Schnee­flo­cken im Holz­man­tel

Ein grosser Holzschirm gegen Seitenwinde schützt das Messgerät aus mehreren Fotoapparaten, mit dem Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) Messungen von Schneefällen und Wetterprognosen im Winter verbessern wollen.

Publikationsdatum
19-12-2018
Revision
19-12-2018

Eine an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und angewandter Wissenschaft liegende Studie hat zwei Forscher des Labors für Umweltfern­erkundung (LTE) der EPFL, Alexis Berne und Christophe Praz, mit Yves-Alain Roulet, einem Forscher von MeteoSchweiz, zusammengeführt. MeteoSchweiz arbeitet seit einigen Jahren mit der EPFL zusammen mit dem Ziel, Niederschlags­schätzungen und Modelle für Wettervorhersagen zu verbessern. 

Um das Wissen zur Anatomie von Schneeflocken zu erweitern, hat sich das Team des LTE mit einer Multi-Angle Snowflake Camera (MASC) ausgerüstet. Dieses Gerät, bestehend aus drei synchronisierten Fotoapparaten, kann gleichzeitig drei Fotos von Schneeflocken mit sehr hoher Auflösung (bis zu 35 μm) aufnehmen, wenn diese ihren Metallring passieren. Fotografiert werden Tausende von Schneeflocken aus drei unterschiedlichen Winkeln. 

Von Davos in die Antarktis 

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) und MeteoSchweiz (Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie) haben die Wissenschaftler einen Winter lang in Davos GR und einen Sommer lang auf der Süd­halbkugel, nämlich in der Antarktis, ihr Gerät in 2500 m Höhe platziert und so Millionen von Aufnahmen zusammengetragen.

Danach haben sie eine automatische Klassifi­zierung der Flocken in sechs den Wissenschaftlern bereits bekannte Familien vorgenommen: Plättchen, Säulen, Graupel, Schneeaggregate, Kombinationen von Plättchen und Säulen und kleine Partikel. Mit den Bildern konnten die Forscher zudem den Vereisungsgrad jeder einzelnen Flocke bestimmen. Dieser Ver­ei­sungs­vorgang ist wichtig, denn er verwandelt «Wolkenwasser» in ­«Niederschlagswasser» in Form von Eis – so entsteht Schnee.

Zaun auf Stelzen

Eine achteckige Konstruktion, die wie die Vergrösserung eines Kristalls erscheint, umgibt die empfindlichen Messinstrumente. Sie dient dem Windschutz, denn die Kameras sollen die Schnee­partikel möglichst im ruhigen Fall abbilden können, um zu zuverlässigen Mess­ergebnissen zu kommen. 

Dieser Schutzmantel ist eine robuste Holzrahmenkonstruktion aus massiven, sägerohen Balken. Sie  trägt einen in acht Segmente ge­teilten, ringförmigen vertikalen Lattenrost, der auf der Höhe 
der installierten Kameras seine Windschutzfunktion wahrnimmt. Im Durchmesser von 12 respektive 4 m sind zwei Holzschirme mit 4.5 resp. 4 m Höhe angebracht. Die Stützen sind von betonierten Fundamenten gehalten. Das auf 2500 m ü. M. stehende Bauwerk wurde im Sommer 2012 innerhalb eines Monats unter Einsatz eines Transporthelikopters erstellt. Holzbaufirma war ­Künzli Holz in Davos Dorf. Für die anderen Messstationen wird jeweils vor Ort ein eigener neuer Schirm erstellt, um die Infrastrukturen für Referenzmessungen von Niederschlag zu schützen.

Messungen bei den Olympischen Spielen 2018

Um die Forschung voranzutreiben, ging für das Team des LTE die Datenerhebung sofort weiter: Nach dem Einsatz in Davos brachten die Forscher die MASC zurück in die Antarktis, um dort neue Daten zu sammeln. Danach ging es während der Olym­pischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang in die südkoreanischen Berge. Denn je mehr Daten vorliegen, desto verlässlicher sind die entsprechenden Statistiken.

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