Bundesratsbotschaft zum öffentlichen Beschaffungsrecht
Möglichkeit, die Submissionsgesetze zu modernisieren
Der SIA unterstützt den Revisionsentwurf des Bundesgesetzes für das öffentliche Beschaffungswesen (E-BöB): Unterm Strich überwiegen die Vorteile.
Im Bestreben, die Korruption zu bekämpfen, hat die World Trade Organization (WTO) am 30. März 2012 das Übereinkommen zum öffentlichen Beschaffungswesen revidiert. Die Schweiz ist nun dabei, die Änderungen ins geltende Recht zu überführen. Die Botschaft des Bundesrats vom 15. Februar lancierte den dafür nötigen bundesparlamentarischen Prozess. Nach dem gescheiterten Revisionsversuch anno 2009 bietet sich nun erneut die Möglichkeit, die Submissionsgesetze zu modernisieren und der föderalistischen Regulierungsvielfalt Einhalt zu gebieten.
Gegenüber der Bundesratsbotschaft fehlt es nicht an kritischen Stimmen. Die Mehrheit jedoch erkennt darin die lang ersehnte Angleichung der föderalistischen Vergaberegularien und nicht zuletzt handfeste Fortschritte wie die Präzisierung des Planungs- und Gesamtleistungswettbewerbs auf Gesetzesstufe oder die Regelungen zu Register und Rahmenverträgen. Auch das Werweissen, ob der Dialog und somit der in der Praxis beliebte Studienauftrag nun rechtens ist oder nicht, findet ein Ende, erhält doch der Studienauftrag durch den neuen E-BöB-Artikel 24 nebst Legitimität jetzt auch eindeutige rechtliche Legitimation.
Für die Planer ernüchternd ist die Erkenntnis, dass die volkswirtschaftlich bedeutende Chance verpasst wird, dem Qualitätswettbewerb gegenüber dem Preiswettbewerb den Vortritt zu lassen. Dieser Paradigmenwechsel wird im E-BöB nicht vollzogen, was sich insbesondere im Diktum zum Artikel 41 «Zuschlag» unmissverständlich zeigt: Vergeben wird an das «wirtschaftlich günstigste» Angebot und nicht, wie von allen Planern mit Nachdruck gefordert, an das «vorteilhafteste». Die Erkenntnis, wonach der billigste Planer auf lange Sicht selten die günstigste Wahl ist, scheint bei den Behörden noch nicht durchgesickert zu sein. Auch in den Regeln des Ausstands vermisst der SIA nach wie vor ein entsprechendes operatives Verständnis im Zusammenhang mit dem Planungswettbewerb.
Es soll hier nicht unerwähnt bleiben: Wer im Entwurf des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (E-BöB) den Dreiklang der Planerbranche sucht, wonach intellektuelle Dienstleistungen gesonderte Beschaffungsformen bedingen und diese die SIA-Vergabeordnungen zum Planungswettbewerb, zum Studienauftrag und zur Leistungsofferte implizieren – der sucht vergebens.
Dominanz von Partikularinteressen
Auch Anhänger des angelsächsischen «One-In and Two-Out», wonach mit jeder neuer Regelung zwei obsolete abgeschafft werden, sehen sich durch das opulente Konvolut enttäuscht; die damit einhergehende Furcht vor weiteren Regulationskosten ist nicht von der Hand zu weisen.
Es besteht die Gefahr, dass ein Sperrfeuer von partikulären Interessen die Revision nach 2005 erneut in die Knie zwingt. Mit geeinter Stimme wird der SIA, zusammen mit der Allianz für ein fortschrittliches öffentliches Beschaffungswesen (www.afoeb.ch) und bauenschweiz, den Gesetzentwurf mit Nachdruck stützen. Dennoch wird der SIA die vorbereitenden Parlamentskommissionen auf das gewichtige Verbesserungspotenzial hinweisen: Dabei geht es nicht darum, die Pfründe der Mitglieder zu sichern, sondern wir wollen eine gebaute Umwelt, in der wir auch im Jahr 2050 gern leben.
Selbst wenn die Interventionen des SIA fruchten, darf nicht vergessen werden, dass die Vergabepraxis nebst dem Vergaberecht von der lokalen Vergabekultur geprägt ist: Hier liegt viel im Argen. Der SIA wird nach der Revision weiterhin für die Vergabeordnungen und deren Umsetzung weibeln müssen.