Luxus brennt anders
Sonderlösungen auch beim Brandschutz: Simulationen und Feldversuche überzeugten die Behörden, gewisse Brandschutzregeln im Neubau der Messe aufzuheben. Ganz ohne Vorschriften geht es aber nicht strenge Richtlinien beim Standbau sollen die Sicherheit im Betrieb gewährleisten.
Der Neubau der Messe Basel umfasst eine Nutzfläche für Gastronomie, Ausstellungs- und Eventzwecke von 38.000m2. Die gesamte Ausstellungsfläche beträgt 141.000 m2. Die während des Messebetriebs anzunehmende Personenbelegung wurde basierend auf Besucherstatistiken mit 0.35 Pers./m2 Bruttoausstellungsfläche festgelegt, in den Ausstellungsgeschossen ist jeweils mit rund 5000 Besucherinnen und Besuchern zu rechnen. Im EG befindet sich zudem eine multifunktionale Eventhalle, die mit mobilen Trennwänden unterteilt wird und für Veranstaltungen mit bis zu 2500 Personen genutzt werden kann. In den Randzonen des Messeplatzes, der City-Lounge, befinden sich die Eingangsfoyers Nord und Süd, mit jeweils einer Galerieebene. Dazu kommen von aussen zugängliche, fremdvermietete Drittnutzungen für Gastronomie und Verkauf. Die neue Messe ist als bauliche Anlage mit Räumen mit grosser Personenbelegung zu beurteilen. Von einer zusätzlichen Einstufung in die Kategorie «Hochhaus» konnte im Einvernehmen mit der zuständigen Feuerpolizei (hier: Gebäudeversicherung des Kantons Basel-Stadt) abgesehen werden. Dabei wurde vorausgesetzt, dass sich die Oberkante des Fussbodens des obersten Hallengeschosses nicht mehr als 22m über der Geländeoberfläche befindet.
Baulicher Brandschutz
Neben einer überwiegend nicht brennbaren Materialisierung wurden auch an die tragenden und brandabschnittsbildenden Bauteile erhöhte Anforderungen gestellt. Baukörper, Fassade und Dämmstoffe weisen Brandkennziffer (BKZ) 6.3 (nicht brennbar, nbb) oder BKZ 6.3q (quasi nicht brennbar) auf oder verfügen über ein vergleichbares europäisches Zertifikat. Die tragenden und brandabschnittsbildenden Bauteile unterliegen dem Anspruch REI 90 (nbb), bewegliche Elemente (Klappen, Türen, Tore) bis auf wenige Ausnahmen EI 30. Die Ausstellungsflächen wurden als zusammenhängende Brandabschnitte mit Grundflächen von bis zu 14.500m2 realisiert. Die beiden Foyers bilden mit den angrenzenden Drittnutzungen und den Galerien je einen gemeinsamen Brandabschnitt. Auf eine Brandabschnittsbildung zur City Lounge konnte verzichtet werden (siehe unten).
Technischer Brandschutz
Der Neubau verfügt über eine Sprinkleranlage sowie eine flächendeckende Brandmeldeanlage. Unter bestimmten Voraussetzungen müssen gemäss den aktuellen Standbaurichtlinien auch temporäre Messestände mit mobilen Brandmeldern, die auf eine separate Brandmelderzentrale aufgeschaltet sind, ausgerüstet werden. Eine Sprinklerung der Standbauten ist nicht vorgesehen.
Für Alarmierung und etappenweise Evakuierung ist eine zonierte Beschallungsanlage installiert.1 Darüber hinaus werden die Anlieferungszonen im UG und die Ausstellungsflächen einschliesslich Eventhalle, Foyers und Drittnutzungen im EG mit mehr als 100 Personen mechanisch entraucht. Die Nachströmung von Ersatzluft erfolgt in allen Bereichen natürlich. Die Wirksamkeit der Entrauchungsanlagen wurde mittels rechnerischer Brandsimulationen nachgewiesen.
