Inter pares
Projektwettbewerb Stiftung Brüttelenbad BE
Für die Erweiterung und Instandsetzung ihres historischen Gebäudebestands schrieb die Stiftung Brüttelenbad einen Projektwettbewerb aus. Die Bieler spaceshop Architekten bereichern das Ensemble mit einem präzisen Neubau.
Vom «Hôtel des Bains de Bretiège» (1825–1870) über die kantonale «Rettungsanstalt für Mädchen» (1895–1973) zur Stiftung Brüttelenbad für geistig beeinträchtigte Menschen (seit 1989): Die historischen Mauern des Brüttelenbads im Bieler Seeland haben eine reichhaltige und wechselvolle Geschichte hinter sich. Geblieben sind die prachtvollen und heute denkmalgeschützten Bauten, namentlich das 1737 erstellte Hauptgebäude und die mächtige Scheune von 1903. Die heute als Mehrzweckhalle genutzte Turnhalle ergänzte das Ensemble 1967, war aber nie ein gleichwertiger Teil der Anlage, weder architektonisch noch städtebaulich.
Heute leben auf dem Gelände westlich der Gemeinde Brüttelen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in verschiedenen Wohngruppen, handwerkliche Ateliers bieten eine Tagesstruktur vor Ort. Das über die Jahre mehrfach erweiterte und umgebaute Hauptgebäude bedarf nun einer Erneuerung, zudem sollen die darin untergebrachten Wohngruppen sowie einige Werkstätten ausgegliedert werden. Dazu führte die Stiftung einen Projektwettbewerb auf Einladung mit 13 Architekturbüros durch, die dafür ein Team mit Landschaftsarchitekten bilden mussten. Zur Disposition stand neben dem Abbruch der Turnhalle – bei hochwertigem Ersatz – auch jener der erhaltenswerten, aktuell weitgehend als Lager genutzten Scheune.
Turnhalle muss weichen
Alle fünf rangierten Projekte schlagen einen Neubau anstelle der heutigen Turnhalle vor. Dessen Setzung variiert allerdings zwischen einer parallelen Position als Verlängerung des Hauptgebäudes und einer orthogonalen Platzierung. Nahezu unbestritten ist hingegen der Umgang mit der identitätsbildenden Scheune: Nur der Entwurf «Brüttelenhof» sieht einen Abbruch und einen Ersatzneubau am gleichen Ort vor.
Bestand klug genutzt, Neubau sauber platziert
Am überzeugendsten gelingt die Umsetzung dem Projekt «Mis Huus dis Huus» von spaceshop Architekten aus Biel. Sie platzieren den langen schmalen Neubau weit östlich des Hauptgebäudes an der Hangkante, was dem dreigeschossigen Volumen talseitig noch ein Sockelgeschoss hinzufügt. Hier sind technische und Betriebsräume sowie ein Dienstzimmer und das Pflegebad untergebracht. Darüber, auf der Zugangsebene der Spielwiese, liegen drei identische Wohnetagen für jeweils acht Bewohnerinnen und Bewohner. Die individuellen Zimmer sind grösstenteils nach Osten mit Blick ins Tal orientiert, auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich Erschliessung und Wohnräume.
Bei der Fassadengestaltung mit hölzernen Lauben liessen sich die Architekten von der Baugeschichte der Anlage inspirieren: Historische Fotos zeigen diverse Wandelgänge – eine Referenz, die in der vorgeschlagenen Form auch auf die landwirtschaftlichen Gebäude der Region verweist. Die Verbindung zum Bestand stellt eine grosszügige Treppenanlage her.
Der Platz zwischen Hauptgebäude und Scheune findet ganz selbstverständlich seine Fortsetzung, die barrierefreie Erschliessung des Neubaus über einen südlich im Hang verlaufenden Weg ist jedoch gemäss Jury in diesem Kontext zu wenig funktional. Den ehemals in der Turnhalle untergebrachten Mehrzweckraum platzieren die Architekten im Untergeschoss des Querflügels im Hauptgebäude, darüber liegt die Beschäftigungsstätte mit Tagesstruktur. Die Werkstätten werden in die Scheune verlagert – und passen dort so gut, dass der Dachraum frei bleibt und als Raumreserve für einen allfälligen späteren Ausbau zur Verfügung steht.
Auszeichnungen
1. Rang, 1. Preis: «Mis Huus dis Huus»
spaceshop Architekten, Biel; Weber & Brönnimann, Bern
2. Rang, 2. Preis: «dimitri»
Leimer Tschanz Architekten, Biel; Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten, Bern
3. Rang, 3. Preis: «Brüttelenhof»
brügger architekten, Thun; extra Landschaftsarchitekten, Bern; Ingenieurbüro IEM, Thun
4. Rang, 4. Preis: «Les petites fugues»
Kistler Vogt Partner, Biel; w + s Landschaftsarchitekten, Solothurn
5. Rang, 5. Preis: «zu Hause»
Sollberger Bögli Architekten, Biel
Fachjury
Pascale Akkerman, Landschaftsarchitektin, Bern; Fritz Schär, Architekt, Bern; Rolf Peter, Architekt, Erlach; Oliver Schmid, Architekt, Bern; Christine Odermatt, Architektin, Bern (Ersatz)