Ro­he Kost

Umnutzung zum Restaurant

Was Liebhaber der asiatischen Küche an «Lily’s Factory» begeistert, lässt sich erahnen. Auch der Ästhet kommt in dem neuen Raum von Penzel Valier an der ­Sihlfeldstrasse in Zürich auf den Geschmack.

Publikationsdatum
19-01-2017
Revision
19-01-2017

So wie das Gelingen eines Fonds die Verwendung weniger, aber bester Ingredienzien voraussetzt, misst sich die Qualität eines Raums am Einsatz der baulichen Mittel – hier wie da führt Reduktion zum besten Ergebnis. Das Ladenlokal liegt im hohen Erdgeschoss eines trutzigen Gründerzeithauses, dessen runder Bug eine Blockbebauung abschliesst. Die denkmalgeschützte Fassade ist hier durch grosse Fensterquadrate rhythmisiert, sodass das Tageslicht von drei Seiten hineinscheinen kann  (vgl. Isometrie).

Entsprechend ihrem Selbstverständnis haben sich Bauherren und Architekten bewusst dazu entschieden, ein durchgängig gleichberechtigtes Konzept für Gäste, ­Köche und Personal zu entwickeln. Der Innenraum wurde vollständig entkernt und neu geordnet. Von den früheren Wänden blieben nur die genieteten Stahlsäulen und -träger bestehen. Die Tragstruktur wurde ergänzt und aus Brandschutzgründen mit einer Betonschicht ummantelt.

Die Küche als Kraftfeld

Im belassenen Bodenbelag (Ze­mentestrich, Natursteinplatten, An­hydrid) ist die ursprüngliche Aufteilung in drei Ladenlokale noch ablesbar. Die Mitte bildet jetzt eine raumhohe Installation, ein kubistisches Agglomerat aus Sichtbeton und Edelstahl, in dem sich die offene Küche befindet. Auf diesem Element baut das gestalterische und inhaltliche Konzept auf.

Durch die überstehenden Kanten und ­Flächen erscheinen die Bleche der immensen Dunstabzugshaube wie zu einem Volumen zusammengesteckt. Eine Reverenz an die Anmut asiatischer Faltkunst. Tresen und Kassentisch grenzen den Bereich als horizontale Betonbalken vom offenen Raum ab.

Optisch verbindet sich das Gebilde mit den Stahlbetonstützen, die unter der Decke in die Horizontale kippen und sich dort verstreben. Die ganze Statik musste hier aufwendig verstärkt werden und entlastet nun die Bestandsdecken vom Gewicht der oberen Geschosse. So wandert der Blick automatisch hinauf. Die Deckenuntersicht zeigt eine Schichtung aus dem strahlenförmigen Tragwerk, Installationen, Leuchten und minimaler Verkleidung. Nur über den Sitzbänken sind Akustikpaneele aus Filz eingehängt. Sie berühren die Wände nicht und erhalten so eine eigene Leichtigkeit. Sonst bleibt die Decke unverkleidet.

Licht stiftet Ordnung

Die Beleuchtung besteht aus filigranen schwarzen Elementen zweier Systeme, deren feine Konturen die rohe Wirkung der Deckenoberfläche verstärken. Einerseits wurden Inseln aus Lichtspots direkt unter die alte Ziegeldecke geschraubt. Zur visuellen Betonung der Speisen sind die ­beweglichen Strahler auf die Tische und den Küchenblock gerichtet. Ihre Zuleitungen verlaufen sichtbar und bilden mit den Lüftungsrohren eine eigene Ebene.

Andererseits liegt ein Raster aus Leuchtstäben über den Sitzbereichen, dessen Licht den Raum zusätzlich ordnet. Das System wurde von den Architekten speziell für diesen Ort entwickelt.

Auf den ersten Blick wirkt die Möblierung einfach: typische Bänke und Tische, wie sie aus vielen ähnlich gelagerten Suppenküchen bekannt sind, führen das orthogonale Raster, das von dem Küchenblock ausgeht, an die umschliessende Fensterfront heran. Alle Flächen, die der Gast berührt, haben eine ­Abdeckung aus amerikanischem Kirschholz. Ihre Qualität zeigt sich neben handwerklichen Konstruk­tionsdetails in der massiven Materialität des Betonunterbaus – ein kleiner Trick, der die Möbel so schwer macht, dass ihre Anordnung nur unter Anstrengungen verändert werden kann.

Geschwungener Gegenpol  

Am hinteren Ende des Raums führt eine skulpturale Wendeltreppe hinauf zu den WCs und in die Büro­räume. Als Pendant zur Grossform des Küchenblocks bildet sie eine zweite kraftvolle Geste.

Die industrielle Gestaltung steht in einem spannenden Kontrast zur Aussenhaut des urbanen Gebäudes und weckt Assoziationen an provisorische Suppenküchen in den Markthallen von Bangkok. Die Gerüche und Geräusche aus der offenen Küche tun ein Übriges.

Daten, Fakten, Zahlen
 

Volumen
740 m2
 

Bauzeit
6/2015–12/2015
 

Kosten
ca. 3.5 Mio. Fr.

Am Bau Beteiligte
 

Bauherrschaft
Lily’s, Zürich
 

Architektur
Penzel Valier, Zürich
 

Tragwerksplanung
Penzel Valier, Chur
 

Gastroküchenplanung
Chromag, Steinhausen
 

Lichtplanung
Penzel Valier mit Fluora Leuchten, Herisau und Codeslite, Zürich

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