Im Fo­kus: Bäu­me in der Stadt

Die Elfenau ist eine verwunschene Ecke der Stadt Bern. Der seit 200 Jahren bestehende Park mit altem Baumbestand ist auch einer der wichtigsten englischen Landschaftsparks der Schweiz aus dem frühen 19. Jahrhundert. Aktuell ist hier im Gewächshaus von Stadtgrün Bern eine Ausstellung zum Thema «Bäume in der Stadt» zu sehen.

Publikationsdatum
30-10-2024

Die Innenstadt von Bern kann mit ihren Sandsteinfassaden kühl und abweisend wirken – doch gemessen am Baumbestand ist Bern grüner als der Durchschnitt der Schweizer Städte. Die städtischen Wälder nicht mitgerechnet, stehen hier 21‘000 Bäume auf öffentlichem Grund, rund 14‘000 davon in Parkanlagen oder entlang des Aare-Ufers, 7‘000 in Alleen und im Strassenraum – dem sogenannten Verkehrsgrün. Während der Anteil der Baumfläche im durchschnittlichen Schweizer Siedlungsraum in den letzten 24 Jahren um 9.9 % zurückgegangen ist, hat er in Bern um 17.8 % zugenommen.

Bäume im öffentlichen Raum

Bäume in der Stadt, besonders Strassenbäume, wachsen in einer stressreichen Umgebung auf und brauchen dadurch mehr Schutz und Pflege als Bäume, die in ihrer natürlichen Umgebung aufwachsen. Zwischen Häuserfassaden, Verkehrsraum und Fahrleitungen kann sich eine Baumkrone nur selten voll entwickeln. Für die Wurzeln, die eingeengt zwischen Kellerwänden, Leitungen und versiegelten Böden und in viel zu kleinen Baumscheiben wachsen müssen, sieht es auch nicht besser aus. Ausserdem werden die Bäume durch Verdichtung des Bodens, Bautätigkeiten, Streusalz, Vandalismus, Hunde-Urin, Bodenvibrationen und Unfallschäden durch den Strassenverkehr zusätzlich gestresst. 

Stadtgrün Bern muss daher immer wieder kranke Stadtbäume fällen und sie durch junge Exemplare ersetzen. Im Durchschnitt werden jährlich so rund 200 widerstandsfähige Jungbäume gepflanzt. Jeder Baum auf öffentlichem Grund ist in Bern im Baumkataster erfasst. Dort sind die wichtigsten Informationen zu den einzelnen Bäumen hinterlegt. Verknüpft sind diese Daten mit der Abbildung des jeweiligen Baums im Stadtplan.                                                        

Stadtbäume unter Stress

Die Ausstellung in der Elfenau stellt typische Stadtbäume vor. «Bäume sind nicht einfach dekorative Elemente, sondern ein zwingender Bestandteil jeder nachhaltigen Stadtentwicklung», dies betont Christoph Schärer, Leiter von Stadtgrün Bern. 

Die Stadt Bern verfolgt ambitionierte Ziele: Im Fokus stehen der gesunde Baumbestand und eine Baumkronenabdeckung von 30 % der städtischen Fläche. Besonders im Strassenraum, wo die Abdeckung derzeit bloss bei 23 % liegt, bestehe Handlungsbedarf. «Je älter ein Baum ist, desto höher ist auch sein Wert für uns Menschen und die Stadtnatur», so ist Schärer überzeugt. 

Doch Stadtbäume stehen vor enormen Herausforderungen. Der begrenzte Wurzelraum durch unterirdische Infrastrukturen, wiederholte Eingriffe in den Wurzelbereich und der voranschreitende Klimawandel setzen den Bäumen zu. «Aktuell stehen für Strassenbäume etwa 9 Kubikmeter Wurzelraum zur Verfügung. Anzustreben wären aber 36 Kubikmeter», so Peter Kuhn, Leiter des Baumkompetenzzentrums bei Stadtgrün Bern. 

