Lebenszykluskosten-Management
Wer heute baut, denkt oft zuerst an die Bau- und Planungskosten. Betrachtet man aber die ganze Lebensdauer eines Bauwerks, machen diese nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus. Damit Baufachleute auch die Unterhalts- und Werterhaltungskosten berechnen und steuern können, hat die CRB ein neues Arbeitsmittel zur Berechnung der Lebenszykluskosten herausgegeben.
Heute ist bekannt, dass die Investitionskosten, also die gesamten Erstellungskosten für ein Gebäude, meist nur einen Bruchteil der Summe ausmachen, die eine Immobilie von der Planung bis zum Abbruch verschlingt. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Ausgaben über den gesamten Lebenszyklus eines Hauses zu betrachten, wie es die aktuellen Nachhaltigkeitszertifizierungen SGNI, DGNB und BREEAM fordern. Der dreiteilige CRB-Standard «LCC Leitfaden», «LCC Handbuch» und «LCC Anwendungsbeispiel» enthält dafür sämtliche Grundlagen.
Kostenumfang
Grundsätzlich umfassen die Lebenszykluskosten alle Aufwendungen, die beim Bau einer Immobilie entstehen, von der Planung, über die Ausführung bis zum Unterhalt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kostenumfang je nach Bauwerk variieren kann. Während bei dem Forschungs- und Laborgebäude der ETH Zürich, das als Anwendungsbeispiel für den Leitfaden diente, eine vergleichsweise breite Kostendefinition zugrunde gelegt wird, werden bei einer grossen Wohnüberbauung lediglich die Investitions- und nicht die Nebenkosten berücksichtigt.
Deshalb ist es vor Beginn eines Bauprojekts wichtig, gemeinsam mit dem Auftraggeber eine genaue Kostendefinition festzulegen. Eine Standardisierung, wie sie innerhalb von Nachhaltigkeitszertifizierungen nach SGNI und DGNB verständlich ist, ergibt bei realen Lebenszykluskostenermittlungen keinen Sinn, weil jedes Gebäude andere Fragen aufwirft.
Berechnungsparameter
Neben den Kosten spielen folgende Variablen eine Rolle:
- Betrachtungsperiode: der Zeitraum, über den die Lebenszykluskosten betrachtet werden
- Nutzungsdauer: die Periode zwischen der Inbetriebnahme und dem Ersatz eines Bauteils
- Kalkulationszinssatz: zur Bestimmung des Zinsfaktors und für die Ermittlung der Barwerte
- zu erwartende Preisentwicklung: für eine bestimmte Kosten- oder Ertragskategorie während der Betrachtungsperiode
Der neue LCC-Leitfaden greift die genannten Berechnungsparameter auf und erläutert ihre Wirkungsweisen. Darüber hinaus liefert er auch Hinweise, welche Annahmen im Allgemeinen anzusetzen sind.
Planung der Lebenszykluskosten
In aktuellen Honorarordnungen ist die Lebenszykluskostenplanung nicht enthalten. Doch an verschiedenen Stellen gibt es Hinweise auf eine Wirtschaftlichkeitsbeurteilung, die auch mit Hilfe der Lebenszykluskosten ermittelt werden kann. Der Leitfaden zeigt, wann und wie diese Kosten ermittelt werden können, indem er die Kostenplanung und die verschiedenen Stufen der Kostenermittlung beschreibt.
Die Lebenszykluskostenplanung lehnt sich an die Baukostenplanung an. Dabei ist vor allem der Dreiklang von Kostenermittlung, -kontrolle und -steuerung wesentlich. Je früher die Lebenszykluskostenplanung zum Einsatz kommt, beispielsweise bereits im Wettbewerb, desto grösser ist ihr Einfluss auf die Gesamtkosten einer Immobilie. Eine getrennte Betrachtung zwischen Lebenszykluskosten und Investitionskosten ist wenig sinnvoll, da beide miteinander zusammenhängen.
Für Auftraggeber ist es ratsam, die Lebenszykluskosten als Teil der Baukosten zu verstehen und die Planung in gleicher Weise zu beauftragen. Es gibt bereits erste praktische Erfahrungen mit diesem Planungsprozess, wie das folgende Exempel zeigt.
BEISPIEL «Büro-, Lehr- und Laborgebäude GLC»
Das neue Büro-, Lehr- und Laborgebäude GLC an der Gloriastrasse in Zürich soll bis 2017 für rund 170 Millionen Franken gebaut werden. Aus dem Architekturwettbewerb, den die ETH Zürich Immobilien auslobte, ging das Projekt «Ammonit» von Boltshauser Architekten aus Zürich als Sieger hervor. Es überzeugte die Jury nicht allein durch gestalterische und funktionale Aspekte, sondern auch mit der frühzeitigen Beachtung der Investitions- und Lebenszykluskosten.
Seit der Wettbewerbsphase betrachten Planende und Bauherrschaft zusammen die Investitions- und Lebenszykluskosten, um frühzeitig auf Abweichungen vom Kostenplan reagieren zu können. So sprechen beide Seiten die gleiche Sprache, profitieren von einem gemeinsamen Kostenverständnis und können Missverständnisse ausschliessen, die oft aus einer separaten Betrachtung von Investitions- und Lebenszykluskosten entstehen.
Vergleiche noch nicht möglich
Ein wesentliches Manko bei der Ermittlung der Lebenszykluskosten sind fehlende Kennwerte, die eine Beurteilung von vergleich-baren Projekten erlauben würden. Vor diesem Hintergrund sollen zukünftig bereits realisierte ETH-Bauten mithilfe eines selbst entwickelten Tools dokumentiert werden. Ziel ist es, eine ETH-eigene Datenbank aufzubauen, die als Planungsgrundlage dient und Vergleichswerte für zukünftige Bauten liefert. Als nächster Schritt ist ein Projektdossier über das GLC-Gebäude geplant, das neben den Investitionskosten auch Aussagen zu den Lebenszykluskosten macht.