Das Di­lem­ma der tem­po­rä­ren Nut­zung

Schweizer Pavillon, Expo Milano

Ausstellungsbauten bestehen mit Vorteil aus wieder- und weiterverwertbarer Substanz. Der Schweizer Expo-Pavillon hätte das Recyclingziel beinahe mustergültig erfüllt.

Publikationsdatum
18-06-2015
Revision
08-10-2015

Das Hauptthema an der Expo Milano ist die nachhaltige Ernährung; ein ­Augenmerk gilt auch den Ressourcen, die für die Weltausstellung selbst verbaut worden sind. Die Veranstalter haben allen Ländern eine «Guideline» für die Nachhaltigkeit in Design, Konstruktion, Rückbau und Wiederverwendung der Pavillons verteilt.

Und das Politecnico Milano hat den Auftrag erhalten, eine Erfolgskontrolle über die Wiederverwendung der Temporärbauten zu erstellen. Diesbezügliche Lorbeeren einheimsen möchten sicher die Vereinigten Arabischen Emirate. Der von Sir Norman Foster gestaltete Wüstenpavillon wird nach Ablauf der Expo demontiert und in der Ökostadt Masdar wieder aufgebaut. 

Mit Herzog & de Meuron sind weitere Architekturstars präsent; trotz vorzeitigem Ausstieg aus dem Masterplan säumen ihre rudimentären «Slow Food»-Holzhütten bis Ende Oktober die Piazza «biodiversity». Danach gehen die Marktstände mit der Ernährungs­organisation auf Tour durch Italiens Schulen. 

Schweizer Pavillon intern gelobt

Nachhaltiges Bauen ist keine helvetische Erfindung; dennoch hätte der Schweizer Pavillon die Recyclingvorgaben ebenso selbstbewusst und ökologisch vor­bildlich übersetzen wollen und können. Der interne Nachhaltigkeitsbericht lobte das Wiederverwertbarkeitskonzept im ursprünglichen Wettbewerbs­projekt. Anfänglich war alles aus Holz geplant – die begehbaren Silos, das Deck mit Rampe und Terrasse sowie der ­eigentliche Pavillon.

Die Bauteile waren konstruktiv und statisch für eine Wiederverwendung dimensioniert. Der Schweizer Lieferant wollte von sich aus die mas­siven Holzbauplatten zurücknehmen. Die Silos wären als Gewächshäuser definitv genutzt worden. Bei den Glasscheiben wurde sogar das nachträgliche Entfernen der Wärmeschutzfolien erprobt. Denn die Folgenutzung hätte das ökologische Dilemma für den Aus­stellungspavillon gelöst: Ein längeres Leben senkt die graue Energie. 

Auf dem Ausstellungsgelände errichtet wurde jedoch ein Bau, der aus Brandschutz- und Budgetgründen vor allem aus Stahl und Beton besteht. Die realisierte Variante erlaubt, drei Viertel der Materia­lien zu recyclen. Doch das Schreddern verbraucht zusätz­liche Energie, und der Ressourcen-Fussabdruck ist ­achtmal grösser als für die originale Holzkonstruktion. Nun verhandelt Präsenz Schweiz mit Städten, um wenigs­­tens die Glastürme als solche weiterzuverwenden.

Am Bau Beteiligte
 

Bauherrschaft
Präsenz Schweiz


Architektur, Ausstellung
Netwerch AG, Brugg


Aussenraum
Müller Illien Landschafts­architekten, Zürich


Generalplanung, Konstruktion
Nüssli Gruppe

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