Herz­blut und Aus­tausch auf Au­gen­hö­he

Partizipation macht Baukultur

In der Fachwelt ist Partizipation nicht immer beliebt. Gern heisst es, sie steigere die Akzeptanz von Projekten. Richtig eingesetzt, verbessert sie jedoch vor allem die Qualität.

Publikationsdatum
13-09-2018
Revision
13-09-2018

Partizipation ist in aller Munde. Die europäischen Kulturminister erklärten Ende Januar 2018 in Davos, dass eine hohe Baukultur «die Beteiligung der Zivilgesellschaft sowie eine umfassend informierte und mündige Öffentlichkeit» braucht. Das Gottlieb Duttweiler Institut veröffentlichte Ende Mai 2018 die Studie: «Die neuen Freiwilligen. Die Zukunft zivilgesellschaftlicher Partizipation». Die Studie betont, dass der «Anspruch auf Mitsprache und Mit­bestimmung» steigt. Freiwillige sollten «gemeinsam über Ziele dis­­ku­tieren, statt nur vorgegebene Aufgaben auszuführen». Dazu gehöre auch die «gemeinsame Definition von Regeln».

Partizipation als ­Qualitätsinstrument

Unter dem Titel «Partizipation macht Baukultur» ging eine gemeinsame Veranstaltung der Nationalen Informationsstelle zum Kulturerbe, des ArchitekturForums Bern und des SIA am 28. August 2018 im Kornhausforum Bern der Frage nach, wie vielfältig und wie voraussetzungsreich gelungene Partizipation ist. Judith Sandmeier vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege stellte das vor drei Jahren eingeführte «Kommunale Denkmalkonzept» vor, das auf eine intensive Bürgerbeteiligung setzt. Im niederbayerischen Viechtach erwies sich eine doppelte Kartierung als besonders fruchtbar – einmal durch die Planer, einmal durch die Bürger.

Fachleute und Bewohner hielten fest, welche Orte im Stadtraum für sie erhaltenswert sind. Während die Experten den Blick auf Bauliches und Räumliches richteten, urteilten die Nutzer eher aus persönlichem Empfinden. Die unterschiedlichen Perspektiven führten zu überraschend grosser Übereinstimmung. Teilweise ergaben sich aus den Beobachtungen der Bewohner Anregungen für die Fachleute.

Benjamin Meyer vom Kanton Zürich berichtete über das Beteiligungsverfahren zur Zukunft des Kasernenareals in Zürich. Exkursionen auf dem ­Gelände, Tischgespräche und Plenumsveranstaltungen verdich­teten sich in Wortwolken, die den Wunsch nach einem Stadtpark offenbarten. Um möglichen Frustrationen von vornherein vorzubeugen, legten Kanton und Stadt Zürich vor dem Beteiligungsverfahren die Spielregeln und Rahmenbedingungen fest. Ziel des Verfahrens war nicht primär, die Akzeptanz zu erhöhen, sondern die Qualität der Planung zu verbessern. Die Vorbehalte gegen Partizipation seien bei vielen Fachleuten in der Verwaltung und bei vielen Architekturbüros jedoch nach wie vor gross.

Austausch auf Augenhöhe

Ein eher unternehmerisches Modell der Partizipation präsen­tierte Marc Guggenbühler vom Ge­ne­rationenhaus «Kreuz» in Herzo­gen­buchsee BE. Um ­einen alten Gasthof zu retten, gründete ein zehnköpfiges Projektteam eine AG, begeisterte mit seinem Nutzungs- und Betriebskonzept Gemeinderat, Bürger und Mäzene und trieb so 5.5 Mio. Franken auf, davon 1.5 Mio. durch eine öffentliche Aktienzeichnung. Nach einem personellen Wechsel in der Denkmalpflege war es ausserdem möglich, den bis dahin als unantastbar geltenden Dachstock in die Planung einzube­ziehen. Das vor einem Jahr eröffnete Generationenhaus ist ein voller Erfolg. Anfangs fühlten sich die Macher jedoch nicht ganz ernst genommen. Fazit: Partizipation braucht Herzblut und einen Austausch auf Augenhöhe.
 

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