Wie baut man heut­zu­ta­ge ei­ne Kup­pel?

Auf der Baustelle der «Neuen Kuppel Basel» ist das Kuppelgewölbe erstellt. Es ist keine alltägliche Konstruktion und setzte einen sorgfältigen Planungsprozess voraus. Jacqueline Pauli von ZPF Ingenieure und Susanne Vécsey von Vécsey Schmidt Architekt:innen  erläutern gemeinsam mit Robert Müller, dem Projektleiter des Architekturbüros, wie sie zur finalen Form und zur Materialisierung des Bauwerks kamen.

Publikationsdatum
08-11-2023

Die Planung eines Kuppelgewölbes ist kein linearer Prozess. Es ist vielmehr ein Herantasten an die ideale geometrische Form und die geeignete Materialisierung, die für das spezifische Projekt in den vorgegebenen Rahmenbedingungen stimmig und optimal passend sind. Das gilt auch für die «Neue Kuppel Basel», den Konzertclub für die Basler Pop- und Rockmusikszene.

Im Nachtigallenwäldeli zwischen Basler Zoo und Heuwaage stand seit 1988 die alte Kuppel, die als Konzertclub betrieben wurde. Regional und international hatte sie sich in der Musikszene einen Namen gemacht. Im Rahmen der Neugestaltung des 16’000 m2 grossen Nachtigallenwäldeli zum Stadtpark (2015 bis 2017) musste sie 2016 als zonenfremdes Provisorium rückgebaut werden. Es sollte aber ein neuer Konzertclub für 600 Besucherinnen und Besucher und acht Bandproberäume gebaut werden, denn die gemeinnützige, nicht renditeorientierte Stiftung «Kuppel» will auch künftig wöchentlich zwei bis drei Konzerte oder Partys mit regionalen, nationalen oder internationalen Musikerinnen, Musikern und Bands veranstalten. Der Fokus soll dabei auf allen zeitgenössischen Stilen der Popmusik liegen.

So lobte die Stiftung 2019 einen Wettbewerb aus, um für die komplexen städtebaulichen und funktionalen Aufgaben, die sich durch Bau und Betrieb stellen, eine optimale Lösung zu finden.1 Gewonnen haben ihn Vécsey Schmidt Architekt:innen zusammen mit ZPF Ingenieuren – beide aus Basel. Die «Neue Kuppel Basel» soll auch eine Kuppel sein. Ihr pulsierendes Herzstück wird wie beim alten Eventraum wieder der Konzertsaal sein – im ersten Obergeschoss mit einer darüberliegenden Galerie ist dieser Clubraum von einem zweischichtigen Gewölbe überspannt, das die hohen statischen, akustischen, bauphysikalischen und gestalterischen Anforderungen erfüllt.


Auf der Baustelle der «Neuen Kuppel Basel» erkennt man bereits die finale Formgebung – ein oktogonaler Baukörper mit einem Kuppelgewölbe. Wie kam es zu dieser besonderen Form?

Susanne Vécsey: Die oktogonale Grundfigur begründet sich sowohl städtebaulich als auch architektonisch. Der Club steht als Solitär im Park und fügt sich ein in das Wegenetz der Parkanlage. Als Zentralbau verweist er stark auf seine Mitte, den Konzertraum. Der Planungsprozess der Formfindung und Materialdefinition des Dachs war iterativ. Architektonische und tragwerkspezifische Rahmenbedingungen und Anforderungen bestimmten den Prozess, weil die Themen Geometrie, Formfindung und Materialisierung in enger Abhängigkeit zueinanderstehen. So sah das Wettbewerbsprojekt 2019 ein unregelmässiges Kreuzgewölbe über einer oktogonalen Grundfigur vor. Eine einfache Kuppel war aufgrund der limitierten Gebäudehöhe von 12 m und der notwendigen Geschosszahl keine Option.

