Für die Umwelt verträglich
Ökonomiegebäude Lützelsee
Auf dem Gelände des Biobauernhofs am Lützelsee in Hombrechtikon bauten Clou Architekt:innen ein Ökonomiegebäude mit feinfühlig gestaltetem Solardach – ein Vorzeigeobjekt für das Bauen in der Ortsbildschutzzone.
Der Biohof Lützelsee ist ein malerisch gelegener Ort. Auf einer Anhöhe überblickt man den See und die umliegenden Weiler. Kühe gucken einen mit grossen Augen an. Kälber schmiegen sich an ihre Mütter. Schweine jagen grunzend im Aussengehege hintereinander her.
Auf dem Biohof Lützelsee wird den Tieren deutlich mehr Freiraum gegeben, als gesetzlich vorgeschrieben ist. Das ist löblich und nötig. Denn Tiere haben, auch wenn – oder gerade weil – sie für die Fleischproduktion gehalten werden, ein glückliches Leben verdient. Dieses zu ermöglichen, ist das Bestreben der Betreiber des Biohofs Lützelsee.
Ganzheitlicher Ansatz auf dem Biohof
Im Jahr 2015 übernahm eine neue Pächterfamilie den Hof, der sich im Besitz des Natur- und Heimatschutzfonds des Kantons Zürich befindet. Für ihr Betriebskonzept, die Anzahl und Art der Tiere an die Menge des vor Ort herstellbaren Futters anzupassen, war der bestehende Stall zu klein.
Die Rechnung ergab nämlich, dass die Zahl der Kühe leicht erhöht werden konnte und gleichzeitig eine Haltung von zusätzlichen Tierarten wie Schafen, Schweinen, Kaninchen und Hühnern möglich war. Darum sollte der alte Stall ertüchtigt, erweitert und um ein Ökonomiegebäude ergänzt werden.
Weitere Artikel zum Thema «Nachhaltiges Bauen» finden sich im gleichnamigen Dossier.
Unter Verwendung von alten Holzbalken aus einem abgebrochenen Unterstand und gebrauchten Sanitärapparaten aus der Bauteilbörse des Kantons Zürich blieb die Erscheinung des Stalls im Wesentlichen erhalten. Das neue Ökonomiegebäude mit der schlichten Nutzung als Werkstatt und Unterstand für Landmaschinen ist ein echter Blickfang geworden.
Das licht- und luftdurchlässige Holzgeflecht als Aussenhaut erzeugt zusammen mit dem feingliedrigen Solardach einen hellen Innenraum. Äusserlich fügt sich die Gestalt selbstverständlich in das bestehende Ensemble ein. Der Anspruch des Biobauernhofs auf Umweltverträglichkeit wurde hier auch auf die Architektur übertragen.
Der Kanton Zürich entschied sich im Planerwahlverfahren für Clou Architekt:innen. Diese schlugen das neue Gebäude nicht innerhalb des vorgegebenen Projektperimeters vor, sondern schoben es weiter Richtung Waldrand und See. In der Ortsbildschutz-, Naturschutz- und Landschaftsschutzzone war dies keine leichtfertige Entscheidung.
Die Planenden begründeten die vorgeschlagene Position mit der Einfassung eines Hofplatzes und als klaren Abschluss des Weilers. Zudem ermöglichte die neue Gebäudeanordnung Platz für ein sichtbares Aussengehege und stellte damit eine Verbindung zwischen Hofladen, Besuchern und Tieren her.
Schutzziele und Energiegewinnung
Die Gestaltung des neuen Ökonomiegebäudes wurde in enger Abstimmung mit der kantonalen Denkmalpflege entwickelt, denn die Verträglichkeit mit den Schutzzielen musste für die Baubewilligung nachgewiesen werden. Die Volumetrie des neuen Gebäudes mit der Ausrichtung des Giebels zur Strasse bildet ein Pendant zum Dach des Haupthauses. Innen ist der Bau zweigeteilt.
Weitere Artikel zum Thema finden Sie in TEC21 5/2025 «Regenerativ: PV und Holz».