Ein grüner Topf macht nachdenklich

Während der Ausstellung tauchen an verschiedenen Standorten hellgrüne Töpfe und ein ebenso grünes Topfgerüst auf. Ihr Fassungsvermögen beträgt 9 Kubikmeter. Diese «9 m3» entsprechen dem minimalen Wurzelvolumen, das einem Stadtbaum für seine Entwicklung zugestanden wird. Dass dies kaum ausreicht, symbolisiert das verkümmerte Bäumchen im Topf. 

Wie viel Platz ein Baum in der Natur einnimmt ist ebenfalls in der Baumausstellung zu erfahren. Gemäss dem Praxishandbuch Biodiversität werden Baumwurzeln bis zu 2 m ausladender als der Durchmesser der Baumkrone. Im Bereich versiegelter Flächen sollte ein Baum mindestens 12 m3, besser 36 m3 Wurzelraum mit speziellem Strassenbaumsubstrat erhalten.

Die Exponate finden in der weitläufigen Halle viel Raum und wirken so wie kleine Kunstinstallationen. Zwar sind die für das Verständnis der Anliegen wichtigen Informationstafeln eher klein geraten. Gut ist, dass sie mit über Kopfhörer abhörbare Hintergrundinformationen ergänzt sind. Wer weiss schon, dass der Spitz-Ahorn (Acer platanoides) die meistvertretene Baumart der bernischen Stadtbäume ist? Dazu kommen sind Apfelbaum, Eibe, Eiche, Ginkgo, Linde, Platane, Robinie, Rosskastanie, und Silberweide. In der Ausstellung sind mit Holzmusterplatten die Stadtbäume vergleichbar dokumentiert, die so sichtbar gemachten Unterschiede illustrieren augenfällig ihre Vielfalt. 

Die Ausstellung «Bäume in der Stadt» ist ein Augenöffner: Sie zeigt die Wirkung von Stadtbäumen auf das Mikroklima in Strassen und auf Plätzen, aber verdeutlicht aber auch die Stressfaktoren, denen sie ausgesetzt sind, und zeigt nicht zuletzt die Schönheit, die jeden Strassenraum prägt und unverwechselbar macht.

Die Baumausstellung findet bis zum 1. Dezember 2024 in den Gewächshäusern von Stadtgrün Bern in der Elfenau, Elfenauweg 94, 3006 Bern statt. Der Besuch ist täglich von 9.00 bis 19.00 Uhr möglich und kostenlos. 

 

Zufahrt mit Bus Nr. 19 bis Haltestelle Luternauweg, dann rechts über der Müslinweg rund 350 Meter zu Stadtgrün Bern.

 

Weitere Informationen: bern.ch/baumausstellung 

 

→ Reglementierter Baumschutz

Um den Erhalt des Baumbestands in der Stadt Bern zu sichern, hat das Berner Stimmvolk einen flächendeckenden Baumschutz erlassen. In Bern gibt es zwei Schutzzonen: Alle Bäume im Aareschutzgebiet und in der Innenstadt sind ab 30 cm Stammumfang geschützt. Gemessen wird der Stammumfang in einem Meter Höhe über dem Boden (Schutzzone A). Im übrigen Gemeindegebiet sind Bäume mit einem Stammumfang ab 80 cm geschützt (Schutzzone B). Bei mehrstämmigen Bäumen ist der Umfang der einzelnen Stämme zusammen zu rechnen. 

Stirbt ein geschützter Baum ab oder soll er aus anderen Gründen gefällt werden, erfordert dies ein Beseitigungsgesuch, einzureichen bei Stadtgrün Bern. Auch das Entfernen von grünen Ästen über 10 Zentimeter Durchmesser und der Rückschnitt der Baumkrone um mehr als 30 % der Blattmasse sind bewilligungspflichtig, ebenso das Entfernen grober Wurzeln.