Der Unort wird ein Platz
Projektwettbewerb Brunnen am Utoquai, Zürich
Die Wasserversorgung Zürich spendiert anlässlich ihres 150. Bestehens einen Jubiläumsbrunnen. Durchgesetzt hat sich der sinnlich-elegante Entwurf von Timon Reichle.
Ungewöhnlich ist es schon, wenn ein Jubilar zum Geburtstag seine eigenen Gäste beschenkt. Ungewöhnlich, charmant, aber in diesem Fall auch ein wenig Pflästerlipolitik: Statt eines Brunnens war 2013 an gleicher Stelle noch eine ganze «Riviera» geplant. Das Projekt wurde redimensioniert, die Ausführung ist für 2019/20 vorgesehen.
Zürich gilt als brunnenreiche Stadt: Über 1200 Exemplare befinden sich hier, und alle bieten Trinkwasserqualität. Der neue Brunnen soll die sogenannte «Hungerinsel», den dreieckigen Platz zwischen Uto- und Limmatquai, zum Begegnungsort aufwerten.
Beliebte Aufgabe
Der Projektwettbewerb wurde zweistufig im offenen Verfahren durchgeführt, dementsprechend zahlreich waren die Eingaben. Angesprochen waren Gestalterinnen und Gestalter aus den Bereichen Kunst, Architektur, Landschaftsarchitektur, Ingenieurwesen und Design. Von 137 Entwürfen schafften es sieben in die zweite Runde, drei davon wurden letztendlich prämiert. Alle drei zeichnen sich durch einen verspielt-sinnlichen Zugang zum Thema Wasser aus. Die ebenfalls geforderte Funktionalität – 24-Stunden-Betrieb, Trinkwassermöglichkeit, unterhaltsfreundliche und chemikalienbeständige Materialisierung – trat jeweils in den Hintergrund.
Selbstverständlich schön
Am überzeugendsten fand die Jury den Beitrag «Sardona» vom Team um Timon Reichle. Der Entwurf integriert sich in das bereits bestehende Vorprojekt für die Umgestaltung von Uto- und Limmatquai. Die Autoren platzieren eine flache, leicht ausgehöhlte Terrazzoschale mit leicht verzogenem ovalem Grundriss an die nördliche Spitze der Hungerinsel. Zwei Messingrohre spenden Wasser: Ein niedriges gewährt Zugang zum Trinkwasser, das grosse, ca. 2.50 m hohe Rohr schiesst das Wasser in die Luft. Das Plätschern und die Wellen beim Zurückfallen inszenieren einerseits das Thema Wasser, andererseits erhält der Brunnen so eine raumgreifende Dreidimensionalität.
Die Details sind so einfach wie raffiniert: So fliesst das ablaufende Wasser subtil und doch ganz selbstverständlich über die tiefste Stelle der Schale, wo es zwischen der geplanten Pflästerung scheinbar im Boden versickert. Die Form reagiert aber auch auf die städtebauliche Situation: Zum stark befahrenen Limmatquai liegt die Kantenhöhe bei 1 m, zum Wasser hin ist sie flacher ausgeprägt.
Man darf sich freuen. Das geplante Wasserspiel – das tatsächlich zum Spielen einlädt – hat das Potenzial, die Verbindung von Altstadt und Fluss zu stärken. Aus dem Unort kann ein Platz werden.
Weitere Pläne und Bilder finden Sie in der Rubrik Wettbewerbe.
Auszeichnungen
1. Rang, 1. Preis: «Sardona»
Timon Reichle, Zürich; Aubry Sculptur, Ilanz; Jans – Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum, Zürich
2. Rang, 2. Preis: «Im Brunnen»
Isidor Burkhardt, Basel; Aqua Transform, Gossau
3. Rang, 3. Preis: «Basaltguss»
Marcel Jäggi und Reto Müller, Stein am Rhein; Kalenborn International, Vettelschloss (D); Kunstgiesserei St. Gallen
Fachjury
Günther Vogt, Landschaftsarchitekt, Zürich (Vorsitz)
Cécile Wick, Künstlerin / Fotografin, Zürich
Bernhard Liechti, Amt für Städtebau Zürich und Mitglied der Arbeitsgruppe Kunst im öffentlichen Raum