«Pa­cken wir es an!»

«Die Sensibilisierung der Bauherren bezüglich Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren stark zugenommen; insbesondere im Rahmen der Projektentwicklung wird versucht, eine diesbezügliche Optimierung zu erzielen. Bei Planerbeschaffungen in frühen Projektphasen zeigt sich aber, dass sich eine explizite Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsthemen schwierig gestaltet.» André Bucher, Abteilungsleiter Bauherrenunterstützung, BG Ingenieure und Berater.

«Die Berücksichtigung der Qualität hat für das ASTRA seit Langem ein grosses Gewicht. Das revidierte Gesetz hat uns in diesem Anliegen bestärkt und weitere qualitätsbezogene Zuschlagskriterien in die Hand gegeben, mit welchen wir diesem Anliegen verstärkt Rechnung tragen können.» Vivian Welten, Abteilungschefin Direktionsgeschäfte, Bundesamt für Strassen ASTRA.

«Auf die Vergaberechtsreform können wir stolz sein. Sie ist mehr, als viele denken. Der Haken daran: Für die Durchsetzung des Vergabekulturwandels auf allen Ebenen braucht es noch einmal so viel Energie wie für die neuen Gesetzesbestimmungen. Packen wir es an!» Marc Steiner (Marc Steiner äussert in diesem Statement seine persönliche Meinung), Jurist und Bundesverwaltungsrichter.

«Die neue Beschaffungsgesetzgebung hat in den vergangenen drei Jahren bestimmt Akzente gesetzt. Einerseits ist spürbar, dass man die neuen Möglichkeiten wahrnehmen möchte, andererseits gibt es nach wie vor eine gewisse Zurückhaltung, wenn es darum geht, gewohnte Pfade zu verlassen und etwas zu wagen. Das gilt sowohl für Ausschreibungen, an denen wir als Planer teilnehmen, als auch für die Zusammenarbeit mit unseren Partnern, wenn wir selbst Bauleistungen ausschreiben. Die Zeit – und vielleicht auch die Rechtsprechung – werden hoffentlich weitere Erfahrungen bringen, die sich im Sinne der Sache umsetzen lassen.» Elmar Kunz, Mitglied der Geschäftsleitung und Bereichsleiter Organisation, Pirmin Jung Schweiz.

«Die revidierte Beschaffungsgesetzgebung ist im Kanton Bern seit dem 1. Februar 2022 in Kraft. Wir engagieren uns seit längerer Zeit für mehr Qualitätswettbewerb und insbesondere für Nachhaltigkeit. Beispielsweise verfügen wir seit 2006 über eine Umweltstrategie und seit 2010 informiert der Regierungsrat in seinen Nachhaltigkeitsberichten regelmässig über den Stand der nachhaltigen Entwicklung des Kantons. Aus unserer Sicht ist der suggerierte Paradigmenwechsel bereits weit früher erfolgt als mit der Einführung der revidierten Beschaffungsgesetzgebung. Als Bauherr im Hoch- und Tiefbau begrüssen wir das revidierte Beschaffungsrecht mit dem Hauptzweck, öffentliche Mittel nachhaltig einzusetzen. Die Revision unterstützt unsere langjährigen Bestrebungen, den Qualitätswettbewerb zu fördern. Eine Herausforderung ist die effiziente Anwendung qualitativer Zuschlagskriterien.» Stefan Studer, Kantonsoberingenieur, Kanton Bern | Lorenz Held, Kantonsbaumeister, Kanton Bern.

«Den Paradigmenwechsel – weg vom Preiswettbewerb und hin zum Qualitätswettbewerb – erachten wir als wesentlichen Fortschritt im Vergabewesen. Insbesondere der Einbezug der Nachhaltigkeit in die Beurteilung der Angebote ist ein Fortschritt. Die Gemeinde Ittigen ist seit 25 Jahren ISO 14001 zertifiziert. Die Berücksichtigung von Umweltkriterien ist bei uns seit längerer Zeit Bestandteil der Submissionsverfahren. Allerdings verfügen wir nun über eine klare gesetzliche Grundlage. Der Aspekt der Nachhaltigkeit wird bei unseren Ausschreibungen in der Regel mit 10–40 % gewichtet. Es muss aber auch festgehalten werden, dass die Ausschreibungen – wird das Thema ernst genommen – anspruchsvoller geworden sind. Einerseits erfordert die Verankerung von Qualitätskriterien bei den Eignungskriterien ein hohes Fachwissen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, anderseits sind Qualitätskriterien bei den Zuschlagskriterien so zu skalieren, dass sie zu den Kriterien der Wirtschaftlichkeit in einem vernünftigen Verhältnis stehen.» Marco Rupp, Gemeindepräsident, Ittigen BE.

«Die SBB begrüsst den Paradigmenwechsel: Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Gesetzesziel des neuen BöB, sondern gleichzeitig eines der Konzernziele der SBB. Die SBB ist daher stets besorgt, ihre Ausschreibungen nachhaltig zu gestalten. So gewichtet die SBB beispielsweise die qualitativen Kriterien überdurchschnittlich hoch, bei komplexen Bauausschreibungen mit 50 % und bei Planerbeschaffungen sogar bis hin zu 70 %.» Marco Fetz, Leiter Einkauf Bauprojekte, SBB.

