Erkenntnisse aus vier Jahren Landschaftskonzept Schweiz
Die Schweizer Landschaften sind vielfältig, stehen jedoch unter Druck. Regional charakteristische Landschaftselemente, baukulturelle Qualitäten und natürliche Lebensräume für Pflanzen und Tiere gehen verloren. Um diesem Verlust zu begegnen, legt das Landschaftskonzept Schweiz (LKS) als Planungsinstrument des Bundes den Rahmen für eine kohärente und qualitätsbasierte Entwicklung der Schweizer Landschaften fest.
Das LKS definiert für die Behörden verbindliche Ziele für die Landschaftsentwicklung wie etwa, Siedlungen qualitätsorientiert zu verdichten, Eingriffe in die Landschaft sorgfältig vorzunehmen, die landschaftliche Vielfalt zu fördern sowie den regionalen Landschaftscharakter aufzuwerten. Ein breiter Kreis von Akteuren (Bundesämter, Kantone, Gemeinden, Fachverbände wie auch der SIA begleiten die Umsetzung.
➔ Das Landschaftskonzept Schweiz (LKS) ist ein behördenverbindliches Konzept nach Art. 13 Raumplanungsgesetz und das Planungsinstrument des Bundes für Natur und Landschaft. In den strategischen Zielsetzungen und den raumplanerischen Grundsätzen wird die übergeordnete Ausrichtung der Landschaftspolitik des Bundes festgelegt. 14 Landschaftsqualitätsziele bilden den inhaltlichen Rahmen und unterstützen die landschaftsrelevanten Akteurinnen und Akteure auf Ebene Bund, Kantone und Gemeinden dabei, hohe Landschaftsqualitäten zu erreichen. Die Sachziele des LKS sind auf 13 Politikbereiche aufgeteilt und konkretisieren die Landschaftsqualitätsziele. Zur Unterstützung der Umsetzung der Sachziele enthält das LKS einen Massnahmenplan.
An seiner Sitzung vom 8. März 2024 nahm der Bundesrat den «Bericht zur Umsetzung des LKS 2020-2023» zur Kenntnis. Dem Bericht zufolge sind die Ziele des LKS nach wie vor aktuell, und die vorgesehenen Massnahmen leisten einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Konzepts.
Synergien nutzen und sektorübergreifend zusammenarbeiten
In vielen Sektoralpolitiken sind die LKS-Ziele verankert, ihre Erreichung wird mit verschiedenen Projekten und Ansätzen unterstützt. Einige Beispiele können für SIA-Mitglieder in ihrem beruflichen Wirken von besonderem Interesse sein:
- Naturbasierte Lösungen fördern: Im Rahmen des laufenden Pilotprogramms Anpassung an den Klimawandel des BAFU wird deutlich, dass Anpassung an den Klimawandel und qualitätsvolle Landschaftsentwicklung oft Hand in Hand gehen. Bäume und Grünflächen im Siedlungsraum mindern nicht nur die Hitze, sondern werten diesen auch ökologisch und ästhetisch auf. Aus dieser Synergie ergeben sich Mehrwerte für die Legitimation, die Projektausarbeitung und die Finanzierung.
- Landschaftswerte bieten Potenzial für regionale Entwicklung: Auf Natur- und Landschaftswerten basierende Projekte der regionalen Entwicklung können mit Mitteln der neuen Regionalpolitik NRP unterstützt werden.
- Landschaft wird als wichtige Rahmenbedingung des Tourismus anerkannt: 2021 hat der Bundesrat die aktualisierte Tourismusstrategie des Bundes verabschiedet. Landschaft und Baukultur geniessen darin einen hohen Stellenwert. In Kooperation mit dem BAFU und dem BAK hat das SECO als federführendes Amt ein Grundlagenpapier zur landschaftlichen und baukulturellen Qualität als Potenzial für den Tourismus erarbeitet. Eine weitere wichtige Grundlage ist das Handbuch Nachhaltigkeit in Schweizer Tourismusdestinationen. Inspirierende Thesen enthält der Bericht zur Chance Landschaft.
- Hohe Landschaftsqualitäten tragen zur Gesundheit bei: Die Gesundheitspolitische Strategie des Bundesrats 2020–2030 enthält eine Stossrichtung «Erhalt und Förderung von Natur- und Landschaftsqualitäten». Gesundheitsförderung und nachhaltige Naherholung gehen Hand in Hand. Dies wird beispielsweise im Leitbild für bewegungsfreundliche Freiräume konkretisiert.