Jacqueline Pauli: Das entworfene Kuppeldach ist ein Kreuzgewölbe aus verschnittenen Tonnenschalen über einem unregelmässigen achteckigen Grundriss. Durch die ungleichen Kantenlängen betragen die Spannweiten der einzelnen Tonnenschalen 12.0 m, 8.7 m und 5.3 m. Das Eigengewicht der einzelnen Tonnen variiert deshalb stark, und die daraus resultierenden Horizontalkräfte führen zu beträchtlichen Torsionsbeanspruchungen in den Kreuzrippen. Nur bei identischen Fassadenspannweiten neutralisieren sich die Horizontalkräfte in den Kreuzrippen unter Eigengewicht. Die beschränkte Gebäudehöhe definiert den höchsten Punkt des Kreuzgewölbes, während der tiefste Punkt sich aus dem Gewölbe ergibt, das sich in der Fassadenansicht ab dem 2. Obergeschoss oberhalb der Galerie abzeichnet. Es ergibt sich daraus eine Stichhöhe des Kreuzgewölbes von etwa 4.2 m, bei einer Rippenspannweite von ca. 20 m. Eine zusätzliche geometrische Einschränkung ergab sich aus der Kopfhöhe, die auf der Galerie gewahrt werden muss. Das Gewölbe muss im Bereich der Fassade daher sehr steil nach oben führen und im mittleren Bereich der Spannweite flach sein. In diese geometrischen Randbedingungen mussten wir das Kuppeltragwerk einfügen und dennoch sollte es statisch funktionieren (vgl. «Gewölbegeometrie» unten). Die Formfindung war stark von äusseren Randbedingungen bestimmt und darf in diesem Fall nicht als Suche nach dem statischen Optimum verstanden werden.

Robert Müller: Die «Neue Kuppel Basel» ist ein Konzertclub mitten in der Stadt, in dem vor allem Events mit verstärkter elektronischer Musik veranstaltet werden. Gleichzeitig wird aber auch geprobt. Es ist von einem Innenraumpegel von 100 dB(A) mit einer Frequenzbewertungsdifferenz von C-A von 20 dB auszugehen. Entsprechend kommen der Akustik im Konzertsaal und in den Bandproberäumen sowie dem Schallschutz gegen aussen eine hohe Priorität zu. Zwischen dem Konzertsaal und den Bandproberäumen muss eine starke Schalldämmung erreicht werden. Ebenso zwischen den einzelnen Bandproberäumen, damit diese ohne Einschränkungen und ohne gegenseitige Störungen alle parallel bespielt werden können. Der Entwurf sah ausserdem eine funktionale Mehrgeschossigkeit der Raumfolge vor. Den Schallschutz mit einem Raum-in-Raum Konzept zu erreichen, wäre zu kompliziert geworden und hätte die Nutzung stark eingeschränkt. Das Grundkonzept, bei dem wir immer geblieben sind, sah vor, die hohen schallspezifischen Anforderungen mit einer allseitigen Zweischalenkonstruktion im Bereich der Fassade und des Dachs zu erreichen (vgl. Abbildung 2).

Susanne Vécsey: Im Wettbewerb schlugen wir eine Haus-in-Haus-Konstruktion vor, um den Schallschutz zu gewährleisten. Also zwei Tragwerke, vollständig voneinander entkoppelt, unabhängig voneinander tragfähig und stabil. Vier sich schneidende Tonnengewölbe überspannten den Kuppelsaal. Das äussere Dach war in vorgefertigten Betonelementen angedacht und das innere als katalanisches Gewölbe konzipiert, sprich aus drei Schichten verfugten Flachziegeln. Für die Konstruktion dieser Flachziegelgewölbe, die dank dem in die USA ausgewanderten spanischen Architekten und Baumeister Rafael Guastavino im 19. Jahrhundert erneut Verbreitung fanden, gibt es eindrückliche Beispiele wie  die Carnegie Hall und den Grand Central Terminal in New York.

