Die Leich­tig­keit des Steins

Editorial TEC21 34-35/2022

Date de publication
27-10-2022

Steine gibt es fast überall. Vertraut erscheinen sie deswegen längst nicht immer. In Vals beispielsweise liegt der grosse Steinbruch nur ein paar Hundert Meter entfernt von einem ungewöhnlichen Haus, das vieles auf den Kopf stellt, was bisher als charakteristisch für das Bauen mit Naturstein galt: Das Haus Balma nach dem Entwurf von Kengo Kuma & Associates zelebriert weniger das Gewicht als die Leichtigkeit des Valser Steins.

Für den Neubau der Badener Therme von Mario Botta Architetti wiederum wurden die Steine aus fast 500 Kilometern Entfernung hergebracht. Sie legen sich wie eine Tapete um die Hunderte von Metern der Fassadenabwicklung und inszenieren dabei nicht die überwundene Schwerkraft, sondern die Analogie zu einer Hand mit fünf Fingern. Ob diese Steine aus Venetien in Baden nun Fremdlinge sind? Ockergelb leuchten sie zwischen den gelblichen Kalk­steinen am Limmatknie.

Es gibt auch Felsenfragmente, die nur einige wenige Kilometer weit transportiert wurden und trotzdem fremd wirken: so beispielsweise die Findlinge, die von den Berghängen der Surselva nach Ilanz gebracht wurden und seit diesem Sommer in einer eigensinnigen Präsenz Platz in der Altstadt einnehmen. Hier zeigt sich der Stein in zuweilen fantastischen Naturformen, die höchstens ein Geologe zu erklären vermag. Allen anderen bleibt nichts anderes übrig, als zu staunen.

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