Pro­jek­tie­rungs­sek­tor trotzt der Kri­se

Wie zu erwarten, fallen die neuen Konjunkturperspektiven aufgrund der Corona-Krise nicht rosig aus. Verglichen mit anderen Branchen, beurteilt der Projektierungssektor seine nahe wirtschaftliche Zukunft jedoch als stabil.

Die Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) hat Ende Januar 2021 ihr Konjunkturbarometer veröffentlicht: Es ist auf 96.5 Punkte gefallen und damit unter seinen langjährigen Durchschnittswert von 100 Punkten. Im vergangenen Dezember stand es noch bei überdurchschnittlichen 104.1 Punkten.  Verantwortlich für den Rückgang sind die Indikatoren für das Gastgewerbe und die übrigen Dienstleistungen. Auch die Aussichten für das verarbeitende Gewerbe, die Finanz- und Versicherungsdienstleister und für die private Konsumenten-Nachfrage sind ungünstiger als bisher.

Projektierungssektor leicht wacklig bis stabil

Ganz anders sieht es im Projektierungssektor aus. Die Aussichten für das Baugewerbe sind laut dem KOF-Konjunkturbarometer stabil. Und gemäss den Januar-Ergebnissen der KOF-Konjunkturumfrage im Projektierungssektor beurteilen fast die Hälfte der Befragten die Geschäftslage als gut – genauer: 47 %. Als befriedigend beurteilen sie 46 % und 7 % als schlecht. Im Vergleich zur Befragung vom Oktober 2020 hat sich die Einschätzung der Ertragslage, der Nachfrage, der Leistungserbringung sowie des Auftragsbestands verbessert. Die entsprechenden Saldi bleiben jedoch weiterhin deutlich unter dem Vorjahresniveau. Die Reichweite der Auftragsbestände steigt auf 10.4 Monate an, bleibt aber deutlich unter dem Vorjahreswert von 11.2 Monaten.

Hinsichtlich der Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten halten die Projektierungsbüros an ihren Erwartungen fest. Rund 8 % rechnen mit einer Verbesserung, 81 % mit keiner Veränderung und 11 % mit einer Verschlechterung. Die Erwartungen bezüglich der Entwicklung der Nachfrage in den nächsten drei Monaten haben sich etwas verbessert, jener der Ertragslage jedoch verschlechtert. Nur 9 % rechnen mit einer Verbesserung der Ertragslage, 78 % mit einer gleichbleibenden und 13 % mit einer Verschlechterung. 15 % erwarten abnehmende Preise, 82 % gleichbleibende und 3 % steigende. Ein Drittel der Projektierungsbüros beklagt sich über eine ungenügende Nachfrage als Leistungshemmnis. Vor einem Jahr waren es rund ein Viertel.

Architekturbüros revidieren Einschätzung nach oben

Die konjunkturelle Lage verbessert sich nach Einschätzung der Architekturbüros leicht. Daher haben sie ihre Erwartungen seit der letzten Befragung hinsichtlich der künftigen Leistungserbringung, der Ertragslage und der Nachfrage in den nächsten drei Monaten nach oben revidiert. Die Erwartung hinsichtlich der Geschäftslage ist hingegen unverändert: In den nächsten sechs Monaten rechnen rund 80 % der Büros mit einer gleichbleibenden Geschäftslage sowie jeweils rund 10 % mit einer Verbesserung beziehungsweise Verschlechterung. Die Reichweite der Auftragsbestände liegt bei 11.6 Monaten. Vor einem Jahr lag die Reichweite bei 11.4 Monaten. Der Anteil der Büros, die sich über mangelnde Nachfrage als Leistungshemmnis beklagen, sinkt leicht und liegt bei rund 39 %. Rund 32 % der Unternehmen geben an, keine Leistungshemmnisse zu erfahren.

Reichweite der Auftragsbestände steigt bei Ingenieurbüros

Die Ingenieurbüros revidieren ihre Einschätzung der konjunkturellen Lage in der jüngsten Befragung ebenfalls leicht nach oben. Die Saldi der erwarteten Nachfrage, Leistungserbringung sowie der Ertragslage in den nächsten drei Monaten bleiben jedoch weiterhin negativ. Die Reichweite der Auftragsbestände stieg seit der letzten Umfrage auf 9.6 Monate an, vor einem Jahr betrug sie noch 9.9 Monate. Während vor einem Jahr über die Hälfte der Unternehmen Arbeitskräftemangel als grösstes Leistungshemmnis wahrgenommen haben, ist aktuell eine ungenügende Nachfrage das grösste Leistungshemmnis: Dies berichten rund 31 % der Unternehmen.

Turbulenzen dürften weiter anhalten

Es sieht ganz so aus, als ob der Projektierungssektor das ruhende Auge im Wirtschaftswirbelsturm ist. Rundherum bläst der Sturm kräftig, und auch Ökonominnen und Ökonomen sind sich uneins, was der richtige Weg aus der Corona-Krise ist. Bei Avenir Suisse ist es beispielsweise zu Differenzen gekommen in der Frage, ob sich die Schweiz einen Anstieg der Schulden leisten könne, um die in Not geratenen Unternehmen stärker zu unterstützen. Die Fronten verhärteten sich dermassen, dass der Vorsitzende des Beirats, Professor Marius Brüllhart, den Think Tank verlassen hat.

Die Swiss Retail Federation, der Verband der Detailhandelsunternehmen, schreibt in einer Medienmitteilung, dass die Arbeitslosenzahlen im Detailhandel seit März 2020 deutlich höher als im Vorjahresmonat sind. Seit Mai 2020 bewegten sie sich sogar mit einem Plus von konstant um die 30 % gegenüber den Vorjahresmonaten auf einem sehr hohen Niveau. Gleichzeitig warnt der Verband davor, dass sich die Situation im zweiten Lockdown noch einmal verschlechtern dürfte.

Silberstreifen am Horizont

Doch es gibt auch gute Nachrichten: So verdienten Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäss Berechnungen der KOF im letzten Jahr rund 1.5 bis 2 % mehr. Die Konjunkturforschungsstelle erklärt sich das unter anderen damit, dass es weniger Entlassungen während der Pandemie gegeben habe als zunächst befürchtet. Dies zeige, dass die Krise durch die Kurzarbeit gut abgefedert worden sei.

Auch die Zuversicht der Menschen hat offenbar noch wenig gelitten – darauf weist eine Umfrage von Statista, einem deutschen Statistik-Portal, in Zusammenarbeit mit YouGov, einem internationalen Meinungsforschungsinstitut, hin. Viele schmieden bereits Pläne, was sie nach dem Lockdown als erstes tun werden: 57 % der Befragten wollen in einem Restaurant speisen, 33 % ins Ausland verreisen, 24 % eine Veranstaltung besuchen, 17 % ausgiebig einkaufen gehen und nur 2 % wollen heiraten – «honi soit qui mal y pense». Die Zahlen dieser Umfrage stammen zwar aus Deutschland, sind aber vermutlich für die Schweiz ähnlich gelagert.

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