Jacqueline Pauli: Die erste Idee für die beiden Freiformen waren eigentlich Holzkonstruktionen, in Segmenten vorgefertigt mit einer hohen geometrischen Präzision und vergleichsweise einfach zu montieren. Eine Nachfrage bei der allen Wettbewerbsteams zur Verfügung stehenden Schallschutzberatung ergab jedoch, dass es der Holzkonstruktion an Masse zur Schalldämmung mangelte und stattdessen zwei unabhängige Schalen aus massiven Werkstoffen zu planen sind. So bestand unsere Wettbewerbseingabe aus dem angesprochenen katalanischen Gewölbe, das eine hohe Stabilität aufweist und gleichzeitig eine beeindruckende ästhetische Wirkung erzielt. Die Gewölbe lassen sich ohne aufwendige Leergerüste oder Schalungen freitragend erstellen. Diese Bauweise hat uns fasziniert, da wir nach Möglichkeiten gesucht hatten, die aufwendigen Schalungs- und Konterschalungsarbeiten und den damit verbundenen Kosten- und Materialaufwand zu reduzieren, bestenfalls sogar zu eliminieren. Der untere Rand des Gewölbes sollte mit einem umlaufenden Zugring aus Ortbeton geschlossen werden, und für die äussere Schale waren vorgefertigte Betonelemente geplant, die auf Stahlbögen entlang der Kreuzrippen aufliegen.


Wie ging es nach dem Wettbewerbsgewinn weiter?

Jacqueline Pauli: Nach unseren eingehenden Recherchen zur Vorprojektausarbeitung stellte sich heraus, dass die eingeholten Richtpreise des katalanischen Gewölbes weit über dem Projektbudget und den Preisen für Ortbetonvarianten lagen. Die hohen Kosten für die angestrebte Technik waren auf zwei Hauptfaktoren zurückzuführen. Einerseits fehlte die Erfahrung im Umgang mit dieser Technik, andererseits erforderte die Tätigkeit einen erhöhten handwerklichen Aufwand, der von erfahrenen, aber gut ausgelasteten Kundenmaurern ausgeführt werden musste. Dies führte zu Kostenangeboten, die das Projektbudget und die Preise für herkömmliche Ortbetonkonstruktionen deutlich überstiegen. Da ein gemauertes Gewölbe wirtschaftlich nicht vertretbar war, bliebt nur Beton als verbleibender Werkstoff für den Bau des Kuppelgewölbes.

Robert Müller: Wir dachten an vorfabrizierte Teile, denn wir hatten – wie beim katalanischen Gewölbe – weiterhin das Ziel vor Augen, eine konventionelle Schalung zu vermeiden. Die immer schon angedachten Kreuzrippen in Beton wurden nicht mehr infrage gestellt. Wir zeichneten verschiedene Varianten und holten auch dafür Richtpreise ein. Wir verglichen die ermittelten Kosten mit dem Budget, das aus der Grobkostenschätzung des Wettbewerbsprojekts für das Gewölbe bekannt war. Dabei basierte der Entwurf auf der Idee, zwischen die Rippen vorgefertigte Betonschalen zu spannen, die beispielweise aus einem Tübbingwerk stammen sollten. Mit Ausnahme der Eckschalen waren die 9 bis 12 m Schalenbreite aber zu gross, um in einem Stück transportiert und montiert werden zu können. Die Lieferung hätte in vielen Einzelteilen erfolgen müssen, die Montage wäre aufwendig, eine vollflächige temporäre Unterstützung analog zum Ortbeton notwendig, viele Fugen abzudichten und auszugiessen sowie auch ein Überbeton aufzugiessen gewesen. Wir erhielten von mehreren Unternehmen dies Aussage: «Weder einfacher noch günstiger als die Ortbetonlösung».


Sie verloren den Mut nicht, die hohen Anforderungen an ein Kuppelgewölbe zu erfüllen?

