Sonnencreme für den Bauingenieur!
Am diesjährigen «Engineers' Day» besuchten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen schweizweit Schulklassen, um aus ihrem Arbeitsalltag zu berichten. Der Besuch bei einer 4. Klasse in Zürich zeigt, wie der Zugang zu einem abstrakten Berufsfeld humorvoll gelingen kann.
Dort, wo üblicherweise die Klassenlehrerin die 4. Klasse des Zürcher Primarschulhauses Turner unterrichtet, zeigt sich an diesem Montagmorgen ein ungewohntes Gesicht. Es gehört Markus Merki, Projekt- und Bauleiter bei B + S Ingenieure und Planer. Vor etwa vierzig Jahren sass er selbst in exakt diesem Schulzimmer, in dem nun alle Kinderaugen neugierig auf ihn gerichtet sind. Sein Besuch hat einen bestimmten Grund: Es ist «Engineers’ Day» – die Schweizer Version des «World Engineering Day for Sustainable Development» der UNESCO – und Merki quasi als Botschafter seiner Zunft unterwegs.
Die Botschaft lautet: «Ingenieurinnen und Ingenieure gestalten unseren Lebensraum und sind entscheidend für unsere Zukunft.» In einem gemeinsam von suisse.ing, IngCH, der SVIN und dem SIA getragenen Projekt sind an diesem 4. März Ingenieurinnen und Ingenieure an (Primar-)Schulen in der ganzen Schweiz zu Gast, um über ihre faszinierende Arbeit zu sprechen.
Tierärztin versus Ingenieurin
Merki hat für die beiden Lektionen vor jeweils einer Halbklasse ein ambitioniertes Programm zusammengestellt: Zuerst will er sich zusammen mit den Kindern an den Begriff des Ingenieurwesens herantasten, um dann die Vielfältigkeit der Ausprägungen zu zeigen und schliesslich in das Berufsfeld des Bauingenieurs einzutauchen. In der Pause nach der ersten Lektion wird er feststellen, wie schnell die Dreiviertelstunde einer Lektion vergeht und wie viel er noch zu erzählen gehabt hätte.
Zu Beginn der zweiten Schulstunde zeigt sich jedenfalls, wie abstrakt nur schon die Berufsbezeichnung «Ingenieur/Ingenieurin» auf die Kinder wirkt. Die meisten der sechs Mädchen und vier Knaben möchten aktuell entweder (Tier-)Ärztin oder Sportler werden – dazu wüssten sie wohl auch endlos viel zu erzählen. Die Begriffe aus dem Umfeld der Ingenieurberufe hinterlassen hingegen zunächst eher ratlose Gesichter. Mithilfe eines Bilds und der Frage, wofür es wohl Ingenieurinnen und Ingenieure braucht, schafft es Merki dann aber die Fantasie der Kinder anzukurbeln und das immanente Wissen hervorzuholen.
In der Folge kommt es zu zahlreichen Aha-Erlebnissen bei den Kindern. So weiss beispielsweise ein Knabe zu erzählen, dass sein Vater ursprünglich ausgebildeter Maschinenbauingenieur sei, sich nun aber als Kletterlehrer betätige. Ein Mädchen erinnert sich an eine Erdsondenbohrung zu Hause im Garten und fragt, ob das auch mit dem Ingenieurwesen zu tun habe. Nachdem Merki dann verschiedene Alltagsobjekte und deren Bezug zu Ingenieurthemen präsentiert, sind irgendwann alle Kinder über individuelle Assoziationen im Thema angekommen.
Kreativ mit Computer und schweren Schuhen
So ergibt sich mit der Zeit und vor allem aufgrund der mittlerweile geweckten Neugier eine fesselnde Dynamik und ein reges Frage-Antwort-Spiel zwischen der Klasse und Merki. Und damit ist auch die zweite Lektion schon längst vorbei, als Merki mithilfe von mitgebrachten Ausrüstungsgegenständen, Arbeitsgeräten und Plänen den Bauingenieurberuf für die Kinder physisch greifbar macht. Den Kindern scheint das nichts auszumachen und auch die Klassenlehrerin lässt die Zugabe zu.
Diese rund zehn Minuten sind vermutlich die wertvollsten des ganzen Vormittags. Man merkt, wie die Fragen und Ideen der Klasse nur so sprudeln und der Austausch zunehmend kreativ und humorvoll wird. Als Merki beispielsweise fragt, was denn neben der Sicherheitsausrüstung auf der Baustelle das Wichtigste im heutigen Arbeitsalltag eines Ingenieurs sei – er meint wohlgemerkt den Computer –, ruft ein Knabe wie aus der Pistole geschossen: «Sonnencreme!» Recht hat er. Angesprochen auf die speziellen Eigenschaften von Sicherheitsschuhen meint eines der Kinder: «Sie sind schwer.»
Dieser letzte Block zeigt, dass derartige Veranstaltungen für Kinder auf Primarstufe trotz der Abstraktheit unserer Berufe wichtig sind. Denn nur mit einem spielerischen Zugang zum Beruf sowie bleibenden und mit einer Prise Humor gespickten Erinnerungen wird es gelingen, kommende Generationen für Ingenieurberufe zu begeistern und dem chronischen Fachkräftemangel in unserer Branche wirklich Paroli zu bieten. Zumal sich eine Ingenieurkarriere auch besser planen lässt als eine erfolgreiche Sportlerlaufbahn.