Wenn es blitzt

Radarstation Plaine Morte – Erdungs-, Blitzschutz- und Überspannungsschutzmassnahmen

Bei der Pointe de la Plaine Morte handelt es sich um einen exponierten topografischen Standort, was die Einwirkungen von Blitzen betrifft. Es ist mit direkten Blitzeinschlägen in das Radom und die Wetterradarantenne zu rechnen. Die Radartechnik hat einen hohen Sachwert und erfordert eine hohe ­Systemverfügbarkeit. Zu ihrem Schutz wurde gemäss Blitzschutznorm EN 62305 ein Konzept zur Ableitung von Blitzen und Überspannungen realisiert. Die Massnahmen dieses Konzepts erfüllen die Anforderungen gegen direkte und indirekte Blitzeinwirkungen.

Date de publication
27-11-2014
Revision
18-10-2015

Der auf die Radarstation zutreffende Gefährdungspegel (GPL I-IV) wurde durch eine Risikobewertung ausgewählt. Dem GPL entsprechend wurden gemäss EN 62305-3 Länge und Anordnung der Blitzfangeinrichtungen festgelegt. Die Anordnung kann generell auf zwei Arten bestimmt werden. Die vereinfachte Methode des Schutzwinkelverfahrens ist aber nur für einfache Gebäudestrukturen anwendbar.

Die Methode nach dem Blitzkugelverfahren ist genauer und universell anwendbar. Dabei wird eine Kugel allseitig über ein Modell einer baulichen Struktur gerollt. Der Radius der Kugel ist abhängig vom gewählten Gefährdungspegel (GPL I r = 20 m; GPL II r = 30 m). An allen Stellen der baulichen Anlage, die von der Kugel berührt werden, ist mit direkten Blitzeinschlägen zu rechnen. Um einen wirksamen Schutz des Radoms und der Antenne zu gewährleisten, wurde wegen der Form und Grösse des Radoms das Blitzkugelverfahren angewendet. 

Im Projekt Radarstation Plaine Morte werden folgende Blitzschutz­zonen definiert: 
- der Innenbereich des Radoms und der Montagebereich der PV-Paneele (Lightning Protection Zone LPZ 0B): Hier sind keine direkten Blitz­einschläge zu erwarten, aber ein anteiliger Blitzstrom und ein ungedämpftes Blitzstrommagnetfeld; 
- der gesamte Innenbereich der baulichen Anlage mit dem Technik- und Werkraum (LPZ 1): Hier sind keine direkten Blitzeinschläge möglich, kein anteiliger Blitzstrom und kein Blitzstrommagnetfeld. Es handelt sich bei LPZ 1 also um das geschützte Volumen. 

Das äussere Blitzschutzsystem betrifft den Schutz vor direkten Blitzeinschlägen und besteht aus Fangeinrichtungen, Ableitungseinrichtungen und Erdern. Das innere Blitzschutzsystem betrifft elektrische Installationen und Ein­richtungen im Gebäudeinnern, wo Überspannungen als Folge eines Blitzes auftreten können. LEMP (Lightning Electromagnetic Pulse)-Schutzmassnahmen umfassen das äussere und ­innere Blitzschutzsystem. Sie sollen Schäden durch Direkteinschläge, blitzstrombedingte Magnetfelder und leitungsgeführte Überspannungen verhindern. Diese Massnahmen dürfen die Funktionstüchtigkeit des Wetterradars nicht beeinträchtigen. 

Das Blitzschutzsystem sollte wegen des exponierten Standorts der Radar­station entsprechend dem höchsten Gefährdungspegel I (Blitzkugelmethode r = 20 m) umgesetzt werden. Laut Radomhersteller sind auf dem Radom aber nur maximal vier Blitzfangstangen à 1500 mm konstruktiv möglich. Der ­realisierte äussere Blitzschutz mit vier auf dem Radom und acht längs des Gebäudeumfangs angeordneten Blitzfangeinrichtungen erfüllt daher die Anforderungen für den Gefährdungspegel II (Blitzkugelmethode r = 30 m). Dieser Kompromiss ist aufgrund des Restrisikos vertretbar. 

Der innere Schutz stellt die Anforderungen an GPL I vollumfänglich sicher. Die korrekte Auswahl der Überspannungsschutzgeräte (Surge Protec­tive Device, SPD) verhindert leitungsgeführte Blitzüberspannungen. 

Als Ableitungen werden die ver­tikalen Wandbewehrungseisen und die massiven äusseren Stahlkonstruk­tionen mitverwendet. Die vertikalen ­Bewehrungseisen sind an ihren Stossstellen miteinander verschweisst, verklemmt oder verschraubt und längs des Gebäudeumfangs in Abständen von ca. 1 m horizontal miteinander verbunden. Alle in die Schalung eingelegten Stahlplatten für die Montage der äusseren und inneren Stahlkonstruktionen sind mit der Wandbewehrung verschweisst.

Die als Ableitungen definierten vertikalen Bewehrungseisen sind einwandfrei mit dem Fundamenterder verschweisst. Damit konnte im Innern der baulichen Anlage eine von Blitzstrommagnetfeldern freie Zone (LPZ 1) realisiert werden. Gefährliche Einkopplungen von Überspannungen in Installationen innerhalb der baulichen Anlage werden so durch das Bilden eines grobmaschigen Faraday’schen Käfigs vermieden. Es sind auch ­keine Trennungsabstände gemäss EN 62305 erforderlich. 

Sämtliche elektrischen Leitungen müssen beim Eintritt in eine Schutz­zone mit Überspannungsschutzgeräten (SPD) beschaltet sein. Die Auswahl der Geräte beruht auf der erforderlichen ­Begrenzungsspannung und einer allenfalls nötigen Blitzstromtragfähigkeit. Elektrische Betriebsmittel innerhalb des Radoms (Blitzschutzzone LPZ 0B) sind ihrer Störempfindlichkeit ent­­sprechend in elektrisch durch­ver­bun­denen Metallgehäusen verlegt. So ist der Schutz der systemeigenen Leitungen vor blitzstrombedingten Magnetfeldern ohne Überspannungsschutzgeräte gewährleistet. 

Als Erder für das äussere Blitzschutzsystem wird die Bewehrung der Bodenplatte mitverwendet. Sie dient auch als Erder für die elektrischen Installationen und die Schutzmassnahmen im Zusammenhang mit leitungsgeführten Überspannungen. Der Fundament­erder, die Wandbewehrungseisen und die massiven gebäudeinternen Metallkonstruktionen erfüllen die Anforderungen bezüglich eines umfassenden, EMV (elektromagnetische Verträglichkeit)-konformen Blitzschutz-Potenzialausgleichs. 

Blitzschutztechnisch komplexe Bauvorhaben wie die Radarstation auf der Plaine Morte bedürfen bereits in ­einem frühen Projektstadium einer fachtechnisch koordinierten Zusammenarbeit zwischen Bauingenieur, Architekt, Elektroplaner, Systemliefe­ran­ten und dem Planer der Erdungs-, Blitz- und Überspannungsschutzmassnahmen. Nur so kann ein den Anforderungen entsprechendes Schutzkonzept unter dem Aspekt eines ausgewogenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses (Investi­tion/Risikominderung) realisiert werden. 

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