Verdichtete Struktur
Projektwettbewerb Erweiterung Berufsschule Ziegelbrücke
Das Projekt «Brückenbauer» von Thomas Fischer Architekt setzt einen neuen Akzent am Zugang zur Berufsschule Ziegelbrücke und interpretiert die bestehende Struktur als Spielraum für zukünftige Planungen.
Die Berufsschule Ziegelbrücke der Architekten Zweifel + Marti wurde 1977 auf der grünen Wiese erbaut und soll nun zum zweiten Mal erweitert werden. Die Ursprungsanlage bestand aus einer Komposition dreier Baukörper um einen gedeckten Erschliessungsgang: dem Hauptgebäude A, dem flächigen Trakt B sowie einer Einfachsporthalle. Diese Anlage wurde bereits jenseits des Velowegs erweitert: Die im Baurecht erstellte Maurerhalle und die Mensa (2005) docken an den verlängerten Erschliessungsgang an. Das jetzige Vorhaben beabsichtigt, das derzeit in Glarus ansässige Bildungszentrum Gesundheit und Soziales (BZGS) mit der in Ziegelbrücke bereits vorhandenen Gewerblich-industriellen Baufachschule (GIBGL) zusammenführen. Somit soll der räumliche Bedarf der beiden Schulen am Standort Ziegelbrücke, mit seiner verkehrstechnisch und landschaftlich günstigen Einbettung, gebündelt und eine räumliche Symbiose geschaffen werden, denn, so das Wettbewerbsprogramm, «Ziegelbrücke soll zu einem attraktiven Bildungszentrum mit Leuchtturmwirkung werden und damit die Standortattraktivität des Glarnerlands bzw. die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft klar verbessern».
Die Wettbewerbsaufgabe bestand darin, ein neues Schulhaus samt Dreifachsporthalle in die bestehende Anlage zu integrieren sowie eine schulische Erweiterungsmöglichkeit aufzuzeigen. Die vorhandene Struktur bot viel Spielraum, in Bezug auf die Kombination der Einheiten, aber auch auf deren Setzung. Bei den 48 Teams liess diese Ausgangslage Projekte entstehen, die sich im Spannungsfeld von Verdichtung und Komposition positionieren. Das Preisgericht weist diesbezüglich auf die vorteilhafte Form des offenen Verfahrens hin.
Verdichtung
Das Projekt «Brückenbauer» von Thomas Fischer Architekt ging als Sieger hervor. Es schafft einen klaren Bezug zur Struktur der bestehenden Anlage und stärkt deren Qualitäten durch die Setzung eines neuen Baukörpers am nördlichen Zugang. Die Einfachsporthalle wird durch einen neuen Baustein ersetzt, der Sport- und Schulnutzung unter einem Dach vereint. Die schulische Erweiterung wird für das südliche Ende neben der Mensa geplant, beide Enden werden mit einer zweiten gedeckten Erschliessungsachse verbunden, die die Grünräume und deren Öffnung zur Landschaft rahmt.
Die Kombination von Schul- und Sporthallenräumen überzeugt im Kontext des Campus mit seinem Bedarf an Ankunfts- und Pausenräumen. Das Foyer wird sowohl über die neue als auch über die bestehende Verbindungsachse erschlossen und orientiert sich zum neuen «Campus-Green»; beim Zutritt geht der Blick in die um ein Geschoss versenkte Dreifachsporthalle, die durch Ausziehtribünen bespielt werden kann. Zwei Wendeltreppen führen zu den Sporträumen im Untergeschoss sowie über ein Mezzaningeschoss, das den Aufenthaltsraum und die Bibliothek beherbergt, bis in die beiden Schuletagen. Die Trennung der Etagen in zwei Gebäudekörper ermöglicht die allseitige Belichtung der beiden Trakte. Die Treppen führen jeweils in einen mittigen «Aktionsraum», der beidseitig von Schulzimmern umgeben ist. Verbindungsgänge queren den dazwischen liegenden Aussenraum, der als Pausenterrasse dient.
Gebäudestruktur und Konstruktion stehen in Beziehung. Es wird eine Analogie zur Brücke hergestellt, die vom Bahnhof über den Linthkanal zum Campus führt: Einerseits wird die Dreifachsporthalle mit einer zweigeschossigen Fachwerkkonstruktion überspannt, andererseits wird ein interdisziplinärer Brückenschlag der beiden schulischen Nutzungen geschaffen. Das Stahlbeton-Verbundfachwerk prägt die Lernräume; erschwert jedoch flexible Grundrissanpassungen. Mit den durchlaufenden Fassadenbändern und den Brüstungen aus gewellten Zementplatten tritt das Gebäude in Dialog mit dem Trakt A.
