Pu­bli­ka­ti­ons­frei­ga­be der re­vi­dier­ten SIA 142 und SIA 143 in greif­ba­rer Nä­he

Der SIA revidiert die Ordnungen SIA 142 für Wettbewerbe und SIA 143 für Studienaufträge. Mit der Genehmigung der Schlussentwürfe durch die Zentralkommission für Ordnungen rückt die definitive Freigabe zur ­Publikation näher. Im Mai stimmen die SIA-Delegierten darüber ab.

Publikationsdatum
20-02-2025
Monika Jauch-Stolz
Dipl. Arch. ETH/SIA, Präsidentin der Kommission für Wettbewerbe und Studienaufträge SIA 142/143

Qualitätssichernd, fair, angemessen, in Einklang mit den Zielen des SIA, vermittelnd zwischen Planenden und Auftraggeberinnen, inklusiv in der Sprache und immer die beste Lösung für eine spezifische Aufgabe im Blick: All dies müssen die beiden revidierten Ordnungen SIA 142 für Wettbewerbe und SIA 143 für Studienaufträge leisten. Das ist anspruchsvoll, kann aber gelingen, wie die Kommission SIA 142/143 bewiesen hat. 

Mit der Revision stellen die Ordnungen, die sich im Bereich der Wettbewerbe einer fast 150-jährigen Tradition erfreuen, auch zukünftig die Durchführung von fairen Verfahren für alle Beteiligten eines Wettbewerbs oder Studienauftrags sicher. Langfristig verfolgt der SIA mit den Ordnungen das Ziel, eine hochstehende und nachhaltige Baukultur zu stärken und die beste Lösung für eine Aufgabenstellung mithilfe eines der Aufgabe angemessenen Verfahrens zu ermitteln. 

Die beiden Ordnungen befinden sich aktuell in der Revision: Die SIA-Delegierten stimmen an ihrer nächsten Versammlung im Mai über die Publikationsfreigabe ab.

Breit abgestützter ­Erarbeitungsprozess

Die letzte Revision der beiden Ordnungen stammt aus dem Jahr 2009. Alle fünf Jahre ist eine Kommission laut Reglementen dazu angehalten, die Ordnungen auf ihren Revisionsbedarf hin zu überprüfen. Schon deshalb war es höchste Zeit, die Ordnungstexte einer genaueren Untersuchung zu unterziehen. Hinzu kamen gesellschaftliche und politische Entwicklungen in den letzten Jahren, die eine Revision unumgänglich machten. 

Mit dem durch die Zentralkommission für Ordnungen (ZO) bewilligten Projektstart 2021 und einer Umfrage zu den wichtigsten Revisionsthemen begann der Prozess zur Überarbeitung beider Ordnungen. Mit der Vernehmlassung und Erstellung der Schlussentwürfe dauerte es nochmals gut vier Jahre, bis die ZO im Januar 2025 die zwei Ordnungstexte der Delegiertenversammlung vorbehaltlos zur Publikationsfreigabe empfahl.

Inhaltliche Harmonisierung 

Bei der Revision der Ordnungen für Wettbewerbe und Studienaufträge trug die Kommission der gesellschaftlichen Entwicklung mit der Verwendung einer zeitgemässen und inklusiven Sprache Rechnung. Neben diesen sprachlichen Anpassungen strebte sie zudem eine inhaltliche Harmonisierung der beiden Ordnungstexte an. 

In den Schlussentwürfen gliedern sich die Ordnungen nun neu in die Kapitel «Vorwort», «Begriffe und Definitionen», «Ordnungsartikel» und «Anhang». Auch die Titel der beiden Ordnungen überarbeitete die Kommission sanft: Statt sperriger Titulierungen einigte man sich auf SIA 142 «Ordnung für Wettbewerbe» und SIA 143 «Ordnung für Studienaufträge». 

Die Vernehmlassung zeigte, dass den Stake­holdern eine fachlich spezifischere Bezeichnung wichtig war. Die Kommission kam diesem Anliegen nach, indem sie den kurzen Titel beibehielt, aber bei beiden Ordnungen mit einem präzisierenden Untertitel «Architektur, Ingenieurwesen und Freiraum» ergänzte.

Qualitätssicherung

Faire und transparente Prozesse sind entscheidend bei der Beschaffung von intellektuellen Dienstleistungen. Sie stellen sicher, dass sich alle am Verfahren Beteiligten auf qualitätssichernde Leitplanken verlassen können. Die Qualitätssicherung beginnt schon mit der Ausschreibung. Denn ein transparent und fair aufgegleister Prozess bei der Durchführung eines Projektwettbewerbs oder einer Projektstudie dient nicht dem Selbstzweck, sondern verfolgt immer das Ziel, ein Projekt mit der besten Lösung zu realisieren. 