Im grösseren, strassenseitigen Teil stehen die nicht motorisierten Maschinen. Im kleineren, hinteren Teil befinden sich die motorisierten Maschinen und eine Werkstatt. Aus Brandschutzgründen mussten diese voneinander getrennt werden. Auf einer Höhe von 5 m verläuft eine zweite Ebene, die im grösseren Teil zu einer Galerie wird, auf der Kleinteile gelagert werden. Mit wandhohen Schiebetüren kann die komplette Aussenhülle zur Hofseite für das Ausfahren der Landmaschinen geöffnet werden.
Über die vergleichsweise schlichten Nutzungsanforderungen hinaus wünschte sich die Bauherrschaft eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. PV-Anlagen auf Dächern sind unterdessen kantonale Pflicht und wichtiger Teil der Strategie des Kantons Zürich, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Die Strategie sieht die Stromproduktion aus lokalen erneuerbaren Energien und das rasche Ausbauen der dafür notwendigen Infrastrukturen vor. Auch Massnahmen für die saisonale Speicherung der überschüssigen Energie sind in Bearbeitung.
Ein Prototyp für das Ortsbild
Eine ortsbildverträgliche Photovoltaikanlage zu gestalten, war für die Planenden eine Herausforderung, denn sie konnten für die technische und konstruktive Entwicklung dieses Daches zunächst keinen Unternehmer gewinnen. Zu speziell und zu unrentabel schien die gestalterische Idee eines halbtransparenten Daches, das nach aussen die Feingliedrigkeit der umliegenden historischen Ziegeldächer aufnehmen sollte. Darum investierten sie viel Zeit in Forschungsarbeit, bauten 1:1-Modelle und entwickelten so selbst die Konstruktion.
Die vorgesehene Transparenz des Daches wurde erreicht, indem die einzelnen Solarzellen – etwa in der Grösse von Dachziegeln – mit einem Abstand zueinander auf die Glaselemente aufgebracht wurden. So wurde nicht das ganze Dach für die Energiegewinnung aktiviert, sondern ungefähr 80 %.
Die Glasoberflächen selbst sind satiniert, was dem Dach die starke Spiegelung nimmt, aber ca. 10 % Effizienzeinbusse für die Energiegewinnung bedeutet. Nochmals 10 – 20 % Effizienz gehen aufgrund der helleren Zellenfarbe verloren.
Die Halterungen der Module kommen aus dem Glasfassadenbau. Punktuelle Profile werden direkt auf die Sparren montiert, wodurch keine weitere Unterkonstruktion nötig ist. Für die Abdichtung der vertikalen Fugen zwischen den Modulen kamen Aluprofile zum Einsatz, wie sie für Wintergärten verwendet werden.
Für die horizontale, geschuppte Fügung wurden Dichtungen aus dem Innentürbereich zweckentfremdet, um die dampfoffene Wetterschutzschicht herzustellen. Ganz dicht ist das Dach damit nicht, aber als Wetterschutz für die darin gelagerten Maschinen und Kleinteile ausreichend. Vor allem aber ist es gelungen, die verschiedenen Anforderungen des Kantons Zürich hinsichtlich Gestaltung und Energieerzeugung zu erfüllen.
Solch ganzheitliche ökologische Ansätze für die Produktion von Lebensmitteln und die dafür benötigten Gebäude sind zwar bis anhin noch exponierte Vorzeigeprojekte. Sie sind aber ein wichtiger Schritt, damit regenerative Grundsätze sowohl in der Tierhaltung als auch bei der Architekturproduktion bald zum Standard werden.
Ökonomiegebäude Lützelsee, Hombrechtikon
Fertigstellung
2023
Baujahr Bestand
18. Jahrhundert mit Anbau aus den 1970er-Jahren
Bauherrschaft
Kanton Zürich, Natur- und Heimatschutzfonds
Architektur
Clou Architekt:innen, Zürich
Tragkonstruktion
Indermühle Bauingenieure, Thun (Holzbau); Lukas Baumann, Bremgarten (Massivbau)
PV-Planung
TNC Engineering, FeldmeilenEnergieversorgung
Der Stromeigenbedarf beträgt ca. 30 % der Eigenproduktion (PV).
Baukosten (BKP 2)
3.2 Mio. Fr.