Das Projekt besticht durch sein kompaktes Volumen bei gleichzeitigem Angebot an grosszügigen Räumen. Der auf dem Dach situierte Allwetterplatz soll gemäss Preisgericht in den Freiraum verlegt werden.
Komposition
Das zweitrangierte Projekt «Comparsa» von Stutz Bolt Partner Architekten schafft durch die Setzung zweier Baukörper beidseitig des Trakts A eine Komposition, die die unterschiedlichen Bauetappen zusammenbindet und die Anlage somit vervollständigt und abschliesst. Am südlichen Ende wird die Einfachsporthalle durch eine neue Dreifachsporthalle ersetzt, und zwischen Mensa und Trakt A umschliesst das riegelförmige Schulgebäude einen neuen Platz; die schulische Erweiterung wird in der Verlängerung des Riegels hinter der Mensa vorgesehen.
Die beiden zweigeschossigen Baukörper bewirken, dass der Trakt A durch seine Höhe die neue Mitte der Anlage bildet. Die neue Dreifachsporthalle wird direkt über die bestehende gedeckte Erschliessungsachse betreten. Der angrenzende Aussenraum öffnet sich zur Landschaft; er ist durch Hartbeläge und Grünflächen gegliedert und nimmt den Allwetterplatz auf. Das neue Schulgebäude wird an beiden Enden entlang der bestehenden Gebäude über Vorplätze erschlossen. Die Schulzimmer reihen sich entlang eines Mittelgangs, der auch die vertikale Erschliessung aufnimmt und daher aus Brandschutzgründen nicht möbliert werden kann. Sporthalle und Schulgebäude sind als Holzbauten auf betoniertem Untergeschoss konstruiert, deren aussen liegendes Skelett die verglasten Fassaden gliedert. Die selbstverständlich wirkende bauliche Ergänzung nimmt allerdings viel Freifläche in Anspruch. Dieser Aspekt sowie der Typus der Flurschule konnten die Jury letztendlich nicht überzeugen.
Während viele der eingereichten Projekte die Anlage als Komposition lesen und baulich weiterstricken, ermöglicht das Siegerprojekt «Brückenbauer» von Thomas Fischer Architekt durch die Setzung eines kompakten Baukörpers Freiräume und hält Handlungsoptionen für zukünftige Entwicklungen offen. Die Nutzungen werden zusammengefasst, sodass Synergien entstehen können; ein zukünftiges Wachstum kann durch weitere Verdichtung stattfinden.
Jurybericht und Visualisierungen zum Wettbewerb finden sich auf competitions.espazium.ch
Auszeichnungen
1. Rang / 1. Preis: «Brückenbauer»
Thomas Fischer Architekt, Zürich; Dr. Deuring + Oehninger, Winterthur
2. Rang / 2. Preis: «Comparsa»
Stutz Bolt Partner Architekten, Winterthur; Holzbaubüro Reusser, Winterthur; Chaves Biedermann, Frauenfeld; GF Energie Technik, Brunnen
3. Rang / 3. Preis: «Fabrigg»
Streiff Architekten, Zürich; SJB Kempter Fitze, Frauenfeld; ARGE Urbscheit/Schmid, Zürich
4. Rang / 4. Preis: «Hänsel und Gretel»
ARGE Michael Bürgi, Lukas Burkhard, Sven von Euw, Buchrain; Haag Landschaftsarchitektur, Zürich
5. Rang / 5. Preis: «Le bonheur est dans le pré»
ARGE Härtel Lovis Steinbach + Bienert Kintat Architekten, Zürich; Quantum Brandschutz, Basel
6. Rang / 6. Preis: «Mono»
swiss manufactured architecture design engineering, Zürich
FachJury
Gundula Zach, Architektin; Dieter Jüngling, Architekt; Katrin Schubiger, Architektin; Corinna Menn, Architektin; Thomas Stauffacher, Architekt; Peter Zimmermann, Architekt
SachJury
Kaspar Becker, Regierungsrat, Vorsteher Departement Bau und Umwelt (Präsident); Benjamin Mühlemann, Regierungsrat, Vorsteher Departement Bildung und Kultur (Vizepräsident); Patrick Geissmann, Hauptabteilungsleiter Höheres Schulwesen und Berufsbildung; Roger Cuennet, Schulleiter GIBGL; Dorothea Suter, Schulleiterin BZGS; Martin Trümpi, Projektleiter Hochbau Kanton Glarus (Ersatz)