LED-Pen­del- und Bü­ro­lam­pen im er­neu­er­ten Bun­des­haus Ost

Publikationsdatum
14-01-2016
Revision
16-02-2016

Vor 136 Jahren begannen die ersten Glühlampen der Schweiz in einem Engadiner Nobelhotel zu leuchten. Kurz danach wurde das elektrische Kunstlicht auch von Textilfabrikanten entdeckt. Und als das Bundes-Rathaus 1892 einen Ostflügel erhielt, wurden Büros und Wandelgänge, für die damalige Zeit immer noch ungewöhnlich, ebenfalls elektrisch ins rechte Licht gesetzt. 

Nächstes Frühjahr erfolgt der Abschluss der Erneuerungsarbeiten im Bundeshaus Ost, wo Bundesrat und engste Mitarbeiter heutzutage beraten und tagen. Lichtbogen- oder Kohlefadenlampen sind Geschichte; als Reminiszenz an die Gründerzeit und die Elektrifizierung erhalten bleiben hingegen historische Pendelleuchten und Wandleuchter, die mit feingliedriger Schmiedearbeit befestigt sind.

Die Leuchtmittel sind nun Licht emittie­rende Dioden, kurz LED-Lampen, der neuesten Generation. So werden die ursprünglichen Leuchter in den Hallen mit LED-Retrofitlampen bestückt und bisherige Opalglaskugeln durch innen sandgestrahlte Klarglaskugeln ersetzt.

Zur Erhöhung des Beleuchtungsniveaus in den Korridoren werden einzelne Replikatlampen ergänzt. Architekten, Denkmalpfleger und Lichtplaner haben aber entschieden, die ursprüngliche Lichtatmosphäre möglichst zu belassen, bestätigt Ruedi Steiner, Mitinhaber des Berner Büros Lichtbau.

Tageslicht vom Norden

Die Beleuchtungsplanung für die Erneuerung der sechsstöckigen Regierungsresidenz begann vor über vier Jahren, als die Lichttechnik eben vor dem grossen Umbruch stand. Inzwischen sind Glühbirnen energetisch verpönt und der reguläre Handel verboten. Ebenso hat sich herausgestellt, dass die Energiesparlampe funktional nicht wirklich befriedigt. Und seit Neuestem werden auch Halogenlampen verdrängt, weil die LED-Lichtquelle nicht nur energieeffizienter ist, sondern seit Kurzem auch höchsten Qualitätsansprüchen genügt.

Für die Lichtplanung bietet derweil das Gebäude selbst, wie von Ursprungsarchitekt Hans Wilhelm Auer konzipiert, eine gute Ausgangslage: Ausrichtung und Raumstruktur sorgen für hervorragende Tageslichtqualitäten. Die zweigeschossige, repräsentative Eingangshalle und weitere Haupträume erhalten Tageslicht aus Norden, weshalb die Beleuchtungsbedingungen im Zeitverlauf ausgeglichen sind. Blendfreies Tageslicht gelangt dank verglasten Bürofronten und Oberlichtern in den grosszügig befensterten nordseitigen Büros sogar in die Korridore.

Bis zu 5 m hohe Räume und Fenster sowie Oblichter über den Türen zum Gang runden die günstigen Tageslichtverhältnisse in diesem teilweise sakral wirkenden Regierungsgebäude ab. Um ein zurückhaltendes, effizientes Ergänzungsmass für die künstliche Beleuchtung zu finden, wurden trotzdem unterschiedliche Optionen simuliert und auch in praktischen Versuchen erprobt.

«Besonders bei der LED-Palette sind die Herstellerangaben teilweise verwirrend oder für eine Nutzerbewertung unvollständig», so Steiner. Wesentliche Auswahlkriterien sind unter anderem die möglichst geringe Blendwirkung und die möglichst vollständige Wiedergabe des Spektralfarbenspektrums.

Mit Retrofit-Format

In den Erschliessungs- und Verkehrsbereichen erhält das Kunstlicht wie bisher atmosphärische Funktion. Die zuvor spärliche Leuchtwirkung wird jedoch erhöht. Zum einen mit effizienteren Leuchtdioden; zum anderen durch eine dichtere Abfolge der linear installierten Pendelleuchten.

Die LED-Leuchtkörper selbst besitzen ein Retrofit-Format; der standardisierte Lampensockel E27 erleichtert den künftigen Austausch durch neuerere Modelle. Auf weitere ­Beleuchtungsmassnahmen haben die Lichtplaner dagegen bewusst verzichtet. «Eine Akzentuierung oder Inszenierung der Architektur, etwa durch zusätzliche Lichtstrahler, hätte nur gestört», unterstreicht Ruedi Steiner. 

Die Beleuchtungsvarianten in den rund 4.5 m hohen Büroräumlichkeiten wurden ebenso eingehend eva­luiert. Die Zahl der Leuchten sollte möglichst knapp gehalten werden; Bürosteh­lampen oder Tischleuchten waren unerwünscht. Neben der Beleuchtungsstärke von mindestens 500 Lux auf der Arbeitsfläche gehören die Ent­blendung und die gleichmässige Lichtverteilung zu den hauptsächlichen Auswahlkriterien.

Scheibenförmige Pendelleuchten mit Präsenzsensor und Tageslichtsteuerung auf einer Höhe von 2.8 m brachten dafür die besten Resultate: Die auf der oberen Seite angeordneten LED-Module erzeugen indirektes Raumlicht. Zudem leuchtet die Diodenscheibe direkt nach unten. 

Mehrstufiges Auswahlverfahren

Um auch hier die Blendwirkung ein­zudämmen und die Lichtverteilung zu verbessern, ist die untere Abdeckung prismatisch strukturiert. Das Verhältnis von direktem zu indirektem Kunstlicht liegt bei 70 : 30. Dies verhindert, dass die obere Bürohälfte trotz künstlicher Beleuchtung jeweils im als unwirtlich empfundenen Schatten verschwindet. Die LED-Pendelleuchte selbst ist kein Serienmodell, sondern das Ergebnis eines mehrstufigen Ausschreibungsverfahrens.

Form, Lichttechnik und Steuerung wurden von den Lichtplanern und Architekten definiert; mehrere Hersteller entwickelten daraus in einem iterativen Prozess drei Musterleuchten. Anhand dieser Auswahl entstand die serienreife, formal reduzierte und technisch optimierte Pendelleuchte, wie sie nun dutzendfach im Bundeshaus Ost, bereits Wochen vor Abschluss der Erneuerungsarbeiten, installiert worden ist.

Am Bau Beteiligte


Bauherrschaft
Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch: Bundesamt für Bauten und Logistik


Architektur
alb architektengemeinschaft, Bern


Lichtplanung
Lichtbau, Bern


Büropendelleuchten
Regent Beleuchtungskörper, Bern


Revision historische Leuchten
Moritz Häberling, Uerzlikon

Magazine

Verwandte Beiträge