«Die zunehmend komplexer werdenden Infrastrukturprojekte im städtischen Tiefbau erfordern entsprechende Betrachtungs- und Lösungsansätze. Ein wichtiger Baustein dafür ist eine gut vorbereitete und umfassende Ausschreibung. Die Revision des öffentlichen Beschaffungswesens ermöglicht uns, wichtige neue Aspekte einfliessen zu lassen. Per 1. Oktober 2023 wurden unsere Ausschreibungsunterlagen in einem ersten Schritt für Ingenieurdienstleistungen von Grund auf revidiert; jene für das Baugewerbe sollen möglichst bald folgen. Auch nach Abschluss des Prozesses bleibt das Tiefbauamt wachsam und wird aktuelle Entwicklungen am Markt berücksichtigen.» Armand Bosonnet, Leiter Projektierung & Realisierung, Tiefbauamt Stadt Winterthur.

«Das günstigste Preisangebot kann für ein Projekt sowohl im Projektierungs- als auch im Realisierungsprozess und insbesondere für eine Stadt – respektive für uns alle – in Summe nicht immer die ‹günstigste› Lösung sein. Unsere neuen Ausschreibungsunterlagen sollen uns unterstützen, einen sinnvollen Qualitätswettbewerb durchzuführen. Einerseits, um unsere Projekte hochwertig und finanziell verhältnismässig zu gestalten, andererseits aber auch, um sie sicher, verlässlicher, sozialer und ökologischer umzusetzen.» Gert Delle Karth, Projektleiter Abteilung Projektierung & Realisierung, Tiefbauamt Stadt Winterthur.

«Das Bewusstsein für das neue BöB mit der Förderung von Qualität und Nachhaltigkeit ist vorhanden; bei der Umsetzung wird viel über mögliche Kriterien diskutiert. Messbare Zuschlagskriterien, die in der Planung und Realisierung auch tatsächlich umgesetzt werden, fehlen allerdings noch. Die vorhandenen Unsicherheiten bei der Bewertung von neuen Zuschlagskriterien und der nicht immer direkt erkennbare Mehrwert für das Projekt führen dazu, dass der erhoffte Paradigmenwechsel noch ein wenig Zeit benötigt.» Olivia Champion, Competence Managerin, Helbling Beratung + Bauplanung.

«Den Fokus auf den Qualitätswettbewerb hat das Departement Bau, Verkehr und Umwelt bereits mit dem früher geltenden Submissionsdekret vorgelebt. Preisgewichtungen von 50 % bei Bau- und 20 % als Minimum bei Dienstleistungen werden seit Jahren angewandt. Mit Zuschlagskriterien wie Kompetenz, Erfahrungen aus abgeschlossenen Aufträgen und Umweltkriterien wie Transportwegen und Recycling-Material wird auch den Qualitäts- und Nachhaltigkeitsthemen seit Längerem Rechnung getragen.» Severin Frei, Leiter Qualitäts- und Informationsmanagement, Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau.

«Für die Beschaffung von Planungsleistungen hat das BBL schon seit Jahrzehnten einen hohen Anteil an offenen Projektwettbewerben durchgeführt. Das wird fortgeführt und heute stehen die Kriterien der Nachhaltigkeit – insbesondere die disziplinenübergreifende Vernetzung der drei Handlungsfelder Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt – noch mehr im Zentrum der Wettbewerbsausschreibungen. Der Paradigmenwechsel hat besonders bei der Beschaffung von Werkleistungen stattgefunden. Unsere beauftragten Planer werden als Partner der öffentlichen Bauherrschaft motiviert, innovative Qualitätskriterien in den Ausschreibungen zu integrieren. Der reine Preiswettbewerb ist Geschichte.» Hanspeter Winkler, Leiter Projektmanagement, Bundesamt für Bauten und Logistik BBL.

«Mit der Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts hat insbesondere die Inhouse-Beschaffung die notwendige rechtliche Grundlage bekommen. Öffentliche Bauherrschaften wie Gemeinden oder Kantone können bei der Planung und Errichtung von Bauten den Rohstoff Holz ganz einfach aus dem eigenen Bestand (zum Beispiel dem Ortsbürgerwald oder dem Waldbestand der Einwohnergemeinde) aktiv einbringen. Zwei diesbezüglich realisierte Beispiele sind der Neubau des Schulhauses in Prêles auf dem Plateau de Diesse sowie der Neubau Seniorenzentrum Wier in Ebnat-Kappel.» Lorenz Obrist, Leiter Marketing und Kommunikation, Timbatec Holzbauingenieure Schweiz.

«Die KBOB unterstützt die Umsetzung des revidierten Beschaffungsrechts seit Jahren engagiert. Damit konnte das Wissen der öffentlichen Bauherren im Bereich der nachhaltigen Beschaffung erweitert werden. Viele Bauherren zeigen ein deutlich gesteigertes Interesse, nachhaltige Aspekte in ihre Beschaffungsprozesse zu integrieren.» René Bäbler, Fachleiter Nachhaltigkeit im Baubereich, Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren KBOB.

«Die Revision des BöB hat in der Branche vor allem einen Bewusstseinswandel und die Überzeugung hervorgebracht, dass reine Preiswettbewerbe keine optimalen Resultate erzielen können. Es herrscht allerdings ein Umsetzungsdefizit, weil die Ausschreibung von fix geschnürten Planungs- und Ausführungsleistungen nach dem gängigen, nicht integrierten SIA-Leistungsmodell, bei dem die Differenzierung fast ausschliesslich über Kosten stattfindet, noch immer die Regel ist.» Markus Mettler, Delegierter des Verwaltungsrats, Halter Gruppe.