Gu­te Vor­bil­der, kaum nach­ge­ahmt

Der Baustoff Holz kann einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Bauen leisten. Warum kommt er nicht häufiger zum Einsatz? Eine Swissbau-Veranstaltung der Lignum widmete sich dieser Frage anhand von drei bemerkenswerten Projekten.

Publikationsdatum
22-01-2020

Ebenso wie Printmedien stehen auch klassische Messen vor der Herausforderung, ihre Rolle in einer digitalisierten Welt neu zu definieren. Die Swissbau in Basel tut es mit einem von Mal zu Mal wachsenden Rahmenprogramm, dem Swissbau Focus: Rund 80 Fachveranstaltungen gingen heuer innerhalb von fünf Tagen über die Bühne. Dabei wurde eine beachtliche Menge von Informationen vermittelt, diskutiert und wiederholt, in unterschiedlicher Qualität zwar, aber – und das hob die diesjährige Swissbau angenehm von den letzten Austragungen ab – in überwiegend konstruktiver Art und Weise. Trotz einem ausgeprägten Bewusstsein für den Handlungsbedarf in der Baubranche (etwa in Bezug auf Energiefragen, Klimawandel oder Digitalisierung) war die Stimmung überwiegend positiv: Es ging um Lösungen, Ideen und Inspiration. Und eben auch darum, wie man diesen zu einer möglichst raschen Verbreitung verhelfen könne.

Tiefer Marktanteil trotz hehren Absichten

Dies war denn auch eine der zentralen Fragen bei der Veranstaltung «Nachhaltig Bauen? Holz ist das Material der Wahl!»Warum wird nicht mehr mit Holz gebaut? Gute Argumente gäbe es viele. Zum einen die ökologische Nachhaltigkeit: Holz wächst nach, ist natürlich und lokal verfügbar, bindet CO2und enthältwenig graue Energie. Auch in Bezug auf die Wiederverwendung bzw. die Kaskadennutzung lässt der Holzbau auf gute Lösungen hoffen, obwohl in diesem Bereich noch sehr viel zu tun bleibt. Zum anderen gibt es ökonomische Vorteile: Weil Holz seit jeher Vorfabrikation voraussetzt, ist die Digitalisierung der Planungs- und Bauprozesse hier weiter fortgeschritten als bei anderen Bauweisen, was wiederum eine präzisere Planung und Ausführung, kürzere Bauzeiten, eine optimierte Baustellenlogistik, kleinere Lagerflächen auf der Baustelle und letztlich eine frühere Rendite ermöglicht. 

So ist es doch erstaunlich, dass bei Neubauten der Anteil von Holz am Gesamtverbrauch von Baustoffen weniger als 10% beträgt (vgl. «Stadt aus Holz – Megatrends als treibende Kräfte»)Zwar sind die Zahlen in den letzten Jahren gestiegen; insbesondere seit der Revision derSchweizerischen Brandschutzvorschriften 2015 werden vermehrt auch höhere Bauten und Hochhauser in Holzbauweise errichtet. Bei Umbauten liegt der Marktanteil von Holz deutlich über 40%. Dennoch gilt der Holzbau offenbar weiterhin als etwas exotisch, trotz seiner jahrhundertealten Tradition. Ungeachtet aller öffentlichen Bekenntnisse zu Energiestrategie und Klimaschutz scheinen in der Praxis die Bedenken zu überwiegen.

Interessanterweise spricht der Holzbau zurzeit vor allem Städter an: Über 70% der Investitionen, die 2015–2017 in den Rohbau von Holzbauten flossen, wurden urbanen Räumen getätigt. Nur wenige Akteure wagen sich an den Holzbau in grossem Stil: Neben Genossenschaften und lokal verankerten Institutionen sind es vor allem Investoren, die sich vom nachhaltigen Bauen einen langfristigen Vorteil auf dem Immobilienmarkt versprechen. Einige von ihnen haben in den letzten Jahren ihr Portfolio medienwirksam mit Bauten komplettiert, die die Vorgaben der 2000-Watt- bzw. 1-Tonne-CO2-Gesellschaft erfüllen.

Ohne gute Partner geht nichts

Vor diesem Hintergrund wirkten die Projekte, die an der Lignum-Veranstaltung präsentiert wurden, wohltuend selbstverständlich und unaufgeregt. Dan Schürch (Duplex Architekten, Zürich) berichtete über das Wohnhochhaus Pi, das in der Stadt Zug gebaut werden soll: Kriterien der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit waren bereits im Wettbewerbsprogramm integriert. Boris Brunner (Weberbrunner Architekten, Zürich) und Christian Hagmann (Vertreter der Bauherrschaft) erläuterten gemeinsam den Neubau auf dem Hagmann-Areal in Winterthur. Der Holzbauingenieur Peter Makiol (Makiol Wiederkehr, Beinwil am See) schliesslich sprach über das Gemeinschaftshaus St. Ursula in Brig. 

Und die Erkenntnisse? Alle vier Referenten betonten, dass ein moderner Holzbau – richtig geplant und ausgeführt – unterm Strich nicht teurer sei als eine vergleichbare Massivkonstruktion. Entscheidend seien aber eine sorgfältige Planung, eine engagierte Bauherrschaft mit hoher Bestellerkompetenz und eine enge partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen allen am Bau Beteiligten. Inder anschliessenden Diskussion mit Achim Schafer (Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundesamt für Umwelt Bafu) als fünftem Teilnehmenden umfasste das Gespräch weitere Glieder der Wertschöpfungskette im Holzbau. So stellte sich etwa die Frage, wie man lokale Ressourcen besser nutzen und Schweizer Holz vermehrt zum Einsatz verhelfen könne. Dabei sorgte der Hinweis auf das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen BöB für vorsichtigen Optimismus: Immerhin ist unter den 19 Zuschlagskriterien auch die Nachhaltigkeit aufgeführt. Nun gilt es wohl, die Chance zu packen.

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