Die Po­li­tik und der spar­sa­me Um­gang mit Res­sour­cen

Nicht nur in der Bauwirtschaft, sondern auch in der Politik gehört die Kreislaufwirtschaft zu den Topthemen. So stimmt beispielsweise der Kanton Zürich am 25. September über den Gegenvorschlag zur Kreislauf-Initiative ab.

Publikationsdatum
31-08-2022
Jörg Dietrich
dipl. Maschineningenieur ETH/SIA, MAS nachhaltiges Bauen, Verantwortlicher Klima/Energie beim Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein

Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) hat in seinem vor zwei Jahren veröffentlichten Positionspapier «Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie» die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für die Planer- und Baubranche in einem der sechs Leitsätze festgehalten: «Der SIA setzt sich für einen sparsamen Einsatz von Ressourcen und den Ausbau der Kreislaufwirtschaft ein.» Die Kreislaufwirtschaft soll zum einen dazu beitragen, den Klimawandel zu bremsen, indem Produkte, Materialien und Gebäude länger genutzt werden und so weniger Emissionen für die Neuproduktion anfallen.

Zum anderen adressiert die Kreislaufwirtschaft auch die Ressourcenknappheit, indem Materialien weiterverwendet werden und nicht in Deponien oder in der Kehrichtverbrennung landen. Um den Ausbau der Kreislaufwirtschaft zu fördern, hat der SIA in diesem Jahr die «Spurgruppe Kreislaufwirtschaft» ins Leben gerufen: Sie soll eine Strategie aufzeigen und eruieren, wo im Normen- und Ordnungsbereich des SIA Prioritäten für Anpassungsbedarf zu setzen und Massnahmen zu definieren sind.

EU-Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft

Auch in der Politik sind Bestrebungen im Gang, um die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Die EU lancierte 2019 den «Europäischen Green Deal», um den Übergang zu einer ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft zu schaffen, die «bis 2050 Klimaneutralität erreicht, ihr Wachstum von der Ressourcennutzung abkoppelt und niemanden, weder Mensch noch Region, im Stich lässt». Als Teil des Green Deals wurde 2020 ein Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft beschlossen.

Im Bauwesen will dieser Plan die Kreislaufwirtschaft während des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden fördern, unter anderem durch die Überarbeitung die Bauprodukteverordnung und die Förderung von Massnahmen zur Verbesserung der Langlebigkeit und Anpassungsfähigkeit von Bauten. Des Weiteren durch die Entwicklung digitaler Gebäudelogbücher, das Einbeziehen der Lebenszyklusanalyse in die öffentliche Auftragsvergabe und mit Initiativen zur Verringerung der Bodenversiegelung.

Teilrevision ­Umweltschutzgesetz

Auch in der Schweiz beschäftigt sich das Parlament mit dem Thema: Im vergangenen Winter fand die Vernehmlassung der Parlamentarischen Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» statt. Der SIA setzte in seiner Stellungnahme dabei einen Fokus auf die Trennbarkeit der Bauteile bei Neubauten und Sanierungen sowie auf die grauen Treibhausgase bei der Erstellung von Gebäuden. Die Trennbarkeit von Bauteilen soll sicherstellen, dass Gebäude in Zukunft besser als Material- und Bauteillager genutzt werden können und die direkte Wiederverwendung von Bauteilen im Vergleich zu heute einfacher wird. Die Vernehmlassungsantworten und der zugehörige Bericht des Bundesamts für Umwelt (Bafu) sind jetzt verfügbar.

Die Mehrheit der Antworten befürwortet beispielsweise den vorgeschlagenen Ausweis über den Ressourcenverbrauch von Bauwerken sowie die Einführung von Grenzwerten zur grauen Energie beziehungsweise zu den grauen Treibhausgasen bei Gebäuden. Es ist aber nicht notwendig, auf die Umsetzung dieser Teilrevision zu warten: Die Grundlagen für die Bewertung – beispielsweise mittels SIA-Effizienzpfad und Ökobilanzdaten der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) – sind vorhanden und müssen nur angewendet werden.

Beispiele aus Zürich und Genf

Auch auf kantonaler Ebene tut sich einiges. So stimmt der Kanton Zürich am 25. September über den Gegenvorschlag zur Kreislauf-Initiative ab. Der Gegenvorschlag, mit dem die Initiantinnen und Initianten einverstanden sind, zielt stärker auf die Güterproduktion und die Bauwirtschaft. Nehmen die Stimmberechtigten den Gegenvorschlag an, werden Kanton und Gemeinden verpflichtet, «günstige Rahmenbedingungen für die Schliessung von Stoffkreisläufen» zu schaffen. Zudem müssen sie «Massnahmen zur Vermeidung von Abfällen sowie zur Wiederverwendung von Materialien» ergreifen. Spannend bleibt, wie dieser Verfassungsartikel auf Gesetzes- und Verordnungsstufe umgesetzt wird.

Im Kanton Genf wird derzeit eine Verordnung ausgearbeitet, nachdem der Grosse Rat im Dezember 2021 einen Gesetzesentwurf angenommen hat, der darauf abzielt, den CO2-Fussabdruck grösserer Bau- oder Renovierungsprojekte über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu minimieren: Bau, Betrieb, Renovierung und Rückbau.

Abschliessend ist festzuhalten, dass jede und jeder jetzt schon einen Teil zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft beitragen kann, indem beispielsweis bereits bei Kaufentscheidungen die Notwendigkeit hinterfragt wird, Überlegungen zu Entsorgungen angestellt und gekaufte Produkte länger genutzt werden.

Verwandte Beiträge