Ku­bus oder Kup­pel

Ausstellung «Moscheen - Perspektiven einer Bauaufgabe» in der ifa-Galerie Berlin

Die neue Ausstellung «Moscheen - Perspektiven einer Bauaufgabe» in der ifa-Galerie Berlin illustriert die architektonische Anpassungsfähigkeit des Islam bei der Glaubensausübung.

Publikationsdatum
10-05-2012
Revision
25-08-2015

Eine Moschee ist ein Gebetsort – die Gläubigen müssen beim Gebet Mekka zugewandt sein, andere Bauvorschriften gibt es nicht. Vor dem Hintergrund der Konflikte in Mitteleuropa beim Bau von Moscheen überrascht das zunächst. Dass die Bauaufgabe einer Moschee eine differenzierte und vielfältige Interpret­ation zulässt, zeigt eine Ausstellung des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa). Der Bau von Moscheen, das wird sichtbar, gründet auf Bautraditionen der Länder, in denen der Islam die beherrschende Religion war und ist. Im Dienste einer Bindung an diese Traditionen und damit an die Geschichte der Re­ligion werden für den Moscheenbau oft traditionelle Motive verwendet; zwingend ist dies aber nicht. Die gut dokumentierten Bauten aus aller Welt bedienen sich beispielsweise im US-amerikanischen Albuquerque der Motive der Industriearchitektur, in Singapur eines selbstbewussten Technizismus. Andere Architekten verarbeiten das Thema der Kuppelschale, so der deutsche Architekt Paul Böhm beim Bau des Islamischen Kulturzentrums in Köln (2012). Für den hypothetischen Standort bei der Kornhausbrücke in Zürich entwarfen Frei und Saarinen 2010 als These ein provokatives Bauwerk, das die Ergebnisse der 2009 angenommenen Volksinititative umgeht und ganz legal ein Minarett sichtbar macht: als Negativform in einem Hochhaus. Weil es keine aus der Religion abgeleiteten Bauvorschriften gibt, können Muslime ihren Glauben ausüben, ohne dass dies im Stadtraum wahrgenommen wird – das verdeutlicht exemplarisch eine Kartierung religiöser Orte für Muslime in Stuttgart, deren überraschende Dichte in anderen Städten ähnlich sein dürfte. Fotos von Wilfried Dechau veranschaulichen den Alltag der Moscheen im Hinterhof und in Gewerbegebieten. Die Anpassungsfähigkeit des Islam zeigen zwei künstlerische Arbeiten: Die in Sarajevo geborene Architekturhistorikerin Azra Akšamija, die heute am MIT in Cambridge (USA) lehrt, führt vor, wie dieselbe Kleidung sowohl als Dirndl als auch für das Gebet verwendet werden kann. Der in Kairo lebende Künstler Tarik Sadouma und sein Berufskollege Bastiaan Franken aus Amsterdam dekorierten 2001 einen Gebetsraum in Amsterdam mit einem Ornament, in dem der Name Allahs die Typografie der niederländischen Supermarktkette Albert Heijn parodiert.

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