Bünd­ner An­sich­ten

Malerische Landschaften, einsame Berghütten oder filigrane Brückenkonstruktionen: Bilder aus 150 Jahren Architekturfotografie im Kanton Graubünden zeigt die Ausstellung «Ansichtssache» im Bündner Kunstmuseum Chur. Zur Schau ist ein Katalog erschienen.

Publikationsdatum
05-03-2013
Revision
25-10-2015

Graubünden ist reich an Architektur und Landschaft. Die Baukultur ist vielfältig, deshalb haben die Ausstellungsmacher den Begriff weit gefasst: Obwohl von 150 Jahren Architekturfotografie die Rede ist, zeigen die Fotos nicht nur Werke von Architekten, sondern sämtliche Baugattungen, einschliesslich der Ingenieurskunst. Die Ausstellung gliedert sich in einen Teil mit historischen Aufnahmen ab 1860 und einen mit zeitgenössischen Fotografien, darunter Aufnahmen von Lucia Degonda, Heinrich Helfenstein, Hélène Binet oder Hans Danuser. Letzterer beeindruckt mit seinen Aussenaufnahmen der Caplutta Sogn Benedetg von Peter Zumthor oberhalb Somvix' (1988). Geheimnisvoll und melancholisch wirken die zwei Fotografien, die eine in Nebel gehüllte Kapelle zeigen.

Historisches Panorama

Die Exponate zeigen in ihrer Gesamtheit, wie sich Graubünden verändert hat. In den Motiven kommt die Zeitgeschichte zum Ausdruck. Mit dem Ausbau der verkehrstechnischen Anlagen in der Zwischenkriegszeit kommen Brücken, Viadukte oder Bahnhofsgebäude in den Vordergrund. Ein Beispiel sind die Aufnahmen der Salginatobelbrücke von Robert Maillart, die sich 1929–1930 noch im Bau befindet, festgehalten von Domenic Mischol und N. Löscher. Bahn und Strassen brachten Touristen, in den Fokus der Fotografie rücken Hotels, Kurhäuser und Landschaftsaufnahmen, die Graubünden als Kurort anpreisen. Die Fotografien zeigen die Objekte in ihrer gebauten Umwelt. Sie und die Natur spielen eine ebenso grosse Rolle wie das Bauwerk selbst und tragen zum Gesamteindruck bei. Auch heutige Fotografen nutzen die Wirkung der Landschaft, zoomen aber auch näher heran und zeigen Details.

Ansichtssache

Der Ausstellungstitel räumt es ein: Architekturfotos sind «Ansichtssache». Sie zeigen eine subjektive Sicht auf die Bauten. Wie stark sich diese unterscheiden, verdeutlichen Aufnahmen der St.-Nepomuk-Kapelle in Oberrealta, die sechs Fotografen für den Ausstellungskatalog gemacht haben. Was die Sichtweise geprägt hat, erschliesst sich aus den Biografien der Fotografen im Ausstellungskalalog. Rudolf Anton Reinhardt (1866–1919), der beispielsweise durch Aufnahmen der Albulastrecke für die Rhätische Bahn bekannt wurde und dessen Bilder als Postkarten die Bündner Bauwerke rund um die Welt trugen, liess sich von der Bahntechnik begeistern. Exemplarisch seine Aufnahmen der eingerüsteten Gründjetobelbrücke: Reinhardt positionierte den Bogen im oberen Bilddrittel in Untersicht, unter ihm öffnet sich das Tobel, in dem Baumstämme wie Streichhölzer liegen. Der illustrierte Katalog enthält die Geschichte der Architekturfotografie in Graubünden und Texte über die spezifische Sicht von Architekten, Ingenieuren und Fotografen.

Graubünden digital

Auch das bewegte Bild ist ein Thema. Die Ausstellung zeigt mehrere Architekturfilme der Televisiun Rumantscha, darunter «Lieu, funcziun e fuorma», ein Doppelporträt über Peter Zumthor und Gion A. Caminada von Christoph Schaub, und «Ehre dem Stein. Die Viadukte der Rhätischen Bahn» aus der Kurzfilmreihe «Die Schweiz bauen», die das Schweizer Fernsehen in Zusammenarbeit mit dem SIA realisiert hat. Das Bündner Kunstmuseum hat 2010 die Plattform «Fotoszene Graubünden» lanciert. Eine Website, Publikationen und Ausstellungen dokumentieren und reflektieren das fotografische Schaffen in und aus Graubünden. Öffentliche Institutionen und private Sammler können unter www.mediathek-graubuenden.ch digitale Fotografien, Ton- oder Filmaufnahmen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ziel ist, allen einen einfachen Zugriff auf das audiovisuelle Gedächtnis zu ermöglichen. Hinter dem Projekt steht der Verein Cronica.

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