Haus des Holzes: Nomen est omen
Es ist schon etwas Besonderes, wenn das Architekturmodell und das fertige Bauwerk aus demselben Material bestehen. Doch nicht nur diese Konsequenz, sondern auch die Manifestation eines zeitgemässen Nachhaltigkeitsgedankens machen das Haus des Holzes in Sursee zu einem Exempel für Schweizer Ingenieurbaukunst.
Nachhaltigkeit wird dann konkret, wenn sie nicht bloss in Floskeln auf einem Referenzblatt erscheint, sondern vorgelebt wird. Das sechsgeschossige Haus des Holzes in Sursee leistet genau einen solchen Beitrag. Es ist der gebaute Ausdruck einer nachhaltigen Philosophie und der neue Firmensitz des Zentralschweizer Holzbau-Ingenieurbüros Pirmin Jung.
Schichten für den Kreislauf
Der Neubau geht weit über den Stand der Technik im Holzbau hinaus und ist ein Vorzeigeobjekt für klimagerechtes Bauen und Kreislaufwirtschaft. Die Grundvoraussetzung dafür schafft eine digitale Planungsmethodik, die sich das Unternehmen nicht erst im Zuge des BIM-Booms angeeignet hat.
Dieser Artikel stammt aus dem vierten Band der Reihe «Schweizer Ingenieurbaukunst – L’art des ingénieurs suisses – Opere di ingegneria svizzera». Das Buch präsentiert herausragende Werke, die Schweizer Ingenieurbüros aller Disziplinen in den letzten zwei Jahren realisiert haben. Jetzt bestellen!
Das Gebäude ist nach dem Shearing-Layers-Prinzip konzipiert und ebenso im digitalen Zwilling abgebildet: Entsprechend ihrer unterschiedlichen Lebensdauer sind die einzelnen Bauteile in Systemkomponenten unterteilt, die individuell und flexibel an die Nutzungsbedürfnisse angepasst oder ausgetauscht werden können. Diese Systematik ermöglicht eine fachgerechte Trennung oder Weiterverwertung von Baustoffen beim Rückbau und trägt der Kreislauffähigkeit jedes einzelnen Bauteils individuell Rechnung. Und da insbesondere Holz auch nach einem Einsatz als Baustoff noch als verwertbare Ressource gilt, ergibt sich daraus eine positive Auswirkung auf die Nachhaltigkeit des Gesamtbaus.
Zukunftsfähig mit High- und Lowtech
Auch wenn die Wahl von Holz als Baustoff aufgrund der Firmenverbundenheit nahelag, unterliessen die Ingenieure und Architekten keine Gelegenheit, um jedes einzelne Bauteil bezüglich der Materialisierung zu hinterfragen. Sie überprüften bei jedem verwendeten Material, ob es sich nicht auch durch eines mit einer tieferen CO2-Bilanz ersetzen liesse. Dies führte dazu, dass mit Ausnahme des Untergeschosses nahezu alle konstruktiven Bauteile inklusive der Kernwände, Treppenhäuser und Liftschächte aus heimischen Holzressourcen stammen. Ab dem Niveau des Erdgeschosses sind einzig die Elementtreppen (Treppenläufe und Podeste) aus Beton. Jedes noch so kleine Bau- und Ausrüstungsteil des Neubaus ist bis ins Detail durchdacht, wie etwa die ausgeklügelte Verbindungstechnologie, die die Verwendung von Stahl und Leim auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Stattdessen kamen einfach rückbaubare Verbindungen mit Holzkeilen (X-Fix-Verbinder) und speziell entworfene Holz-Holz-Verbindungen zum Einsatz.
Und auch daneben macht der Neubau eine nachhaltige Figur: Die Nutzung erneuerbarer Energien – die Photovoltaikanlage auf dem Dach mit Salzbatterien im Keller und die bidirektionalen Pkw-Ladestationen in der Garage, die Nutzung der Geothermie für Wärme und Freecooling sowie die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage – rundet das zukunftsfähige Profil des Baus ab.
Geschäftsgebäude «Haus des Holzes», Sursee
Bauherrschaft
Pirmin Jung Immobilien, RainTragwerk, Bauphysik und Brandschutz
Pirmin Jung Schweiz, SurseeArchitektur
Marc Syfrig Architekten, LuzernElektroplanung, Gebäudeautomation
Scherler, LuzernGesamtprojektleitung
Jung Meyerhans, RainHolzbau
ARGE Haus des Holzes, Haupt, Ruswil; Tschopp Holzbau, Hochdorf; Hecht Holzbau, SurseeLandschaftsarchitektur
Land schafft, SurseeHLKS-Planung
Wirkungsgrad Ingenieure, LuzernBauzeit
Februar 2021–Oktober 2022Kosten (BKP 2)
20 Mio. Fr.