- Landschaftsberatung unterstützt Gemeinden und Regionen: Während Städte bei der Förderung von Landschaftsqualitäten bereits stark sensibilisiert sind, gibt es insbesondere in Agglomerations- und Landgemeinden Potenzial. Professionelle externe Beratungen können auch zu einer objektiven Auseinandersetzung mit Spannungsfeldern zwischen Schutz- und Nutzungskonflikten beitragen. Gute Beispiele gibt es zuhauf, z.B. auf densipedia.ch (Innenentwicklung), Baukultur Schweiz oder coord21.ch (Kommunikation und Umsetzung von Konzepten).
Das BAFU hat dazu im Rahmen eines Pilotprojekts das Impulsprogramm «Landschaftsberatung» gestartet. Ein Pool von Landschaftsexpertinnen und -experten steht den Gemeinden für Fragen an der Schnittstelle zwischen Raumplanung und Landschaft beratend zur Seite. Bis Ende 2024 können Gemeinden gratis Impuls-Landschaftsberatungen abrufen, ab 2025 werden diese vom Bund noch hälftig mitunterstützt werden.
Erfolgsfaktoren der Umsetzung
Besonders hervorgehoben werden kann der sektorübergreifende und partnerschaftlich geführte Umsetzungsprozess mit regelmässigen Veranstaltungen sowie einem jährlichen einfachen Reporting. Dies unterstützt die landschaftsrelevanten Bundesstellen dabei, Verantwortung für ihre LKS-Ziele zu übernehmen und sie beim Weiterentwickeln ihrer Politiken umzusetzen.
Mit den drei raumplanerischen Grundsätzen und den sieben Qualitätszielen für spezifische Landschaften in einer «Raumtypologie»-Logik gelingt es, das LKS gut in der kantonalen Raumplanung zu verankern. Dies zeigen die Arbeiten der Kantone, die die LKS-Ziele in ihren Landschaftskonzeptionen sowie ihren Naturschutzplanungen und gestützt darauf in den kantonalen Richtplänen berücksichtigen. Das Berücksichtigen der LKS-Ziele in der Raumplanung auf der kommunalen Ebene kann laut Evaluation der Pilotprojekte zur Landschaftsberatung durch eine einfach zugängliche Landschaftsberatung effizient unterstützt werden.
Der Austausch von guten Beispielen zum Umsetzen der LKS-Ziele ist ebenfalls ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die vorgestellten vorbildlichen Ansätze regen andere Akteurinnen und -akteure für eigene Aktivitäten an. Veranstaltungen wie die LKS - Akteursforen sowie Artikel und Publikationen unterstützen dies. Vor allem der persönliche Austausch bietet die Gelegenheit, das gemeinsame thematische Verständnis zu schärfen und Synergien zu identifizieren und wo immer möglich zu nutzen. Das Thema Landschaft stellt so auch eine gute Möglichkeit dar, über Sektorgrenzen hinweg zusammen zu arbeiten und effizient gute Lösungen zu erreichen.
Zum Beispiel Lostorf SO
Vor der anstehenden Ortsplanungsrevision will die Gemeinde Lostorf SO ihre räumlichen Stärken und Schwächen durchleuchten. Eine kostenlose Impuls-Landschaftsberatung mit Nico Lehmann von SKK Landschaftsarchitekten zeigte, welche Fragen und Instrumente am Anfang einer hohen Lebensqualität stehen.
Nach der Bedarfsklärung wurden gemeinsam die identitätsstiftenden Landschaftsqualitäten analysiert: Der Lostorfer Bach als lebendiges Element im Dorf und natürliche Struktur am Siedlungsrand, ein grüner Ring mit einem spannenden Kontrast von strukturreicher/kleinteiliger und offener/weiträumiger Landschaft, die imposante Kulissenbildung durch den Jura sowie wertvolle Trockenstandorte. Diesen räumlichen Qualitäten gilt es in der Ortsplanungsrevision grosse Bedeutung beizumessen.
Wichtig ist weiter die Mitwirkung: Die Gemeinde möchte die Ortschaft gemeinsam mit der Bevölkerung attraktiver gestalten. Die Landschaftsberatung trägt dazu bei, dass die Ortsplanungsrevision für ein attraktives, lebenswertes Lostorf gelingt.