Phänomena – eine Wiedergeburt in Holz
1984 lockte die Ausstellung Phänomena 1.2 Millionen Besucherinnen und Besucher ins Zürcher Seefeldquartier. 2024 wird dieser Grosserfolg in Dietikon bei Zürich neu aufgelegt.
Eine grosse Zeltkonstruktion, ein von chinesischen Handwerkern aufgerichteter, zweigeschossiger Bau aus Bambusrohren und dazu die durch die Holzbaufirma Häring gebaute Ensphere-Kuppel aus Brettschichtholz-Balken mit 25 Metern Durchmesser – ein Baukonzept des ursprünglich aus der Schweiz stammenden Ingenieurs W. E. Rossmann – bildeten den Rahmen für diese Schau über naturwissenschaftliche und technische Themen.
2024 wird dieser Grosserfolg neu aufgelegt. Diesmal in der Gemeinde Dietikon nahe der Stadt Zürich und aufgebaut mit einem Bausystem aus Rundholz von Yves Weinand (IBOIS – Labor für Holzkonstruktionen an der EPF Lausanne). Die Schau wird auf dem Dietiker Niderfeld gezeigt, einer Baulandreserve im Nordwesten der Gemeinde. Für die Bauten ist eine Struktur aus regionalen Rundhölzern vorgesehen.
Holzarchitektur soll Umweltverständnis fördern
Urs J. Müller, Gesamtprojektleiter der Phänomena, präsentierte Anfang Juli das Siegerprojekt des Gestaltungswettbewerbs und sagte dazu: «Die Phänomena liefert Grundlagen, um zentrale Themen der Gegenwart und Zukunft besser zu verstehen. Deshalb verlangt sie nach einer Architektur, die ihrer Zielsetzung entspricht und die Verbesserung unseres Planeten durch Verständnis und Einsatz moderner Wissenschaften fördert.»
Müller präzisierte auf Anfrage, dass es kein Wettbewerb nach Vorgabe des SIA war. Aufgrund der Zeitknappheit und der vorhandenen Ressourcen war ein solcher nicht möglich, es waren Direktansprachen. Die Aufgabe war die Eingabe einer groben Bauskizze von fünf verschiedenen Personen/Institutionen, so präzisierte er diese Ideenfindung.
Das Design von Yves Weinand, Architekt und Leiter des IBOIS (Labors für Holzkonstruktionen an der EPFL) überzeugte. Yves Weinand hat seit 1996 zahlreiche emblematische Holzbauten wie die Kapelle Saint-Loup, das neue Waadtländer Parlament oder in jüngster Zeit den Pavillon des Theaters Vidy in Lausanne entworfen und realisiert – alle als Holz zu Holz gesteckte Konstruktionen. «Die Bauten der Phänomena zeigen, wie einer der ältesten Baustoffe, das Holz, in Verbindung mit modernen digitalen Werkzeugen lokale Nutzung und Zirkularität fördert», so Weinand.
Ein Whole Wood Concept
Der ikonische Hauptbau der Phänomena, der auf dem Dietiker Niderfeld zu liegen kommt, ist eine spektakuläre Struktur aus Rundhölzern. Intelligente Roboter bearbeiten die naturbelassenen Stämme vor Ort in einem Whole Wood Concept. Sie schaffen dabei ein Stecksystem, das wiederverwendbar ist.
Das natürlich gewachsene Rohmaterial wird bereits im Wald exakt vermessen. Ein Algorithmus für Entwurf und Konstruktion kombiniert die so bereits virtuell gewonnenen Rundhölzer in optimaler Anordnung für die geplante Tragstruktur. Verbunden werden sie über ein robustes Stecksystem. Alle Bauteile sind wiederverwendbar. Nach der Phänomena können die eingesetzten Rundhölzer nahezu ohne Verschnitt wieder anderen Anwendungen zur Verfügung gestellt werden.
Der mehrstöckige Hauptbau beherbergt offene Erlebnisräume und eine zentrale Plaza, die den Austausch unter den Besucherinnen und Besuchern der Phänomena fördern soll. Weitere Elemente des Ensembles sind das Biodiversitätslabor, der Spiralturm sowie der Hospitality-Bereich.
Das Biodiversitätslabor verfügt über ein natürliches Teichsystem, das an den Bach im nordöstlichen Bereich des Geländes anschliesst. Hier wird ein Mikroökosystem aufgebaut mit Büschen, Schilf, ruhenden und fliessenden Gewässern. Der Spiralturm, ein weiteres Wahrzeichen der Phänomena, wird von einer grossen Spielarena umgeben sein. Es ist eine Neuinterpretation des Helixturms von Julius Natterer, dem Vorgänger von Yves Weinand am Lehrstuhl Holzkonstruktionen der EPFL. Dabei sind die aussen liegenden Druckglieder durch ein Netz von Zugelementen ersetzt, die ein parabolisches Hyperboloid beschreiben.
Erlebniswelt Phänomena
Die Phänomena ist eine einzigartige, spektakuläre und sinnliche Erlebniswelt zu den Themen Mensch, Natur und Wissenschaft. Auf dem grössten Erlebniscampus der Schweiz werden Naturgesetze, Phänomene und komplexe Zusammenhänge auf eindrucksvolle Weise erfahrbar gemacht. Dabei stehen Erleben, Staunen und Verstehen im Mittelpunkt.
Bei der Entwicklung der Erlebnisstationen arbeitet die Phänomena mit den führenden Schweizer Forschungsanstalten, Fachhochschulen, Universitäten und technischen Hochschulen zusammen. Neueste Erkenntnisse und Innovationen finden auf dem Erlebniscampus der Phänomena eine sichtbare Plattform.
Als Ort der Entdeckungen und Erlebnisse richtet sich die Phänomena an die gesamte Schweiz mit einem besonderen Fokus auf Kinder, Jugendliche und Schulklassen, die sie für naturwissenschaftliche Fächer, Studien und Berufe gewinnen will. Die Ausstellung findet in Dietikon von April bis Oktober 2024 statt. Mehr als eine Million Besucherinnen und Besucher aus allen Sprachregionen der Schweiz werden erwartet.
Weitere Infos: www.phaenomena.ch