Wei­ter­nut­zen in­tak­ter Struk­tu­ren

Viele unversehrte Bauten werden heute nach nicht einmal 30 Jahren ersetzt. Neben dem Verlust von grauer Energie gehen dabei auch baukulturelle Werte verloren. Deshalb setzt sich die SIA-Fachgruppe für die Erhaltung von Bauwerken (FEB) für das Weiterbauen im Bestand ein.

Publikationsdatum
30-01-2025

Die FEB wurde 1994 als interdisziplinäre Plattform gegründet. Sie richtet sich sowohl an Architekten, Bau- und Fachingenieurinnen als auch an Betreibende und Besitzende von Bauten. Neben der Organisation von Exkursionen und Tagungen widmet sich die Fachgruppe jeweils einem Schwerpunktthema, das sie über einen gewissen Zeitraum vertieft behandelt.

Aufbruch statt Abbruch

Eines dieser Themen war der Aufbau einer Sammlung von Projekten, bei denen der Erhalt von Bausubstanz vorbildlich umgesetzt wurde. Um dem momentanen Abbruchwahn gegenzusteuern, entstand ein Beispielkatalog auf der Website «aufbruch-statt-abbruch.ch», der Inspiration und Wissen an Bauherrschaften, Immobilienbewirtschafter, Investorinnen und Planende vermittelt. Die vorgestellten Bestandsobjekte wurden zwischen 1945 und 2000 erstellt und in den vergangenen zehn Jahren instand gesetzt, umgebaut, umgenutzt oder erweitert. Die so entstandene Beispielsammlung weist ein breites Spektrum an Eingriffstiefen auf.

Mehr zum Thema: «Mit gutem Beispiel voran»: Ein Vorstandsmitglied der FEB berichtet über die Erkenntnisse des Projekts.

Und: «Aufbruch statt Abbruch»: Interview mit dem FEB-Präsidenten Oliver Gassner.

Neue Norm für Umbauten

Aus dem bisherigen Wirken der FEB ging 1997 die Norm SIA 469 Erhaltung von Bauwerken und 2000 das Merkblatt SIA 2017 Erhaltungswert von Bauwerken hervor. Neben der Revision der bestehenden Norm und des dazugehörigen Merkblatts ist die FEB an einer neuen grossen Aufgabe beteiligt: der Schaffung von normativen Bestimmungen für Umbauten. Heute sind Umbauprojekte mit vielen Unsicherheiten und finanziellen Risiken verbunden, da die auf Neubau ausgerichteten Normen nicht immer eingehalten werden können. Deshalb ist man als Bauherrschaft und Planerin auf die Auslegung und Kulanz der Bewilligungsbehörde angewiesen.

Nun stellten Sektionen des SIA erfolgreich einen Antrag zur Erarbeitung von Grundlagen zu normativen Bestimmungen für Umbauten. Das Ziel ist es, diese in fünf Jahren herauszugeben.1 Die im September 2024 ins Leben gerufene Spurgruppe, der auch Mitglieder der FEB angehören, nimmt nun eine Auslegeordnung vor, bevor die Normenkommission ans Werk geht. Es stellt sich dabei vor allem die Frage, ob sich das Anliegen in einer einzigen Norm abhandeln lässt. Alois Diethelm, Vorstandsmitglied der FEB, sagt dazu: «Zudem sind es ja nicht nur SIA-Normen, die uns das Leben schwer machen, sondern alles, was als ‹anerkannte Regel der Baukunde› gilt.» Damit meint er beispielsweise Merkblätter der Glasindustrie, die durch die breite Anwendung als gültig akzeptiert werden.

Um schon vor der Herausgabe von Merkblatt oder Norm den gesetzlichen Spielraum bei Umbauten ins Bewusstsein zu rücken, arbeitet die FEB seit letztem Herbst an einer Wissensplattform zu diesem Thema. Sie zeigt Präzedenzfälle, aus denen im Rahmen der bestehenden Normen kreative Lösungen hervorgingen. Das Wissen um mögliche Auslegungen der Bestandsgarantie ist oft nicht bekannt und soll in dieser Online-Beispielsammlung aufgezeigt und verbreitet werden. Die Aufschaltung der Plattform wird voraussichtlich noch in diesem Jahr erfolgen. 

Auszeichnung zu vergeben!

Seit 20 Jahren zeichnet die FEB qualitativ hochwertige Arbeiten von Studierenden zum Thema «Umgang mit bestehenden Bauwerken und deren Erhaltung» aus. Durch die Dringlichkeit der Klimakrise hat das Thema auch an Schweizer Hochschulen an Bedeutung gewonnen. Sichtbar wird dies unter anderem an der Anzahl der Einreichungen: Letztes Jahr wurden 62 Arbeiten juriert, wovon 60 aus dem Bereich der Architektur und zwei aus dem Bauingenieurwesen stammten. Als interdisziplinäre Fachgruppe wünscht sich die FEB Arbeiten aus unterschiedlichen Fachbereichen. Um dem Ungleichgewicht entgegenzuwirken, werden für die nächste Eingabe am 21. Februar 2025 Projekte aus den Studiengängen Bauingenieur- und Umweltingenieurwissenschaften, Innenarchitektur sowie Gebäudetechnik besonders begrüsst – Einreichungen aus dem Fachbereich Architektur sind aber nach wie vor willkommen.

➔ Projekte für den FEB-Preis 2025 können bis 21. Februar 2025 auf feb.sia.ch eingereicht werden.

 

Weitere Informationen über die Fachgruppe und ihre anderen Werkzeuge zur Erhaltung von Bauwerken

 

Anmerkung 

1 Der Antrag B08 «Grundlagen für Umbauten sowie einfaches und experimentelles Bauen» wurde an der SIA-Delegiertenversammlung vom 26. April 2024 angenommen.

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