Wun­der­sa­me Schrän­ke

Ein Besuch im Zürcher Alterthümer-Magazin lohnt sich momentan nicht nur aufgrund der ansprechenden permanenten Sammlungspräsentation, sondern auch, um die aktuelle Wechselausstellung «Zürcher Einbaugeschichten. Denkmal nachhaltig!» zu sehen. Sie zeichnet die Reise von Bauteilen aus Zürcher Baudenkmälern nach und zeigt, auf welch unterschiedliche Weise die Denkmalpflege mit Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit verknüpft ist.

Publikationsdatum
15-01-2024

Im Alterthümer-Magazin der Zürcher Denkmalpflege, das sich im Untergeschoss eines Gebäudes beim Bahnhof Selnau befindet, fühlt man sich in andere Epochen versetzt. Die Bauteile aus verschiedenen Jahrhunderten vermitteln das Zürcher Baukulturerbe und seine Handwerkskunst: Die Stücke reichen von Ofen- und Bodenkacheln über bemalte Toiletten, Leuchtmittel und Schmiedearbeiten.

Auch eine Reihe Fensterladenhalter offenbart Erstaunliches: Während das Metall-Männchen auf der Vorderseite mancher Halter freundlich lächelt, blickt eine grimmige Fratze ungebetenen Besuchern oder bösen Geistern als Warnung entgegen, sobald der Halter heruntergeklappt und seine Rückseite sichtbar ist – etwa wenn die Bewohner nicht  im Haus und die Läden geschlossen sind. In der kleinen Leuchtensammlung daneben hängt ein besonderes Prachtexemplar: die «Häfelilocke», die Max Ernst Häfeli für den Neubau des Kongresshauses entwarf.

Weiter verfügt das Magazin über eine einzigartige Tapetensammlung. Darunter sind auch Stücke der Arts-and-Crafts-Bewegung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Viele gehen auf die Manufaktur von William Morris, dem Begründer der Bewegung, zurück.

Das Grün, damals eine mit Begeisterung empfangene farbtechnische Erfindung, besteht aus einer Mischung von Arsen und Kupferspan. Nach dem ersten Jubel offenbarte sich mit der Zeit, wie gesundheitsschädigend sie für die Arbeiter in den Werkstätten, aber auch für die Bewohner der Häuser war – vor allem im Winter, wenn die Wohnungen selten gelüftet wurden. Morris, der ebenfalls Besitzer einer Arsen- und Kupfermine war, kam diese Kritik trotz dem humanistischen Hintergrund seiner Bewegung ungelegen. Er stellte als einer der letzten gezwungenermassen die Produktion des Farbstoffs und der Tapeten ein.

Die Ausstellung in der Ausstellung

Die kleine Installation «Zürcher Einbaugeschichten. Denkmal nachhaltig!» innerhalb des Magazins zeigt hinter alten Türen in besenschrankgrossen Wunderkammern feine und unerwartete Raumgeschichten. Eine der Kammern ist einer Tapete gewidmet. Als man in den 2010er-Jahren einen Raum der Kunstgewerbeschule original wiederherstellen wollte, fand man in deren Keller Stücke des alten Linoleums und die stilistisch passenden Lampen stammen von der bauzeitlich gleich eingerichteten Militärkaserne.

Nur die Tapete stellte ein Problem dar: Obschon die alte Walze für ihren Druck noch existiert – sie ist in der Ausstellung zu besichtigen –, ist das Wissen zur Herstellung leider nicht überliefert. Man behalf sich mit moderner 3-D-Technologie. Das Resultat ist formal passabel, hat aber einen anderen Charakter.

Eine weitere Kammer zeigt Leuchten in einem Herrschaftsbau am Hirschengraben. Eines Tages suchte jemand für dieses Gebäude, das zuvor von der Universität Zürich mit modernen Leuchten ausgestattet worden war, bauzeitliche Exemplare. Diese fand man im Bauteillager – und stellte fest, dass es sich um genau jene Leuchten handelte, die man Jahrzehnte zuvor in dem Gebäude ausgebaut hatte. Solche Sachverhalte gibt es immer mal wieder.

Alterthümer-Magazin

Sihlamtsstr. 4

8001 Zürich

 

Die Daten für eine Besichtigung werden laufend auf der Website des Alterthümer-Magazins publiziert.

 

Die Ausstellung läuft bis Anfang Juni 2024.

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