Spezialfall City Lounge
Der überwiegende Teil der City Lounge grenzt an den geschlossenen Baukörper. Daher kann sie trotz Aussenklima aus brandschutztechnischer Sicht nicht ohne Weiteres als Aussenraum beurteilt werden. Ein erster Abgleich mit den Beurteilungsgrundlagen ergab, dass der Bereich ohne besonderen Nachweis in den Überwachungsumfang der Brandmeldeanlage sowie den Schutzumfang der Sprinkleranlage einbezogen werden müsste. Demzufolge hätten die rund 10m hohen und gewölbten Verglasungen zu den angrenzenden Foyers und Drittnutzungen als Brandschutzverglasung ausgeführt werden müssen. Die Fluchtwege hätten hier nicht über die City Lounge geführt werden dürfen.
Dies hätte zu einer wirtschaftlich und ästhetisch unbefriedigenden Lösung geführt, sodass eine optimierte Auslegung mithilfe von Brand- und Evakuierungssimulationen angestrebt wurde. Dafür simulierten die Planer an verschiedenen Orten der City Lounge den Brand eines Lkw. Gleichzeitig schätzten sie mittels rechnerischer Evakuierungssimulationen ab, wie lange die Evakuierung der relevanten Bereiche -dauern würde. Dabei zeigte sich, dass die Personensicherheit ausreicht. Auf die Sprinklerung der City Lounge und auf die Brandabschnittsbildung zu den angrenzenden Foyers und Drittnutzungen konnte verzichtet werden. Wichtige Voraussetzungen waren zum einen, dass ein bestimmter Anteil der Fluchtwege aus den Foyers unabhängig von der City Lounge ins Freie führt. Zum anderen muss die frühzeitige Detektion hochenergetischer Brände im überdachten Aussenbereich möglich sein dies wird mittels Wärmemeldekabeln gewährleistet.
Standbauten luxuriöse Brandlast
Aus brandschutztechnischer Sicht war den mehrgeschossigen gedeckten Standbauten, die für die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld möglich sein müssen, besondere Beachtung zu schenken. Mit diesen teilweise mehrere 1000m2 umfassenden Bauten wird jeweils eine «Haus-in-Haus»-Situation geschaffen.
Damit die Stände im Einklang mit der übergeordneten Brandschutzplanung stehen, mussten im Brandschutzkonzept Vorgaben für die Layoutplanung gemacht werden. Dies betrifft beispielsweise die Abstandsflächen zu den Nachströmöffnungen der Entrauchungsanlagen oder die mindestens frei zu haltenden Fluchtwege und deren Breite (beginnend bei 90cm und abhängig von der möglichen Anzahl Personen pro Stand oder Geschoss). Zudem wurden Regeln für die bauliche Ausbildung festgelegt, die in die Standbaurichtlinien der Messe Basel eingeflossen sind. Dazu gehören die Planung von Brandabschnitten EI 30 innerhalb der Stände, die Präferenz von offenen Decken, um das Funktionieren der Sprinkleranlagen zu gewährleisten, und die Ausrüstung der Stände mit Brandmeldern.
Unter Berücksichtigung dieser projektspezifisch entwickelten Regeln ist es möglich, auch die mehrgeschossigen Standbauten ohne Sprinkleranlage auszuführen. Diese Ausnahme wurde von der zuständigen Feuerpolizei unter Berücksichtigung des Gesamtkonzepts bewilligt.
Anmerkung
1 Die Evakuierungsdauer einer Messehalle darf ab Detektion Brand maximal 10 Minuten betragen. Dabei muss spätestens 3 Minuten nach Ansprechen des ersten Brandmelders die Evakuierung ausgelöst werden. Alle Besucher müssen das Gebäude innert 7 Minuten nach Alarmierung verlassen haben.
Dieser Text ist ein Auszug des technischen Berichts zum Brandschutz. Vollständig einsehbar ist dieser hier.