Das Quartierstadion
Die Badarchitektur und auch Eishallen setzen traditionell auf Holz. In der Stadt Zürich wurde ein kombiniertes Sportzentrum eröffnet, das den leichten Baustoff als Klammer nutzt. Das Dach ist ein gestalterisches und konstruktives Schwergewicht.
Zürich ist nah am Wasser gebaut: Ein See und zwei Flüsse laden mittendrin zum freien oder beaufsichtigten Planschen und Baden. Die Aussenquartiere sind zudem mit sieben Freibädern bestückt. Vor 75 Jahren wurde das erste im Allenmoos an der Grenze zu Oerlikon gebaut. Das berühmteste stammt von Max Frisch, Schriftsteller und Architekt des Freibads Letzigraben.
Derweil wird das Rennen um die schönste Badi eben neu lanciert: Nach zweijährigem Umbau mit Erweiterung geht das Freibad Heuried im Stadtteil Wiedikon nächstens wieder in Betrieb. Bereits der Eingangsbereich bietet einen für Zürichs Sportstätten unüblich grosszügigen und gut organisierten Empfang. Der Hauptzugang erfolgt über eine Rampe, die seitlich und von oben durch eine grosse Halle einladend eingerahmt und räumlich gefasst wird. Zuvor war das «Heuried» im Sommer ein Bad und im Winter ein öffentliches Eisfeld. Neuerdings weist das von der Stadt in einem Architekturwettbewerb bestellte Sportzentrum eine ganzjährig geöffnete Trainingshalle für Eiskunstläufer und Hockeyteams auf.
Badehaus oder Eishalle?
Zur Kombination der beiden unterschiedlichen Sportinfrastrukturen haben die Projektverfasser EM2N den Holzbau als gestalterische und konstruktive Klammer gewählt. Der Hallenneubau enthält hybrid nutzbare Bereiche, trägt aber eine rundum einheitliche Aussenwand zur Schau. Die Schalung aus weiss lasiertem Fichtenholz ist locker angeordnet; das darüberliegende Fensterband unterstützt das vertikale Relief. Das Dach bietet ebenso auf allen vier Seiten Unterstand, wobei es die Südseite des Baukörpers bis um 17 m überragt.
Darunter verbindet eine massive Galerie- und Stegkonstruktion das Gebäude mit den Liegewiesen; mit der Holzfassade im Hintergrund entsteht das Bild einer eleganten Badehausarchitektur. Ebenso gelungen scheint der städtebauliche Spagat, das rund 5000 m2 grosse Eisstadion in das umliegende, eher beschauliche Wohnquartier einzupassen. Die Höhe liegt unter 10 m und wird vom benachbarten Bestand teilweise überragt.
Roher Innenausbau
Den prägendsten Eindruck vermittelt das schwebende Vordach, das die Eingangsrampe auf transparente Weise schützt. Die Untersicht ist mit grossflächigen Oberlichtern versehen. Die verkleideten Rippen dazwischen verbergen die imposante Dachkonstruktion. Diese besteht aus insgesamt acht Brettschichtträgern, die jeweils 30 m lang und am Scheitel 2.4 m mächtig sind. Gemeinsam formen sie ein leicht geneigtes Satteldach, das sich auf Betonpfeiler abstützt. Die Auflagepunkte befinden sich jeweils in der Mitte und hinten, sodass das auskragende Vordach statisch einfach verankert ist.
Der darunterliegende, vordere Gebäudeteil enthält gemeinsam nutzbare Räume des Sportzentrums wie Kasse, Restaurant und Garderoben, wobei der Innenausbau vornehmlich mit Beton- und Kalksandstein von rohem Charakter erfolgt. Aus Brandschutzgründen sind die Holzbauteile und -oberflächen, besonders die selbsttragende Aussenhülle, inwendig verputzt.
Über dem Treppenhaus wird das Dach nochmals gestalterisch thematisiert: Im Entwurf war ein Oblicht vorgesehen; daraus ist ein Kunst-am-Bau-Projekt mit farbiger Verglasung und Lichtspiel im Erschliessungskern der Eishalle geworden. Letztere liegt im hinteren Teil der Heuried-Halle. Das Innere ist im Gegensatz zum öffentlich zugänglichen, vorderen Bereich auf das materialmässig Nötigste und klimatisch bedingt Erforderliche reduziert.
Statische Überbrückung
Der gemischt nutzbare und hybrid materialisierte Neubau ist auch konstruktiv zweigeteilt. Dem auskragenden Satteldach folgt ein zweites mit etwas grösserer Spannweite, aber ebenso schlankem Aufbau im hinteren Gebäudebereich. Über das 29 m breite Eisfeld sind Brettschichtträger mit knapp 35 m Länge gespannt und an der Aussenwand jeweils auf eine Betonstütze abgestellt. Gegenüber befindet sich allerdings eine kleine Zuschauertribüne – hier wären Stützen störend gewesen.
Die vertikale Abstützung ist daher weiter ins Gebäude gerückt; die Spanne zwischen Betonpfeiler und Dachträger wird nun statisch mit einer Spange aus Holz- und Metallstreben überbrückt. Diese Spezialkonstruktion ist mit den aussenliegenden Dachachsen verbunden und bildet die ebenfalls sattelförmige Dachmitte. Der Platz darunter ist mit Technikräumen ausgefüllt.
Am Bau Beteiligte
Bauherrschaft
Stadt Zürich, Amt für Hochbauten, Zürich
Architektur
EM2N, Zürich
Tragwerk
Schnetzer Puskas Ingenieure, Zürich
Tragwerk Holz
Pirmin Jung Ingenieure, Rain
Holzbau
Zaugg, Rohrbach
Landschaft
Balliana Schubert, Zürich
Weitere Informationen
Gebäude
Eishalle, Badehaus, Garderoben, Restaurant, Rampe, Eingangsbereich
Grundstücksfläche (SIA 416): 23 363 m²
Gebäudevolumen (SIA 416): 54 522 m3
Auszeichnung: HSH (Herkunftszeichen Schweizer Holz)
Holz und Konstruktion
Aussenwände: vorgefertigter Holzrahmenbau, zweiseitig beplankt und gedämmt
Primärtragwerk Dach: Vollwandträger in Brettschichtholz GL28, 280 m2
Fassade/-schalung: 1020 m2, Fichte/Tanne
Untersichten, Dachöffnungen/-ränder: 1900 m2
Total Brettschichtholz GL 24/28: 550 m3, Fichte/Tanne
Daten
Bauzeit: März 2015 – Herbst 2017 (Eishalle) und Frühling 2018 (Badeanlage)
Vorfertigung: 4 Monate
Montage: 13 Wochen ohne Verkleidung
Kosten
Dachtragwerk, Aussenwände und Holzbekleidung: 3.5 Mio CHF
Der Artikel ist erschienen im Sonderheft «Stadt aus Holz III – Megatrends als treibende Kräfte», ein Projekt im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und in Zusammenarbeit mit Wüest Partner.
Weitere Artikel mit zusätzlichen Bildern und Plänen sowie weitere Beiträge zum Thema Holz haben wir in einem E-Dossier zusammengestellt.