Auch er­neu­ern heisst er­hal­ten

Zum 10-Jahr-Jubiläum wurden vorbildliche Erhaltungsprojekte der Gebiete Ingenieurwesen, Architektur und Städteplanung jeweils mit einem ersten Preis gewürdigt. Aus der umfassenden Auseinandersetzung mit dem Bestand resultierten eigenständige Beiträge.

Publikationsdatum
08-04-2015
Revision
06-10-2015
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

Mit einer jährlich verliehenen Auszeichnung will die Fachgruppe FEB des SIA den Beitrag von Schulen und Studierenden zum Thema Bauwerkserhaltung würdigen. Werdende Architekten und Bauingenieure können für den Preis die Arbeiten ihres abgeschlossenen Bachelor- oder Masterstudiums einreichen.

Dieses Jahr sind 32 Beiträge eingegangen, davon 27 im Bereich Architektur und fünf im Bauingenieurwesen. Die Jury würdigte die qualitativ hochwertigen Analysen und Ideen mit drei ersten Preisen und vier Anerkennungen. 

Im Gegensatz zu den vergangenen zwei Auflagen wurde jedoch kein Projekt aus dem Gebiet Gebäudetechnik eingereicht, auch wenn zwei Gebäudetechniker im Vorstand sitzen. «Zurzeit gibt es leider nur ein Institut für Gebäudetechnik auf Hochschulebene. Seit einigen Jahren sensibilisieren wir die Dozenten auf das Thema der Bauwerkserhaltung», betont Urs Marti, Präsident der FEB. «Am Ende ihrer kurzen Lebenszyklen werden diese Installationen in der Regel systematisch ausgewechselt. Dagegen könnten sich Erhaltungsstrategien als kosten- und ressourceneffizienter erweisen.»

Genau hinsehen

Die erstplatzierten Arbeiten zeigen sehr unterschiedliche Ansätze in der Bauwerkserhaltung, wobei der Begriff teilweise nur am Rand tangiert wurde.

Die ingenieurmässige Analyse barockisierter Kirchendachstühle durch Florian Scharmacher kombiniert experimentelle Untersuchungen, statische Berechnungen und baugeschichtliche Recherchen. Dank der komplementären Annäherungsweise liessen sich die historischen Anpassungen des Tragwerks sowie später aufgetretene Schäden an der Stadtkirche St. Katharina in Kaiserstuhl nachvollziehen.

Beim neuen Bauen im historischen Kontext entwarf Pascal Wendel einen Ersatzneubau in einem organisch gewachsenen Ensemble in Steckborn. Nach einer typolo­gischen Studie der bestehenden Häuser liess sich eine Grammatik erkennen, aus der eine eigenstän­dige Lösung mit zeitgenössischen Mitteln entwickelt wurde. So etwa das schräg abfallende Faltdach, die Fassadenmaterialisierung mit Duripanel-Platten und die Neu­interpretation der gekammerten Grundrisse.

Bei Matthias Winter ist der Projektname Programm: «Sihl» steht für ein grossräumiges Gesamtkonzept, das Städtebau, Landschaft und Hydrologie gekonnt miteinander verknüpft. Aber was genau bleibt er­halten, wenn die Allmend neu als Reten­tionsraum dient, damit das «kulturlandschaftliche Element» Sihl für unterschiedliche Aktivi­täten nutzbar gemacht wird 

Das Jubiläum bietet Gelegenheit, den Begriff der Erhaltung auszuloten. «Erhalten im Sinne der SIA-Norm bedeutet nicht nur in­stand setzen, sondern auch erneuern und umnutzen. Dies bedingt vor allem eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Bestand», fasst Urs Marti zusammen. 

Doch der Preis würdigt nicht nur eine Haltung, die in der heutigen Zeit selbstverständlich sein sollte. Vielmehr zeigt er, dass eine akribische Bestandesaufnahme auch als Ausgangspunkt origineller Lösungen dienen kann.

1. Preise (je 1000 Fr.)


«Ingenieurmässige Analyse barockisierter Kirchendachstühle» (Masterthesis Ingenieurwesen), Florian Scharmacher, Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau
 

«Neues Bauen im historischen Kontext» (Masterthesis Architektur), Pascal Wendel, ZHAW
 

«Der Fluss- und Uferraum der Sihl in Zürich» (Masterthesis Architektur), Matthias Winter, ETHZ
 


Anerkennungen (je 500 Fr.) 


«Renaissance d’un monument Dakar» (Masterthesis Architektur), Damaris Barblan und Guillaume Hernach, EPFL
 

«Schichtwechsel – ehemalige Basaltstein AG Buchs SG» (Bachelorarbeit Architektur), Dinah Brütsch, Universität Liechtenstein
 

«Tragfähigkeits-Überprüfung einer bestehenden 100-jährigen Betonbogenbrücke» (Bachelorarbeit Ingenieur­wesen), Marco Cavegn, HSR Rapperswil
 

«Rethinking Kemptthal» (Bachelorsemesterarbeit Architektur), Lara Sciuto, Accademia di Architettura Mendrisio

Jury
 

Randi Sigg-Gilstad, Architektin ETH SIA / lic. phil. hist.

Theresia Gürtler-Berger, Architektin ETH SIA

Norbert Föhn, Architekt ETH SIA

Patrik Stierli, Gebäudetechnikingenieur FH, ETH

Urs Rinklef, Architekt FH SIA

Peter Baumberger, Architekt HTL SIA

Stefan Brücker, Physiker ETH SIA

Urs Marti, Bauingenieur ETH SIA

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