Tos­ka­nische Raum­kap­sel

Die Casa Ojalá, ein Entwurf der in Mailand tätigen Schweizer Architektin Beatrice Bonzanigo, ist ein versponnenes Zwischending, Architektur und mechanisches Spielzeug zugleich. Ein erster Prototyp des Tiny House wurde nun in der Provinz Siena realisiert.

Date de publication
07-09-2021

Noch 2019 war es eine Vision, vorgestellt in der Memphis Milano Galerie. Dann kam der Auftrag der Hotelbetreiber Rosewood Castiglon del Bosco in der italienischen Provinz Siena: Sie verwirklichten das ungewöhnliche Rundhaus aus Stahl, Holz und Textilien.

In den Grundzügen ist die Architektur dieses 27 m2 grossen Tiny House recht einfach: eine runde Mittelstütze, eine runde Plattform von knapp 6 m Durchmesser und eine gleich grosse runde Dachdeckung. Alles andere, wie Waschbecken, Toiletten, Bad/Dusche, Stauraum und auch der Aufgang zur Dachfläche, gleicht einem Schiffsbau oder einer Raumkapsel, wie erdacht von Jules Verne.

Flexibler Raum

Das Haus kann rundum offen sein oder mit schiebbaren, aussen liegenden Wandpaneelen gänzlich oder teilweise geschlossen werden. Rund um die Mittelsäule lassen sich Waschbecken, Toilette und Staumöbel mit einem manuell zu betätigenden Mechanismus aus Seilen, Griffen aus Leder, Flaschenzügen und Kurbeln hochziehen – eine Anlehnung an die «Nautilus», an den traditionellen Schiffsbau.

Rollbare Wände, Zahnradsysteme, im Mahagoniboden eingelassene Betten und Stauräume und andere Einrichtungen lassen sich leicht nach oben ziehen – einschliesslich des Waschbeckens, dessen Abdeckung sich in einen Spiegel verwandelt. Auf dem Dach entdeckt man eine Terrasse, die über eine an der Mittelstütze befestigte Leiter zugänglich ist. Einzig und allein immer auf der Bühne dieses Geschehens stehen die Wannenskulptur und der mit Bioethanol betriebene Kamin.

Der Luxus des Einfachen

Die Casa Ojalá ist präzise gebaut, die Materialien Stahl, Holz und Textilien immer dort eingesetzt, wo sie Sinn machen, gleichzeitig aber aussergewöhnlich gestaltet. Das Haus zelebriert den Luxus des Einfachen, eine Exklusivität für jene, die Neues probieren wollen und es sich leisten können. Der wirkliche Luxus sind nicht unbedingt die in Holz und Textilien sichtbaren Einrichtungen, sondern vielmehr der unverstellte Ausblick in die toskanische Landschaft, in der man auf diese Weise mittendrin leben kann. Wunderschön – solange das Wetter mitmacht.

Hightech im Holzmantel

Das Aussehen der Casa Ojalá wird – ob offen oder geschlossen – vor allem durch die Holzelemente der Böden, Decke und Wände bestimmt. Dahinter verstecken sich technisch ausgeklügelte Installationen. Sie bleiben weitgehend unsichtbar und funktionieren im Hintergrund. So gibt es etwa ein Auffangsystem für das Abwasser und photovoltaische Elemente, die im Dachrand untergebracht sind. Sichtbar sind die Kurbeln und Seilzüge für das Verstellen der Wände und Installationen. Sie sind so Teil dieser Architektur.

Beatrice Bonzanigo hat mit der Casa Ojalá ein einmaliges Raumgebilde entworfen und dann gemeinsam mit Ryan Nesbitt (USA) den nun in der Toskana stehenden Prototyp realisiert. Der Entwurf erhielt den A’Design Award Gold 2019.

Mehr zur Casa Ojalá gibts hier.

 

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