Gepflegte Natur auf künstlicher Basis
Sanierung Irchelweiher, Zürich
Die Sanierung von Gewässern im Irchelpark warf grundlegende Fragen im Umgang mit der von der Natur in Besitz genommenen Bausubstanz auf.
In den 1980er-Jahren sorgte der Zürcher Irchelpark für hitzige Diskussionen – war er doch gestalterischer Ausdruck der Naturgartenbewegung und des gerade erwachenden ökologischen Bewusstseins. Die Landschaftsarchitekten Eduard Neuenschwander und Atelier Stern und Partner hatten der Natur als Mitgestalterin des Irchelparks bewusst möglichst freie Entfaltungsmöglichkeiten gegeben – ein Novum in einer Zeit, als Parks meist aus gepflegten Blumenrabatten, englischem Rasen und exotischen Zierbäumen bestanden.
War die Bevölkerung anfänglich dem Wildwuchs gegenüber noch skeptisch, so wird der Park heute gerade wegen seiner Naturnähe geliebt und intensiv genutzt. Dennoch bleibt er ein künstliches Konstrukt, das der Pflege bedarf.
Was wie wiederherstellen?
2015 stand man daher vor einer komplexen Situation: Während einerseits Wurzelwerk und intensive Nutzung an der Bausubstanz und damit auch an der Ästhetik der Irchelweiher nagten, hätte andererseits eine umfassende Sanierung die Entfernung wertvoller, über Jahrzehnte gewachsener Ökosysteme und Grünstrukturen bedingt. 2013 wurde der Irchelpark zudem ins Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte der Stadt Zürich aufgenommen. Wo setzt nun die Gartendenkmalpflege an? Welcher ist der wiederherzustellende Urzustand, wenn der natürliche Wandel explizit Teil des Parkentwurfs ist?
Neben dem rechteckigen, bewuchsfreien Reflecting Pool erwies sich der naturnah gestaltete Grossweiher mit einem am Ufer integrierten Kinderspielbereich als sanierungsbedürftig. Beide Gewässer waren mit dem zur Bauzeit üblichen Dichtungsasphalt abgedichtet, ein Material, das heute bei Teichen nicht mehr eingesetzt und von Unternehmern kaum noch angeboten wird.
Der Grossweiher war im Lauf der Zeit zu einem interessanten Ökosystem herangewachsen. Einerseits bot er mit einer guten Wasserqualität und einem wertvollen, breiten Schilfgürtel verschiedenen Wasserpflanzen und dem seltenen Teichrohrsänger Lebensraum. Andererseits beherbergte er aber aufgrund seiner geringen Tiefe und der abgedichteten Sohle nur eine mässige Artenvielfalt.
Die intensiv genutzten Ufer des künstlich regulierten und befischten Gewässers wiesen deutliche Schäden auf. An vielen Stellen des ursprünglich bis zum Wasserspiegel begrünten Ufers trat die Asphaltabdichtung zutage. Durch Wurzeldruck waren Risse entstanden, und die ursprüngliche Uferbefestigung aus Holzstämmen war verschwunden. Der Spielplatz, ein System aus Stegen und Brücken, war morsch, durch Schilf verdeckt und genügte den heutigen Sicherheitsbestimmungen nicht mehr.
Auf zu neuen Ufern
Die Sanierung sollte möglichst zurückhaltend in Konstruktion und Ökosystem eingreifen. Aus diesem Grund wurde die Asphaltabdichtung des Grossweihers nur in Teilen des Uferbereichs erneuert. In den tieferen Bereichen und in Zonen mit wertvollem Bewuchs, in denen sie noch intakt war, erhielt man sie. Die neue Abdichtung aus 6 cm starkem Dichtungsasphalt und einer 7 cm starken Binderschicht musste trocken eingebracht und nahtlos an die bestehende angeschlossen werden. Zum Schutz von Fauna und Flora senkte man daher den Wasserspiegel mithilfe von provisorischen Dämmen nur im Arbeitsbereich ab. Um stellenweise eine Abflachung der Ufer zu ermöglichen, liegt die neu eingebrachte Abdichtung nun auf einem tieferen Niveau.
Aus baulichen, ökologischen und ästhetischen Gründen ist der Asphalt mit einer Kiesschüttung überdeckt. Ein eingebauter Wulst verhindert ein Abrutschen der Steine in tiefere Weiherbereiche. Das Kiesufer soll sich im Lauf der Zeit mit Ruderalvegetation begrünen. Im Sinn des Parkkonzepts setzte man zur ökologischen Aufwertung punktuell Wildstauden, Wildgehölze und Wasserpflanzen als Initialbepflanzung.
Spiele und Spiegel
Der möglichst originalgetreue Nachbau der verfallenden Stege und Plattformen des Kinderspielplatzes am Grossweiher erfolgte mit nicht imprägniertem, gewachsenem Eichenholz, das eine Haltbarkeit
von 15 bis 20 Jahren aufweist. Zugunsten einer guten Einsehbarkeit musste in diesem Bereich das Schilf weichen. Die von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) empfohlene maximale Wassertiefe von 20 cm wird durch eine Kiesschüttung im Spielbereich sichergestellt. Die Massnahmen zeigten sofortigen Erfolg: Der lang verwaiste Spielplatz ist wieder fest in der Hand von Kindern – und Anglern.
Der Reflecting Pool war von Anfang an als bewuchsfreier «Wasserspiegel» konzipiert. Hier galt es, die marode, massive Unterkonstruktion und die Asphaltabdichtung komplett zu erneuern. Da ein Bewuchs die Spiegelwirkung beeinträchtigen würde, verzichtete man auf eine Kiesabdeckung der Abdichtung. Zentral für die Wirkung des Pools ist seine klare, bauliche Randeinfassung. Neu besteht diese aus widerstandsfähigen Stellriemen aus Gneis. Den aktuellen Sicherheitsanforderungen wird das Projekt mit einer kaum sichtbaren Massnahme gerecht: Am Poolübergang verhindern 20 cm unter der Wasseroberfläche montierte Gitter ein ungewolltes Abtauchen.
Die Synthese aus Wildwuchs und Landschaftsarchitektur im Zürcher Irchelpark ist bereit für ihren nächsten Lebenszyklus.