Weisse Flecken
Angestachelt durch Abenteuerromane konnte ich als Schulkind kaum den Moment erwarten, als wir endlich die gute alte Schweizerkarte gegen einen Weltatlas austauschen durften. Von nun an verbrachte ich den Geografieunterricht damit, auf den Karten zu reisen. Da gab es viele Orte, von denen ich noch nie gehört hatte, und deren Namen so verheissungsvoll klangen. Ouagadougou! Sansibar! Antofagasta! Insgeheim hegte ich die Hoffnung, auf der Karte weisse Flecken zu finden, um dann eines Tages selbst die unbekannte Gegend zu erforschen. Nur leider: Ich war zu spät dran, in meinem Atlas gab es keine weissen Flecken mehr.
Doch den Traum träume ich weiter, und ich freue mich jedes Mal, wenn ich einen Ort entdecke, der bislang noch nicht auf meiner inneren Landkarte verzeichnet war. So wie neulich an einem Wochenende. Beim Besuch im Kunstmuseum Appenzell wurde ich auf eine Ausstellung in der nahe gelegenen, mir bis dato unbekannten «Kunsthalle Ziegelhütte» aufmerksam. Die ehemalige Ziegelfabrik, von Robert Bamert 2003 zu Museum und Kulturzentrum umgebaut, ist nicht nur in architektonischer Hinsicht eine gelungene Überraschung. Vor allem der begehbare Ringofen hat es meiner Entdeckerseele angetan. Flecken holt man sich dort aber nur schwarze.