Er garantiert zudem, dass Entscheidungsprozesse transparent und nachvollziehbar sind, was wiederum die politische Akzeptanz eines Bauvorhabens erhöhen kann. Ein auf die Aufgabe ausgerichtetes und somit auch attraktives Programm ist die Grundlage für ein gutes und breites Teilnehmerfeld. Die Auftraggeberin kann so unter den eingereichten Beiträgen das beste Projekt auswählen, das auch als fertig erstellter Bau die Qualität in Nutzung und Betrieb sicherstellt. 

Im Kapitel «Begriffe und Definitionen» finden sich die wichtigsten Begriffe. Neu ist der Begriff «Jury». Er löst in den Schlussentwürfen der Ordnungen SIA 142 und SIA 143 die Begriffe «Preisgericht» und «Beurteilungsgremium» aus dem Jahr 2009 ab. In diesem Kapitel ist neu ebenfalls eine Definition zum Folgeauftrag zu finden, was insbesondere in Zusammenhang mit dem Ideenwettbewerb beziehungsweise der Ideenstudie wichtig ist. 

Weil diese beiden Verfahren in den vergangenen Jahren im Hinblick auf die weitere Beauftragung immer wieder zu Rückfragen führten, wurde für klare Verhältnisse gesorgt: So steht bei Ideenwettbewerben beziehungsweise Ideenstudien nie ein Folgeauftrag in Aussicht. Es kann hingegen eine weitere Beauftragung vorgesehen werden, beispielsweise das konzeptionelle Ausarbeiten von Sondernutzungsplänen oder Leitbildern als Grundlage für ein nachfolgendes lösungsorientiertes Verfahren. 

Fairness und Transparenz

Die Kommission betont im Vorwort die Bedeutung grundlegender Prinzipien für das Schweizer Wettbewerbswesen. Diese ziehen sich als roter Faden durch alle folgenden Ordnungsartikel: transparente und faire – und in den meisten Fällen – offen durchführbare Verfahren, eine hohe Baukultur, Nachhaltigkeit, die Wahl der richtigen Beschaffungsform und angemessen gestellte Anforderungen an die Teilnehmenden, immer im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe. 

Herzstück der Ordnungen ist dabei der neu überarbeitete Artikel 2 zu den Prinzipien des fairen Wettbewerbs (SIA 142) beziehungsweise des fairen Studienauftrags (SIA 143). Darin sind die sieben wichtigsten Grundsätze fairer Verfah­ren aufgeführt: Angemessenheit, Transparenz, Folgeauftrag, Urheber­rechte, Gleichbehandlung der Teilnehmenden, fachkompetente und unabhängige Beurteilung, Vorsehen einer entsprechenden Gesamtpreis­summe respektive Pauschalentschädigung. 

Schlanke Verfahren – ­angemessene Verfahren

Die von den Teilnehmenden im Verfahren geforderten Beiträge sollen verhältnismässig sein und daran ausgerichtet, ob deren Umfang für das Verständnis notwendig ist, einen Vergleich ermöglicht, fachlich kompetent beurteilt werden kann und für den Juryentscheid relevant ist. 

Mit der Vernehmlassung wurde der Begriff «schlank» durch «angemessen» ersetzt. Angemessen bedeutet, dass die Aufgabe das Verfahren bestimmt und nicht die Routine der Wettbewerbsbegleitung. Bei einer grossen Anzahl von Eingaben, wie sie beispielsweise bei offenen Wettbewerben vorkommen können, helfen auf das Wesentliche reduzierte und der Aufgabe angemessene Wettbewerbseingaben auch der Auftraggeberin bei der effizienten Beur­teilung und der Entlastung der Vorprüfung. Die Jury hat die Auftraggeberin dahingehend zu beraten. 
«Angemessen» bedeutet zudem, dass sowohl das verlangte Team als auch die Jury hinsichtlich Grösse und Zusammensetzung an den Erfordernissen der Aufgabe ausgerichtet sind.

Gesamtleistungsverfahren 

In der praktischen Anwendung der Ordnungstexte von 2009 zeigte sich, dass die Gesamtleistungsverfahren mit ihren lösungs- und leistungsorientierten Komponenten als Hy­brid­verfahren nicht in den Ordnungstext gehören. Sie sind deshalb im Anhang zusammengefasst und sollen in Ergänzung zu den Ordnungstexten SIA 142 und SIA 143 gelten. Sind bis anhin die Tabellen im Anhang aufgeführt, finden sich diese nun weiter vorne: der tabellarische Überblick zur Wahl der angemessenen Beschaffungsform bereits im Vorwort, derjenige zu den Verfahren und Verfahrensarten im Kapitel «Begriffe und Definitionen».

Ausblick

Die SIA-Delegierten stimmen voraussichtlich im Mai 2025 über die Publikationsfreigabe der revidierten Ordnungen ab. Anschliessend wird sich die Kommission an die Überarbeitung der entsprechenden Wegleitungen machen, um diese in den wichtigsten Punkten anzupassen. 

Verwandte Beiträge