Jacqueline Pauli: Keinesfalls, denn die technische Machbarkeit war nie infrage gestellt. Wie man ein Ortbetongewölbe baut, wissen wir spätestens seit den Zeiten von Heinz Isler. Unser Anliegen war es, die aufwendigen Schalungs- und Spriessarbeiten möglichst zu vermeiden und den Materialverbrauch für temporäre Konstruktionen zu reduzieren, um vielleicht etwas zeitgemässer zu sein. Wir hatten die Hoffnung, die Gewölbeschalen mithilfe weniger formgebender Lehren zu erstellen.

Susanne Vécsey: Also entschieden wir uns, eine Variante mit Stahlprofilblech näher zu betrachten. Diese Profilbleche sollten als verlorene Schalung eingesetzt werden (vgl. Abbildung 4).

Jacqueline Pauli: In der Kostenschätzung gegen Ende des Vorprojekts wurde eine Variante in Betracht gezogen, die die Verwendung von Ortbeton mit einer verlorenen Schalung aus gebogenem Profilblech vorsah. Der Richtpreis für diese Variante lag als einzige innerhalb des Zielkostenrahmens. Als zweite Option haben wir den Ortbeton konventionell geschalt, wobei diese Kosten aber wiederum knapp über dem Zielkostenrahmen lagen.


Das Ziel scheint erreicht. Wie entwickelte sich die äussere Schale?

Robert Müller: Wir steckten mitten im Lockdown von März 2020, als wir in die Endphase des Vorprojekts gelangten. Da kam der Holzbauer auf uns zu, der sich aufgrund unserer Richtpreisanfrage weitere Gedanken zur Gewölbekonstruktion gemacht hatte. Sein Vorschlag war nun, eine zweischalige, nicht hinterlüftete Holzkonstruktion zu entwickeln, deren innere Schale mit Kalksplitt zur Schalldämmung gefüllt sein sollte (vgl. Abbildung 5).

Jacqueline Pauli: Weil mit der Trapezblechlösung niemand wirklich glücklich war, haben wir diese Option  anfangs Bauprojekt geprüft. Die Konstruktion war nicht optimal, denn sie barg gewisse Risiken: Wäre der Kalksplitt unzureichend verdichtet gewesen, hätte dies zu einer ungenügenden Schallabsorption geführt. Ausserdem wäre der Zwischenraum in der nicht hinterlüfteten Konstruktion unkontrolliert geblieben, was die Gefahr eines unentdeckten Fäulnisvorgangs hätte bedeuten können. Infolgedessen hätte die äussere auf die innere Schale stürzen können. Wir haben die vollständige Holzvariante also abermals verworfen. Für die äussere Schale hingegen schien Holz eine gute Option zu sein. Die Betonfertigteile aus dem Wettbewerb hatten wir ja mittlerweile für die Innenschale geklärt. Die gleichen Probleme hätten sich für die äussere Schale ergeben, allerdings gab es bis zu diesem Zeitpunkt aufgrund der frei über der inneren Schale schwebenden Konstruktion keine Alternative in Massivbauweise. Weitere Abklärung mit der Schallschutzplanung zeigten jedoch – entgegen den Aussagen im Wettbewerb – die Machbarkeit einer Leichtbauweise. Im April 2020 fiel schliesslich die Entscheidung für die äussere Dachschale als Holztragwerk.

Susanne Vécsey: Dann gab es jedoch eine Phase, während der wir vorübergehend nicht mehr am Gewölbe weitergearbeitet haben. Die Bauherrschaft hatte ihre Aufmerksamkeit auf eine Projektausweitung gerichtet, die den Bau eines grösseren Untergeschosses und eines zusätzlichen Gebäudes direkt neben der Kuppel beinhaltete. Nach dieser Projektvergrösserung, die auch eine Budgeterhöhung mit sich brachte, haben wir im Mai 2020 erneut die ursprüngliche Mauerwerksvariante für das Bauprojekt in Betracht gezogen, um die technische Machbarkeit zu prüfen. Die statischen Aspekte für diese Variante hatten wir zuvor aufgrund der zu hohen Kosten nicht weiter vertieft geprüft.

