SIA: Nationale Baukulturstrategie auf dem Weg
Das zeitgenössische Bauen soll ab 2016 Teil der nationalen Kulturpolitik werden. Ziel ist eine departementübergreifende Strategie für Baukultur. Der Bund plant ausserdem erste konkrete Pilotprojekte.
Im Mai 2014 hat der Bundesrat die Kulturbotschaft 20162019 vorgestellt. Der entsprechende Budgetentwurf sieht knapp 895 Mio. Franken für die nationale Kulturförderung vor, davon zwei Millionen für das neue Politikfeld Baukultur, jeweils verteilt über die vierjährige Förderperiode.
Gemessen am Gesamtvolumen fallen die Mittel für Baukultur zwar eher bescheiden aus kaum zu überschätzen ist aber ihre symbolische Bedeutung. Obwohl zeitgenössische Baukultur nicht im Kulturförderungsgesetz vorkommt, ist sie nun erstmals Gegenstand der eidgenössischen Kulturpolitik. Und die Kulturbotschaft 20162019 ist erst der Anfang der Entwicklung. Eine interdepartementale Arbeitsgruppe, die eine Strategie für Baukultur erarbeiten wird, soll ausserdem «einen periodisch zu erneuernden Aktionsplan mit konkreten Massnahmen der einzelnen Bundesstellen» vorlegen. Sprich: Die eigentliche Förderung beginnt erst mit der übernächsten Kulturbotschaft.
Im Rahmen der nächsten Kulturbotschaft sind zunächst, so heisst es im Entwurf, Pilotprojekte wie «Testplanungen oder Förderungen des Wettbewerbswesens» geplant. Im Gegensatz zu den visuellen Künsten, Design, Theater, Literatur, Tanz, Musik und Film erscheint Baukultur in der Kulturbotschaft nicht in der Rubrik «Kunst- und Kulturschaffen», sondern unter «Kultur und Gesellschaft», zusammen mit Heimatschutz und Denkmalpflege. Die Mittel für Baukultur finden sich sogar im Rahmenkredit für Heimatschutz und Denkmalpflege, sind der Bewahrung des baukulturellen Erbes also untergeordnet.
Mittelfristig ist hier eine Klärung erforderlich: Als übergeordneter Begriff vereint Baukultur Heimatschutz und Denkmalpflege einerseits, zeitgenössische Baukultur andererseits. Erstere können deshalb nicht der Oberbegriff für Baukultur bleiben. Von der Sache her bewegt sich zeitgenössische Baukultur zwischen einer eigenständigen Kultursparte und einem Querschnittsthema, das über die Kulturpolitik hinaus weitere Politikfelder einbezieht. Es ist deshalb gut, dass der Bund eine interdepartementale Arbeitsgruppe einsetzen wird. Das Bundesamt für Kultur darf sich aber nicht darauf beschränken, die Erarbeitung einer Gesamtstrategie zu koordinieren. Das Bundesamt für Kultur muss auch die für zeitgenössisches Kulturschaffen spezifischen Anliegen in die Arbeitsgruppe einbringen.
Aktionsprogramm des SIA
Der SIA hat mit dem Runden Tisch Baukultur Schweiz im März 2010 eine Debatte und ein Aktionsprogramm lanciert, um dem neuen Politikfeld Baukultur zum Durchbruch zu verhelfen. In seiner Stellungnahme begrüsste der SIA jüngst den Entwurf zur nächsten Kulturbotschaft. SIA-Präsident Stefan Cadosch betonte: «Die Verankerung von Baukultur in der eidgenössischen Kulturförderung ist ein wichtiger, längst überfälliger Schritt, über den wir uns sehr freuen.» Jedoch fordert der SIA Präzisierungen und eine Verdopplung der veranschlagten Mittel. Auch die für Baukultur vorgesehenen 50 Stellenprozente müssten auf eine volle Stelle aufgestockt werden.
Als Grundlage der anstehenden Kooperations- und Konzeptionsarbeit und mit Blick auf die parlamentarische Diskussion verlangt der SIA zudem eine genaue Defini-tion des Begriffs Baukultur. Da die nationale Baukulturstrategie sektorübergreifend von zahlreichen Bundesämtern erarbeitet werden soll, seien diese abschliessend zu nennen und externe Experten beizuziehen.
Bei den Sofortmassnahmen im Bereich der sogenannten Sensibilisierung ist es aus SIA-Sicht dringlich, neben Testplanungen oder dem Wettbewerbswesen auch die Vermittlung von Baukultur zu fördern. Der SIA fordert zudem einen Bundespreis für zeitgenössische Baukultur. Die Vernehmlassung zur Kulturbotschaft 20162019 läuft noch bis September. Die Verabschiedung der überarbeiteten Version durch den Bundesrat ist für Ende 2014 geplant.