20 Jahre Berner Architektinnen und Planerinnen
Clubgespräch in der Weichenbauhalle der Uni Bern
Am 28. November 2012 feierte die Arbeitsgruppe Berner Architektinnen und Planerinnen (ABAP) ihren 20. Geburtstag. Der Verein wurde 1992 gegründet und hatte sich zum Ziel gesetzt, die Frauen zu sammeln, die als Architektinnen, Planerinnen oder in verwandten Berufen arbeiteten. Sie sollten in Jurys und Fachverbänden vertreten sein, um Einfluss bei den Behörden ausüben zu können.
20 Jahre später ist das festgelegte Ziel immer noch aktuell. Der Gründung des Vereins mit der Architektin Sylvia Schenk als erster Präsidentin war viel Erfolg beschieden: Die Anfangszahl von 50 Mitgliedern konnte bis 2012 auf 100 verdoppelt worden! Dies in einer Zeit, wo viele Vereine stets schrumpfen und ums Überleben kämpfen müssen. Gleich geblieben sind in den Grundzügen auch die Vereinstatuten, die nur nach und nach leicht angepasst wurden.
An Abend des 28. Novembers 2012 diskutierten unter der Leitung von DRS-Redaktorin und Moderatorin Katharina Kilchenmann Yvonne Hausammann, Sylvia Schenk, Barbara Schudel, Chantal Buchser und Agnete Skytte. Die drei ersten sind Gründungsmitglieder, Chantal Buchser und Agnete Skytte, die aus Dänemark kommt, vertreten die mittlere und neuere Generation. In den Verlauf der Diskussion wurden später die Jugendlichen Laura Alper und Fin Meuli, deren Mütter als Architektinnen Mitglieder des Vereins sind, mit einbezogen.
In diesem Gespräch wurden frühere Erlebnisse und Arbeitsbedingungen von Frauen im Architektinnenberuf diskutiert. Zudem sind Auszüge aus einer Tonbandaufnahme von Sylvia Schenk und Barbara Schudel aus einem Interview mit Sylvia Jost aus dem Jahr 1992 zu ähnlichen Fragen abgespielt worden.
Soziale Rezeption hinkt hinterher
Auffallend ist die Tatsache, dass sich die Thematik in 20 Jahren nicht gross verändert hat. Dank dem Engagement der ABAP-Gründerinnen und aller Nachfolgerinnen sind heute im Kanton Bern Architektinnen und Planerinnen häufiger in Gremien und Fachverbänden vertreten als früher, doch nicht immer und noch lange nicht so häufig wie ihre Berufskollegen.
Paradoxerweise ist es nicht die Akzeptanz auf der Baustelle, die Mühe macht Fachfrauen werden wohlwollend akzeptiert, wenn sie kompetent sind , sondern die soziale Rezeption: eine Frau von einem Mann begleitet wird immer als weniger einflussreich als dieser wahrgenommen, auch wenn dieser «nur» Lehrling des Büros der Architektin ist!
Die Akzeptanz seitens der Bauherrinnen scheint kein Thema und nie ein Thema gewesen zu sein. Viele Bauherren sind sogar erleichtert, wenn eine Architektin im Team mitmacht. Sie haben dann das Gefühl, dass ihre Anliegen besser wahrgenommen und umgesetzt werden. Frauen werden als sozial engagiert und kommunikativ wahrgenommen und oft, was die Wohnlichkeit betrifft, als kompetenter als ihre männlichen Kollegen. Auch diese Vorstellungen haben sich in den letzten 20 Jahren kaum verändert.
Fortschritte bei den Arbeitsbedingungen
Was sich aber eindeutig gewandelt haben, sind die Arbeitsbedingungen. Krippen und Tagesschulen gehören schon fast zur obligaten Grundausstattung jeder Gemeinde; und immer mehr Architekturbüros folgen dem Beispiel der öffentlichen Hand und stellen gerne Architektinnen auch in Teilpensen und im Jobsharing - ein. Die Arbeitszeiten sind flexibler geworden, und auch Männer mit Teilpensen zugunsten der Familie sind immer häufiger anzutreffen. Die Rolle einer angestellten Architektin scheint bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sogar attraktiver zu sei als diejenige einer selbstständigen Büroinhaberin; es sein denn, eine Frau führe das Unternehmen zusammen mit ihrem Partner, was eine grössere Flexibilisierung im beruflichen, familiären und privaten Bereich ermöglicht. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann also sowohl im privaten als auch im öffentlichen Rahmen erfolgen.
Dies sind alles in allem recht positive Nachrichten. Dass andere Entwicklungen aber auch eher negativ bewertet werden, zeigte das Schlussvotum der jungen Bauökonomin und Architektin Agnete Skytte, das die aktuelle Situation in Dänemark beleuchtete: Sie fand es schade, dass Dänemark maskulinisiert sei die Frauen hätten dort männliche Eigenschaften übernommen. In der Schweiz seien die Professoren an den Fachschulen zudem immer noch meistens Männer. Sie wünsche sich, dass Architektinnen vermehrt den Mut hätten, ihre Weiblichkeit zu zeigen und auszuleben.
Den Männern voraus sein
Die Gründerinnen gaben in ihren Voten der Hoffnung Ausdruck, dass die Fachgespräche im Verein immer an erster Stelle stehen mögen. Der Verein solle sich darauf konzentrieren, dass die Mitglieder gute Fachfrauen blieben und sogar noch besser würden. Warum den Männern nicht ein Stück voraus sein? Der Diskurs über die Sicherheit im öffentlichen Raum, der über gut zwei Jahrzehnten stark von engagierten Frauen in Fachkreisen um Architektur, Stadtplanung, Soziologie und Politik und natürlich auch im Verein geführt worden ist, sei der lebendige Beweis dafür. Dank dem Engagement dieser Frauen sei es heute eine Selbstverständlichkeit, dass öffentliche Räume wie Plätze, Parkanlagen, Parkhäuser oder Parkplätze so übersichtlich gestaltet würden, dass die Nutzerinnen sich zu jeder Tages- und Jahreszeit sicher fühlen könnten. Entgegen des Diktats der Congrès Internationaux d'Architecture Moderne (CIAM) hätten sie die Durchmischung der Stadt gefördert, nämlich das Neben- und Miteinander von Wohnen und Arbeiten, von Sport und Freizeit. Nur eine multifunktionale Stadt könne den Ansprüchen der Gesellschaft von heute und von morgen gerecht werden und genügend Sicherheit bieten: Der aktuelle Trend zur Rückmigration vom Land in die Stadt beweise dies - die Frauen hätten die Lage also seinerzeit richtig eingeschätzt und entsprechend gehandelt.
Nun sind alle gespannt, wie sich die ABAP im nächsten Jahrzehnt weiterentwickeln wird, jetzt da ein Generationenwechsel im Vorstand vollzogen worden ist; denn das ist das Erfolgsrezept des Vereins: mit der Zeit gehen, die wichtigen Fragen erkennen und eine einzigartige Plattform für Fachgespräche, Vernetzung und Berufsförderung anzubieten.