Ho­no­ra­re: Wie wei­ter nach der Char­ta-Ak­ti­on?

Ergebnisse der Vorstandsklausur 2/15

Im Frühling hatte der SIA seinen Mitgliedern die Charta «Faire Honorare» zugesandt – und daraufhin 2600 unterschriebene Rückantworten erhalten, begleitet von viel Zustimmung, aber auch von Skepsis. Der Vorstand beriet nun über weitere sinnvolle Schritte.

Publikationsdatum
16-11-2015
Revision
16-11-2015

Die Charta «Faire Honorare» ist seit sechs Monaten bei den Mitgliedern. 2600 Unterschriften und viele positive, aber auch vereinzelt kritische Reaktionen darauf machen deutlich, dass die gegenwärtige Honorarsituation beschäftigt. Der Vorstand will mit dem SIA deshalb auch weiterhin forciert für Honorare einstehen, die den Leistungen von Architekten und Ingenieuren gerecht werden. Er kommt aber auch zu dem Schluss, dass der SIA nur sensibilisieren und an die Vernunft der SIA-Mitglieder und der anderen Marktbeteiligten appellieren kann. Die konkrete Honorar­offerte muss der Verantwortung des Planers überlassen bleiben.  

Was soll und kann der SIA im Anschluss an die Charta-Aktion noch Weiteres zur Verbesserung der gegenwärtigen Honorarsituation tun? Wann ist ein Honorar ein Dumpinghonorar, und ab welcher Höhe wird es den Leistungen von Architekten und Ingenieuren gerecht? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigte sich der Vorstand an seiner Klausur vom 28. August in Delémont. 

Ausgangspunkt der Diskussion war die Rückschau auf die im Frühling 2015 lancierte Charta «Faire Honorare für kompetente Leistungen». Die Bilanz zeigte, dass bis Mitte August rund 2600 respektive 16 % der SIA-Mitglieder die Charta unterzeichnet zurückgesandt hatten. 

Aufgeschlüsselt nach den Berufsgruppen, haben 18.5% der Architekten und Architektinnen, 17% der Ingenieure und Ingenieurinnen aus dem Bereich Umwelt und jeweils 13 % der Mitglieder der Berufsgruppen Ingenieurbau und Technik die Charta unterzeichnet. 

Die Honorarsituation beschäftigt

In Ergänzung dazu machen viele positive, aber auch vereinzelt kritische Reaktionen auf deren Versand deutlich, dass die gegenwärtige Honorarsituation beschäftigt. Die Diskussion darüber hat im Kreise der SIA-Mitglieder auf jeden Fall wieder an Fahrt aufgenommen. Auch viele kleine sowie institutionelle Bauherrschaften und Auftraggeber haben reagiert, sowohl aus der Verwaltung als auch aus der Privatwirtschaft. Sie staunen auch über die mitunter sehr tiefen Honorarofferten, ja halten die Entwicklung selbst für nicht sehr gesund. Sie verweisen aber gleichzeitig auf den frei spielenden Markt und die Verwaltungsvertreter auch auf den unerbittlich wachsenden politischen Druck, stets das günstigste Angebot wählen zu müssen. 

2600 solidarische Willensbekundungen 

Die 2600 Willensbekundungen aus den Reihen der SIA-Mitglieder, sich solidarisch für eine Verbesserung der Honorarsituation einzusetzen, versteht der Vorstand als klare Aufforderung, den SIA auch weiterhin forciert für Honorare einstehen zu lassen, die einem fairen Wettbewerb entsprechen. Honorare also, die den komplexen Leistungen der Architekten und Ingenieure gerecht werden und es ihnen ermöglichen, mit diesen Leistungen auch eine qualitativ hochwertige Arbeit zu erbringen. Honorare auch, die es ihnen erlauben, den für sie arbeitenden Frauen und Männern attraktive Löhne zu bezahlen, immer wieder in deren Weiterbildung wie auch die organisatorische und prozessuale Modernisierung ihrer Büros zu investieren und damit konkurrenzfähig zu bleiben. Mit anderen Worten: In Sachen Honorare gilt es, ganzheitlich im Sinne der Baukultur unseres Landes, für die Zukunft des eigenen Berufes, des eigenen Architektur- oder Ingenieurbüros und der gesamten Branche zu offerieren. Zur Ermittlung entsprechender Honorare stellt der SIA schon seit vielen Jahren und im Sinne einer Richtschnur seine Leistungs- und Honorarordnungen (LHO) als Kalkulationshilfen zur Verfügung. Unter www.sia.ch/faire-­honorare finden Sie eine Übersicht aller SIA-Dienstleistungen zur Honorarberechnung.

Zwei Vorstandsmitglieder warfen die interessante Frage auf, ob es neben den Hilfen zur Kalkulation des Honorars nicht auch sinnvoll wäre, den Bauherrschaften Hilfen zur Verfügung zu stellen, um die Qualität der offerierten Leistung besser beurteilen zu können. Da Letzteres tatsächlich sehr schwierig ist, weichen Bauherrschaften immer wieder auf den Preis als zentrales Beurteilungskriterium aus. 

Am Ende entscheidet der Markt 

Da die SIA-Ordnung 144 für Ingenieur- und Architekturleistungsofferten genau in solchen Belangen schon sehr viele Hilfen bietet, will der Vorstand umfassende Anstrengungen unternehmen, diese vor zwei Jahren herausgegebene Ordnung noch breiter bekannt zu machen. 

Mit den Sektionen wird an der Sektionskonferenz zudem das Gespräch geführt über die spezielle Situation in den Schweizer Grenzregionen. Dort scheinen die Honorare und mit diesen die Qualität der erbrachten Planungsleistungen unter verschärftem Druck zu stehen – unter anderem wegen ausländischer Anbieter, die mit noch tieferen Honorarofferten in den Schweizer Markt drängen würden. Die Geschäftsstelle des SIA wird auch weiterhin an sie herangetragene Meldungen zu unvernünftig tiefen Honoraren entgegennehmen. Diese werden vertraulich behandelt, überprüft und es wird, falls angebracht und möglich, mit den betreffenden Planern und Auftraggebern das Gespräch gesucht. Eine Taskforce «Ingenieure», die gemeinsam mit der Berufsgruppe Ingenieurbau noch zu konstituieren ist, soll sich darüber hinaus fokussiert mit den besonders stark unter Druck stehenden Honoraren der Bauingenieure befassen. 

Darüber Hinausgehendes könne auch der SIA in Sachen Honorare nicht unternehmen, so die Meinung des Vorstands. In einer freien Marktwirtschaft wie der Schweiz darf und sollte ein Verein wie der SIA niemandem vorschreiben, welche konkreten Honorare für welche Leistung verlangt werden sollen, auch den eigenen Mitgliedern nicht. Das muss nach Ansicht des Vorstandes trotz allem den SIA-Fachleuten selber respektive dem Berufs- und Gesellschaftsethos der Marktbeteiligten überlassen bleiben. 

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