Der Blick zu­rück

World Interiors Day 2018

Das europäische Kulturerbejahr 2018 gab den Anlass, am World Interiors Day WID Ende Mai die kulturellen Wurzeln der Innenarchitektur zu ergründen.

Publikationsdatum
04-06-2018
Revision
04-06-2018

Das Kulturzentrum Kosmos in Zürich bot der Vereinigung Schweizer Innenarchitekten/Innenarchitektinnen vsi.asai am WID 2018 den passenden Rahmen für Führungen, Ausstellungen und ein Podium, auf dem die geschichtlichen Hintergründe des Metiers beleuchtet wurden. Während Thomas Wachter, ehemaliger Präsident des VSI, der Frage nach dem Beitrag der Innenarchitektur am Kulturerbe nachging, gaben Joan Billing und Samuel Eberli von Design+Design Einblicke in ihre Arbeit zur Schweizer Wohnkultur. Das abwechslungsreiche Programm kulminierte in einem filmischen Porträt über Trix und Robert Haussmann, die im Anschluss für ihr Lebenswerk geehrt wurden.

Innenarchitektur und Kulturerbe

Die klassische Auffassung von Innenarchitektur mit ihrem hohen Stellenwert der Repräsentation wurde im Lauf des 19. Jahrhunderts durch die technischen Entwicklungen im Zuge der Industrialisierung zunehmend obsolet. Während die Stillehre infrage gestellt wurde, gewann das Bedürfnis nach Funktion und Nutzung an Gewicht. Zürich bot in der Zwischenkriegszeit eine Bühne für moderne Experimente und Auffassungen. Die 1933 fertiggestellte Kunstgewerbeschule der Architekten Steger und Egender wurde als fortschrittliche Kunstschule durch ihre Lehrer – wie Johannes Itten – direkt vom Bauhaus beeinflusst. Sie bildete in ihrem Verständnis von Identität und durch ihre nutzerspezifische Sichtweise das Pendant zur technischen Ausprägung der ETH. Diese Ausrichtung führte zum neuen Berufsstand der Innenarchitektur in der Schweiz. Die Studenten unter Wilhelm Kienzle gründeten 1942 den ersten Berufsverband für Innenarchitektur in Europa; seitdem gestaltet der VSI das Kulturerbe aktiv mit.

Protagonisten der Schweizer Wohnkultur

Design+Design widmet sich der Aufgabe, das Bewusstsein für das Kulturerbe von Innenarchitektur und Design zu schärfen. Mit der Reihe «Protagonisten der Schweizer Wohnkultur» wird jeweils ein Protagonist anhand eines Buchs, einer Ausstellung und im Rahmen von Führungen präsentiert. In Zusammenarbeit mit dem grossen Netzwerk der beiden Designer werden Bestände erschlossen, gesichert, dokumentiert und erforscht: Das Lebenswerk der Pioniere kann somit wieder in Umlauf gebracht werden, und oftmals entstehen Reeditionen von Möbelstücken. Mit historischen Bildern und Einblicken in die Recherchearbeit verdeutlichten sie in ihrem Vortrag, wie das Kulturerbe von Generation zu Generation weitergetragen wird und wie u.a. das Bauhaus mit seinen Meistern eine ganze Generation prägte.

Die Rückblicke und Einblicke von Thomas Wachter, Joan Billing und Samuel Eberli wurden durch die Erinnerungen einiger anwesender Pioniere zusätzlich belebt: Verena Huber sprach von ihrer Wohnbauforschung, Richard Hersberger berichtete von seinem «unendlich» stapelbaren Stuhl HO2, und Urs Bachmann erläuterte das Lichtkonzept für Sibler von Keller+Bachmann. Der Kurzfilm «Manierismo Critico» von Matthias Kappeler führte indes das Wirken und den Verdienst von Trix und Robert Haussmann vor Augen: Im Sinn ihres kritischen Manierismus wussten sie das komplexe Kulturerbe in ihrem Lebenswerk produktiv einzubinden.

 

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