Jacqueline Pauli: So testeten wir verschiedene Geometrien für die Gewölbekappen und die Rippen unter Berücksichtigung der angedachten Architektur. Architektonisch und nutzungstechnisch sprach vieles für die Ellipsenform statisch ist die Form aber nicht optimal. Aufgrund der flachen Krümmungen im Scheitelbereich und der starken Krümmung über den Kämpfern kommt es zu Zugspannungen im Mauerwerk, die nicht aufgenommen werden können.


So blieb die Innenschale in Beton materialisiert?

Susanne Vécsey: Ja. Das Resultat des bereits erstellten inneren Dachs lässt sich heute vor Ort bereits begutachten. Die Qualität ist sehr überzeugend. Aus Gründen der Nachhaltigkeit hatten wir viele Alternativen zum Beton geprüft. Es zeigte sich aber, dass dieser Baustoff in mehrfacher Hinsicht die hohen Anforderungen an die innere Dachschale am besten erfüllt. Auch die eindrückliche, aus vorgefertigten Holzelementen aufgebaute äussere Dachschale ist bereits montiert. Aufgrund der kurzen Montagezeit war sie nur sehr kurz zu sehen. Das äussere Holzdach wird also bei Baufertigstellung leider nicht sichtbar sein, weil es von der Dachhaut abgedeckt wird und man vom Innenraum aus nur die innere Schale sehen wird. Im Planungsprozess hat sich einerseits gezeigt, wie stark die hohen statischen, bauphysikalischen und akustischen Ansprüche und Auflagen die ökologischen Ansprüche konkurrenzierten. Andererseits hat dies auch vor Augen geführt, dass die spezifischen Eigenschaften und Qualitäten von Beton beim Kuppeldach wirklich zum Zuge und zur Geltung kommen.

Jacqueline Pauli: Die Lösung in Ortbeton erwies sich nach dem ausführlichen Entwurfsprozess mit seinen vertieften Überlegungen und Abwägungen als technisch und wirtschaftlich sinnvoller. Da die Richtofferte für das konventionell geschalte Gewölbe im Vorprojekt nicht weit über den Zielkosten lag, bestand die Hoffnung, diese Lösung dank einer optimierten Submission realisieren zu können. So stellten wir beispielsweise keine Anforderungen an Oberflächen, Schalungsbilder, Etappierungen etc., obwohl das Gewölbe sichtbar bleibt. Es handelt sich also hierbei nicht um Sichtbeton gemäss SIA-Richtlinien, sondern einfach um sichtbar bleibenden Beton. Ausserdem wurde das Gewölbe in einer Pauschalposition für Schalung und einer für Beton ausgeschrieben. Die offerierenden Baumeister konnten ein Konzept für die Herstellung einreichen. Mit diesem offenen Vorgehen, das dem Unternehmer die grösstmögliche Ausführungsfreiheit zugestand, sollte der Erstellungspreis so weit wie möglich gesenkt werden können. Die Ironie der Geschichte: Am Ende wählte das Unternehmen freiwillig die konventionelle, vollflächige Schalung, die wir mit so viel Anstrengung vermeiden wollten.

Gewölbegeometrie

 

Kreuzrippen in Parabelform

 

Die Parabel kommt der Stützlinie – die ideale Bogenform, in der der Bogen nur Druckkräfte erfährt – geometrisch am nächsten. Deshalb sind die zu erwartenden Biegemomente bei dieser Form entsprechend klein. Eine Lösung in Mauerwerk kann daher funktionieren. Aufgrund der zu geringen Kopfhöhe auf der Galerie ist diese Variante allerdings geometrisch ungeschickt (Abbildung 6 in der Bildergalerie).

