Zur Linde
Wettbewerb Neubau Doppelkindergarten Rüti, Winkel ZH
In der Gemeinde Winkel soll ein Kindergarten mit Tagesstruktur gebaut werden. Eine knifflige Aufgabe bei zwei Grundstückszugängen, einer Hügelkuppe in der Mitte und einer Wohnsiedlung im Süden.
Die Wohngemeinde Winkel im Zürcher Unterland ist besonders attraktiv zum Wohnen. Nicht nur wegen ihres ländlichen Charakters und der Nähe zum Flughafen, sondern auch wegen des ausgesprochen niedrigen Steuerfusses. Sie wächst deshalb kontinuierlich, und die Infrastruktur wird laufend angepasst. Weil auch die Schülerzahlen steigen, benötigt die Gemeinde mehr Schulraum. Die Primarschule Winkel will ihr Angebot ausbauen und einen neuen Doppelkindergarten mit Hort und Mittagstisch erstellen. Zum Projektwettbewerb im offenen Verfahren wurden 122 Beiträge eingereicht.
Die scheinbar einfache Aufgabe hatte ihre Tücken. Es ist nicht leicht, die Höhenunterschiede in ein funktionierendes Projekt zu integrieren und den verschiedenen Ansprüchen der Nachbarschaften gerecht zu werden. Im Norden schliesst die heilpädagogische Schule an das Grundstück an und im Süden eine neue Wohnsiedlung. Anspruchsvoll auch das pädagogische Konzept, das vielfältig nutzbare Räume verlangt, «um allein zu verweilen, sich zu zweit zurückzuziehen, zu viert auszutauschen oder klassenweise zusammenzukommen». Zudem sollen die Räume «mittels Nischen, Stufen, Simsen, Podesten oder Brüstungen vertikal und horizontal rhythmisiert» werden.
Die Mitte aussparen
Am besten erfüllt hat diese anspruchsvollen Vorgaben der Beitrag «Zur Linde» von Brandenberger Kloter Architektenpartner. Die Jury empfiehlt dieses Projekt einstimmig zur Weiterbearbeitung. Der Entwurf basiert auf ein paar einfachen Überlegungen. Das kompakte Volumen definiert einen gut proportionierten Hof. Dessen unbebaute Hügelkuppe wird mit einer Linde bepflanzt, die das Zentrum des Hofs bildet. Der halbgeschossige Versatz im Gebäude fügt es behutsam in die Topografie ein. Auch das Dach ist in der Höhe gestaffelt, und Oberlichtbänder erhellen die innenliegenden Bereiche des Baukörpers. Die Raumaufteilung ist zur Aussicht im Westen und zum Hof im Osten ausgerichtet. Hort und Mittagstisch befinden sich auf der unteren Ebene, die beiden Kindergärten auf der oberen mit direktem Ausgang zum Hof. Eine breite, im Grundriss gestaffelte Halle verbindet die Eingänge im Norden und im Osten. In der Mitte führt eine breite Treppe zum oberen Niveau mit dem Doppelkindergarten.
Die Mitte besetzen
Mit dem zweiten Preis ausgezeichnet wurde das Projekt «Artus» von Isler Gysel Architekten. Der Neubau besetzt als Solitär das Zentrum des Areals. Die Lage auf der Hügelkuppe bietet vielseitige Ausblicke. Um die Halle mit zentralem Kern gruppieren sich die Bereiche Kindergarten, Hort und Leitung als einfache orthogonale Volumen. Dazwischen öffnet sich das Gebäude in vier Richtungen mit Ein- und Ausgängen. Der Höhenversatz um ein halbes Geschoss bettet das Gebäude in die Topografie ein. Das flach geneigte Pultdach verbindet die klar umrissenen Kuben und die frei geformten Erschliessungen dazwischen. Lichtkanonen beleben die Dachfläche und schaffen Raum für Spielgalerien. Die Jury ist voll des Lobs über den «eigenständigen und kohärent umgesetzte Projektansatz». Zum Verhängnis wurden dem Beitrag die Nähe des Allwetterspielplatzes zur südlich angrenzenden Wohnsiedlung, die unterschiedlichen Raumhöhen der Haupt- und Gruppenräume sowie verschiedene betriebliche Mängel.
In der Mitte ansetzen
Der Beitrag «sanfona» von Felix Kellenberger erhielt den dritten Preis. Der längliche Baukörper in Ost-West-Richtung schafft Distanz zur Wohnüberbauung im Süden. Die Zugänge liegen auf der Nordseite zur Primar- und heilpädagogischen Schule. Alle Räume sind gegen Süden ausgerichtet und über drei Ebenen in den Hang gestaffelt, was das gefaltete Dach mit einer Wellenbewegung nachzeichnet. Überzeugt haben der mit Sitznischen bespielte Eingangsbereich und die den Schulräumen vorgelagerten Terrassen. Moniert hat die Jury verschiedene betriebliche Mängel, die geschlossenen Stirnfassaden mit auskragenden Pultdächern und die mangelhafte Gestaltung der Freiflächen.
Was wirklich wichtig ist
In diesem Wettbewerb hat sich ein Beitrag durchgesetzt, der zuerst mit aussenräumlichen Qualitäten punktet. Ausgehend von der Idee, die Mitte frei zu lassen, ist das Konzept von den Zugängen bis zur inneren Erschliessung und der Staffelung des Gebäudes im Schnitt konsequent und sorgfältig ausgearbeitet. Die weitgehend geschlossene Südfassade entschärft das Verhältnis zur empfindlichen Nachbarschaft. Zu diesen grundsätzlichen Überlegungen kommt das Wichtigste: die Perspektive des Kinds als Fundament der entwerferischen Strategie.
Öffentliche Ausstellung: 19. / 20. Mai 2017
Weitere Informationen zu diesem Projektwettbewerb finden Sie unter der Rubrik Wettbewerbe.
Auszeichnungen
1. Rang/1. Preis «Zur Linde»: Brandenberger Kloter Architektenpartner, Basel; Hänggibasler Landschaftsarchitektur, Bern
2. Rang/2. Preis «Artus»: Isler Gysel Architekten, Zürich; Kuhn Landschaftsarchitekten, Zürich
3. Rang/3. Preis «sanfona»: Felix Kellenberger Architekt, Zürich; Carolin Riede Landschaftsarchitektin, Zürich
4. Rang/4. Preis «Crictor»: häni joho architekten, Zürich; atelier tp tijssen preller Landschaftsarchitekten, Rapperswil
5. Rang/5. Preis «Tripiti»: Parc Architekten, Aarau; Schrämmli Landschaftsarchitektur, Brugg
6. Rang/6. Preis «Papillon»: Ost Architekten, Zürich; Prof. Hansjörg Gadient Landschaftsarchitekt, Rapperswil
FachJury
Carlos Rabinovich, Architekt (Vorsitz);
Roswitha Büsser, Architektin;
Katharina Lenggenhager, Architektin;
Stefan Koepfli, Landschaftsarchitekt;
Alice Hucker, Architektin (Ersatz)