Haus des Hol­zes: No­men est omen

Es ist schon etwas Besonderes, wenn das Architektur­modell und das fertige Bauwerk aus demselben Material bestehen. Doch nicht nur diese Konsequenz, sondern auch die Manifestation eines zeitgemässen Nachhaltigkeitsgedankens machen das Haus des Holzes in Sursee zu einem Exempel für Schweizer Ingenieurbaukunst.

Publikationsdatum
02-11-2022

Nachhaltigkeit wird dann konkret, wenn sie nicht bloss in Floskeln auf einem Referenzblatt erscheint, sondern vorgelebt wird. Das sechsgeschos­sige Haus des Holzes in Sursee leistet genau einen solchen Beitrag. Es ist der gebaute Ausdruck einer nachhaltigen Philosophie und der neue Firmensitz des Zentralschweizer Holzbau-Ingenieurbüros Pirmin Jung.

Schichten für den Kreislauf

Der Neubau geht weit über den Stand der Technik im Holzbau hinaus und ist ein Vorzeigeobjekt für klimagerechtes Bauen und Kreislaufwirtschaft. Die Grundvoraussetzung dafür schafft eine digitale Planungsmethodik, die sich das Unternehmen nicht erst im Zuge des BIM-Booms angeeignet hat.

Dieser Artikel stammt aus dem vierten Band der Reihe «Schweizer Ingenieurbaukunst – L’art des ingénieurs suisses – Opere di ingegneria svizzera». Das Buch prä­sentiert herausragende Werke, die Schweizer Inge­nieurbüros aller Diszi­plinen in den letzten zwei Jahren realisiert haben. Jetzt bestellen!

Das Gebäude ist nach dem Shearing-Layers-Prinzip konzipiert und ebenso im digitalen Zwilling abge­bildet: Entsprechend ihrer ­unterschiedlichen Lebensdauer sind die einzelnen Bauteile in Systemkomponenten unterteilt, die ­individuell und flexibel an die Nutzungsbedürfnisse angepasst oder ausgetauscht werden können. Diese Systematik ermöglicht eine fachgerechte Trennung oder Weiterverwertung von Baustoffen beim Rückbau und trägt der Kreislauffähigkeit jedes einzelnen Bauteils individuell Rechnung. Und da insbesondere Holz auch nach einem Einsatz als Baustoff noch als verwertbare Ressource gilt, ergibt sich daraus eine positive Auswirkung auf die Nachhaltigkeit des Gesamtbaus.

Zukunftsfähig mit High- und Lowtech

Auch wenn die Wahl von Holz als Baustoff aufgrund der Firmenverbundenheit nahelag, unterliessen die Ingenieure und Architekten keine Gelegenheit, um jedes einzelne Bauteil bezüglich der Materialisierung zu hinterfragen. Sie überprüften bei jedem verwendeten Material, ob es sich nicht auch durch eines mit einer tieferen CO2-Bilanz ersetzen liesse. Dies führte dazu, dass mit Ausnahme des Untergeschosses nahezu alle konstruktiven Bauteile inklusive der Kernwände, Treppenhäuser und Liftschächte aus heimischen Holzressourcen stammen. Ab dem Niveau des Erdgeschosses sind einzig die Elementtreppen (Treppenläufe und Podeste) aus Beton. Jedes noch so kleine Bau- und Ausrüstungsteil des Neubaus ist bis ins Detail durchdacht, wie etwa die ausgeklügelte Verbin­dungstechnologie, die die Verwendung von Stahl und Leim auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Stattdessen kamen einfach rückbaubare Verbindungen mit Holzkeilen (X-Fix-Verbinder) und speziell entworfene Holz-Holz-Verbindungen zum Einsatz.

Und auch daneben macht der Neubau eine nachhaltige Figur: Die Nutzung erneuerbarer Energien – die Photovoltaikanlage auf dem Dach mit Salzbatterien im Keller und die bidirektionalen Pkw-Lade­stationen in der Garage, die Nutzung der Geothermie für Wärme und Free­cooling sowie die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage – rundet das zukunftsfähige Profil des Baus ab.

Geschäftsgebäude «Haus des Holzes», Sursee
 

Bauherrschaft
Pirmin Jung Immobilien, Rain

Tragwerk, Bauphysik und Brandschutz
Pirmin Jung Schweiz, Sursee

Architektur
Marc Syfrig Architekten, Luzern

Elektroplanung, Gebäudeautomation
Scherler, Luzern

Gesamtprojektleitung
Jung Meyerhans, Rain

Holzbau
ARGE Haus des Holzes, Haupt, Ruswil; Tschopp Holzbau, Hochdorf; Hecht Holzbau, Sursee

Landschaftsarchitektur
Land schafft, Sursee

HLKS-Planung 
Wirkungsgrad Ingenieure, Luzern

Bauzeit
Februar 2021–Oktober 2022

Kosten (BKP 2)
20 Mio. Fr.

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