 

Kreuzrippen in Kreisbogenform

 

Die Kreisbogenform ist mit seiner konstanten Krümmung geometrisch einfach, weshalb man sie in vielen historischen Gewölben antrifft. Die Krümmung am Gewölbescheitel ist ähnlich der Parabel, weist aber zu den Kämpfern hin eine flachere Form auf. Dies führt im Bereich der Kämpfer zu zusätzlichen Biegemomenten im Bogen und zu grösseren horizontalen Kräften auf die Kämpfer selbst. In historischen Tragwerken wurde dies mit zusätzlicher vertikaler Auflast in Form von beispielsweise Sandschüttungen über den Kämpfern gelöst. Der Kreisbogen trifft weiter oben auf die Fassade, die sichtbaren Einschnitte von aussen werden geringer. Durch eine zusätzliche Auflast über den Kämpfern wird dieser Effekt noch verstärkt. Deswegen ist diese Variante für die «Neue Kuppel Basel» nicht optimal (Abbildung 7).

 

Kreuzrippen in Korbbogenform

 

Der Korbbogen ist ebenfalls eine historisch weit verbreitete Form für Kuppeldächer. Sie ist geometrisch einfach herzustellen, da die Krümmung abschnittsweise gleichbleibt. Das Kreisbogensegment am Bogenscheitel wird im Bereich der Kämpfer durch ein zweites ergänzt, das einen wesentlich kleineren Radius und damit eine grössere Krümmung aufweist. Der Bogen trifft vertikal auf die Kämpfer auf, womit die horizontalen Kräfte in den Kämpfern minimiert werden. Der Tiefpunkt an der Fassade ist ebenfalls höher als bei der Parabel. Die aus dieser Geometrie resultierenden Formen der Gewölbeschalen empfand das Planerteam aber architektonisch nicht ansprechend (Abbildung 8).

 

Kreuzrippen in Ellipsenform

 

Die elliptische Form passt optimal auf die geometrischen Randbedingungen des Gewölbes. Dank er steilen Steigung bei den Kämpfern ist die Kopfhöhe auf der Galerie gewahrt, der Fassadentiefpunkt ist weit heruntergezogen und die Gewölbeschalen, die im Tiefpunkt senkrecht auftreffen, weisen architektonisch ansprechende Ellipsenformen auf. Diese Form wurde ausgeführt. Zu beachten galt es aber, dass die von der Kettenlinie bzw. Parabel abweichende Form zu Biegemomenten in den Kreuzrippen und den Gewölbeschalen führt. Die Kreuzrippen aus Stahlbeton können entsprechend bewehrt werden. Materialspezifisch müssen aber Aspekte berücksichtigt werden. Denn Die Ellipse weist eine konstant ändernde Krümmung auf. Dies ist für die Herstellung aufwendiger als eine konstante Krümmung. Bei freihändig, also ohne Schalung gemauerten Gewölben ist eine exakte Form daher nur schwer ausführbar.

 

Die Biegemomente in den Gewölbeschalen zeigen, dass die Ellipsenbögen im Bereich des Scheitels auf der Innenseite und zu den Kämpfern auf der Aussenseite innere Zugkräfte erfahren, die auch durch die herrschende Drucknormalkraft im Bogen nicht überdrückt werden. Ein Gewölbe aus Mauerwerk ist aber nur stabil, wenn es keine inneren Zugkräfte aufweist. Der Mörtel könnte von den Steinen abgelöst werden und das Gewölbe kollabieren. Um die Gewölbe mit der vorgegebenen Geometrie trotzdem in Mauerwerk realisieren zu können, müsste man die Gewölbeschalen zu den Fusspunkten hin stark verstärken (bis etwa 50 oder gar 100 cm). So würde sich die resultierenden Schnittkräfte im inneren Drittel des Querschnittes bleiben, und es entstünden keine klaffenden Fugen. Eine Lösung in Ortbeton ist letztlich darum technisch und wirtschaftlich sinnvoller (Abbildung 9).

Anmerkung

 

1 Bereits 2001 wurde vom Kanton Basel-Stadt und von der QPL AG ein Projektwettbewerb für den Neubau der Kuppel ausgerichtet, den Lost Architekten aus Basel gewannen. Trotz mehrmaliger Überarbeitung des Siegerprojekts konnte dieses in den folgenden Jahren jedoch nicht realisiert werden, primär weil die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen – anders als heute – zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben waren.