Nach dem Vorprojekt das Fiasko
Departement Biomedizin Universität Basel, Neubau Labor- und Forschungsgebäude
Überraschend kündigt die Universität Basel den Vertrag mit dem Planerteam von Caruso St John Architects für den Neubau des biomedizinischen Labor- und Forschungsgebäudes. Am Projekt will sie festhalten – aber die Kosten um 15 % senken. Ein Kommentar.
Das Preisgericht des Wettbewerbs Departement Biomedizin Basel war voll des Lobs über das raffinierte Projekt von Caruso St John (vgl. TEC21 48/2015): «Insgesamt gelingt es dem Vorschlag in erfrischender Weise, die unterschiedlichen Anforderungen der Aufgabenstellung auf ebenso elegante wie stringente Art zu einer architektonischen Einheit zu verschränken. Er macht sich die technischen Aspekte der Aufgabe fast leichtfüssig zunutze, um sie für einen eigenständigen Ausdruck und eine anregende Arbeitsatmosphäre zu vereinnahmen.» Caruso St John haben es verstanden, aus einer hochfunktionalen Labormaschine Architektur zu machen.
Das Projekt wurde streng rational entwickelt. Es kommt mit nur vier Treppenhäusern in optimaler Fluchtdistanz aus und garantiert damit eine maximale Flexibilität. Zusammen mit einem klar strukturierten Gebäudetechnikkonzept ergibt sich eine funktionale Grunddisposition. Doch der Entwurf verspricht mehr als nur schnöden Laborbau. Die pragmatische thermische Fassadenhülle ist mit einer zweiten Haut aus vorgehängten, quadratischen Glasplatten verkleidet, die die Hülle nicht nur schützt, sondern auch die repräsentative Funktion einer Fassade übernimmt.
Im Jurybericht von 2015 werden die Erwartungen hoch gesetzt. So heisst es unter den Empfehlungen zur Weiterbearbeitung: «Die vorgeschlagene Fassadenkonstruktion muss in Bezug auf ihre Wirtschaftlichkeit (Kosten / m2) und Gebrauchstauglichkeit (Reinigung der Zwischenschicht) überarbeitet werden. Dabei soll die architektonische Ausdruckskraft des Gebäudes möglichst beibehalten werden. Die Geschossfläche und das Gebäudevolumen weisen überdurchschnittliche Werte auf. Das Projekt muss in der Projektbearbeitung bezüglich Wirtschaftlichkeit optimiert werden.»
Zaubern bei den Kosten
Das Bau- und Verkehrsdepartement hat den Wettbewerb organisiert und das Vorprojekt begleitet. Danach übernahm die Universität das Zepter. Mitte Mai 2018 hat sie überraschend den Vertrag mit dem Generalplanerteam von Caruso St John gekündigt. Dies, obwohl beide Seiten die gute Zusammenarbeit betonen. Grund für den Projektstopp sind offenbar die Kosten. Sie sollen mit einem Neuaufbau der gesamten Projektorganisation massiv gesenkt werden. Am Projekt will die Universität Basel aber nach wie vor festhalten. Den Architekten sitzt die Enttäuschung über die Kündigung, wie sie selbst sagen, «tief in den Knochen». Sie wollen deshalb in Zukunft nicht mehr als Urheber des Projekts genannt werden. Für die Planer, die das Vorprojekt ausgearbeitet haben, ist die Kündigung ein Fiasko. Die Akquisition eines Auftrags über einen Wettbewerb ist sehr aufwendig. Bleibt dann am Schluss nur ein Teilauftrag von 10 % übrig, ist das für die Planer ruinös. Ein neuer Generalplaner soll es richten und die Baukosten um satte 15 % senken. Wie diese ambitionierte Reduktion erreicht werden soll, bleibt aber vorerst im Dunkeln. Dazu beitragen soll neben effizienteren Planungsabläufen auch eine vertiefte Kostenanalyse. Dies allein wird kaum genügen, um die drastische Kostensenkung zu garantieren. Da muss sich die Universität Basel wohl überlegen, das Raumprogramm zu reduzieren und das Volumen zu verringern. Die Ortsgruppe des Bunds Schweizer Architekten BSA reagierte umgehend und forderte in ihrer Medienmitteilung vom 17. Mai 2018 die Weiterführung des Projekts mit den renommierten Architekten.
Die Universität Basel missbraucht mit ihrem rücksichtslosen Vorgehen das Instrument des Architekturwettbewerbs und tritt die Urheberrechte mit Füssen. Sie muss bei ihren Bauten im Zentrum von Basel hohe Massstäbe an die architektonische Gestaltung anlegen.1
Der Architekturwettbewerb als Instrument zur Vergabe von Planerleistungen verdient Respekt, und bei der Abwägung zwischen Erhalt und Neubau muss differenziert argumentiert werden. Wer kulturelle Verantwortung von anderen fordert, muss auch selbst für kulturelle Verantwortung einstehen.
Anmerkung
1 Allerdings teile ich die in der «Neuen Zürcher Zeitung» verbreiteten, schlecht fundierten Disqualifizierungen des neuen Biozentrums von Ilg Santer Architekten und das Plädoyer für den Erhalt des bestehenden Biozentrums dezidiert nicht. Immerhin ist das neue Biozentrum Ergebnis eines Architekturwettbewerbs – «tolle Details» und «ein guter Repräsentant der Architektur dieser Zeit» zu sein, genügen als Argumente nicht, um das alte Biozentrum mit seinen funktionalen Mängeln zu erhalten.
«Manuel Herz verhandelt den Alt- und Neubau des Biozentrums der Universität Basel», NZZ vom 12. Mai 2018, http://bit.ly/kritik_biozentrum