeit in der Nachbarschaft zu stärken.
Beeindruckend ist auch das Tempo der Umsetzung der Siegerprojekte, insbesondere bei der Zwischennutzung. Rückblickend sei es manchmal kann kaum glauben, dass ihre Ideen heute Realität seien, führte Melanie Diem, die Präsidentin des Vereins Areal Bach aus. Die Dankbarkeit für diese Anerkennung sei riesig, nach so vielen Stunden Arbeit, Überzeugung und Engagement. Diesen Dank gaben die beiden Siegerinnen weiter, an alle Menschen, die im Grossen und Kleinen an der Begrünung und Belebung ihrer Areale mitwirken. Und sie nehmen es als grosser Ansporn für die Zukunft. Denn die Binding-Stiftung spricht nur einen kleinen Teil der Preissumme als frei verfügbares Preisgeld, der Grossteil ist für die Weiterentwicklung oder neue Projekte gedacht.
Binding-Preis 2024 widmet sich dem Umgang mit Wasser
Der mit 100'000 Franken dotierte Binding-Preis ist der höchstdotierte Schweizer Preis für die Biodiversität, der Anerkennungspreis ist mit 25'000 Franken dotiert. Nach jahrelanger Förderung von nachhaltiger Waldwirtschaft positionierte sich die Sophie und Karl Binding Stiftung vor ein paar Jahren neu und nahm die Biodiversität im Siedlungsraum in den Fokus. Der Binding Preis für Biodiversität wird seit 2020 jährlich ausgeschrieben und vergeben. Alle eingegebenen Projekte für den Binding-Preis können auf der Webseite von Mission B angeschaut werden.
Die Ausschreibung für das Jahr 2024 widmet sich einem neuen Schwerpunktthema: Wasser und grün-blaue Lebensräume.
Weitere Infos: www.preis-biodiversitaet.ch