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Berrel Berrel Kräutler erweitern die in die Jahre gekommene Schweizer Botschaft in Singapur, indem sie das Dach verlängern und die Ecke zum Eingang als Willkommensgruss leicht anheben. Das kräftige Dach ihres Projekts «Flamingo» kragt gegen Westen aus und balanciert in der Mitte auf einer einzigen Scheibe.

Publikationsdatum
09-11-2020

Die Schweizer Botschaft in Singapur befindet sich auf dem Gelände des Swiss Clubs im Bukit-Timah-Naturreservat, etwa zehn Kilometer vom zentralen Geschäftsviertel Singapurs entfernt. Das dortige Klima zeichnet sich durch eine hohe Luftfeuchtigkeit mit Temperaturen zwischen 20 und 30 ˚C aus.

Nach 35 Jahren sind viele Bauteile aufgrund der Beanspruchung durch das tropische Klima am Ende ihres Lebenszyklus angekommen. Die Gebäudehülle und die technischen Installationen müssen ersetzt werden. Die Botschaft wurde 1984 für zehn Arbeitsplätze gebaut. Mit der Zeit nahm deren Zahl kontinuierlich zu.

Bungalow im Park

In Zukunft sind 30 multifunktional nutzbare Arbeitsplätze vorgesehen. Neben der Botschaft sollen auch Räume für den Verteidigungsattaché, den Swiss Business Hub und für Schweiz Tourismus unter demselben Dach untergebracht werden. Um Lösungsansätze zur Gesamtsanierung und Erweiterung des Baus zu erhalten, schrieb das Bundesamt für Bauten und Logistik BBL 2018 einen einstufigen Projektwettbewerb im offenen Verfahren aus. 54 Beiträge gingen ein.

Mit ihrem Projekt «Flamingo» überzeugten Berrel Berrel Kräutler die Jury, die den Beitrag einstimmig zur Weiterbearbeitung empfahl. Das Projekt basiert auf einer fundierten Analyse des Bestands. Das Gebäude sei ein «Bungalow, dessen Architektursprache perfekt auf das Klima und die kulissenartige Parklandschaft abgestimmt ist».

Kritik üben die Architekten am einspringenden Eingangsbereich des Bestands, der die «Integrität des quadratischen ­Pavillons» verletze. Mit ihrem Wettbewerbsbeitrag inszenieren sie nicht nur gekonnt flexible Arbeitsplätze in einer subtropischen Vegetation, sondern reparieren gleichzeitig auch die beschädigte Geometrie des Bestands.

Raumbildendes Tragwerk, klare Zonierung

Das Dach steht auf einer einzigen Scheibe, worauf auch das Kennwort «Flamingo» des Wettbewerbsbeitrags anspielt. Gegen die Strasse entsteht so ein grosszügiger, gedeckter Eingangsbereich für die neuen Zugänge mit getrennter Be­sucher- und Personalführung. Die neue Tragstruktur besteht aus verkleideten Stahlelementen für die mittige Scheibe und auch für die erweiterte Dachkon­struktion.

Die Scheibe schirmt den Konferenzraum vom Eingangsbereich ab und nimmt die Hauptlast des neuen Dachs auf. Der Hauptträger verläuft quer zur Scheibe und kragt beidseitig aus. Zwischen dem Hauptträger und dem bestehenden Dach verlaufen Rippen, die oben und unten verkleidet sind und so eine steife Platte bilden. Das Tragwerk erfüllt hier nicht nur statische Aufgaben, sondern ist auch raumbildendes Element.

Die drei unterschiedlichen Sicherheitszonen sind klar angeordnet. Die ­Büros der höchsten Sicherheitszone befinden sich als kompakte Einheit im hinteren Teil des Gebäudes. Die Schicht davor wird von den Nutzungen der Misch­­zone, bestehend aus der Cafeteria, den Konferenzräumen und der Wartezone für Gäste, sowie jenen der Kunden­zone, bestehend aus dem Empfang und den Büros von Schweiz Tourismus, geteilt. Der Zugang zum Verwaltungsbereich erfolgt über Sicherheitsschleusen.

Sprechende Architektur

Eine sorgfältige Analyse des Bestands bildet die Grundlage des Siegerentwurfs. Sie schält Stärken und Schwächen des bestehenden Botschaftsgebäudes heraus. Der Bestand punktet mit der naheliegenden Wahl des Gebäudetyps Bungalow und der klaren Gebäudestruktur. Er schwächelt im Eingangsbereich mit dem Ausschnitt in der Ecke des Quadrats, der die klare Geometrie stört.

Das neue Projekt stärkt die bereits vorhandenen Qualitäten: Es macht das Gebäude noch transparenter und verbindet Innen- und Aussenraum stärker miteinander. Zudem behebt es den Mangel im Eingangsbereich, indem es ihn überbaut und mit dem weit ausladenden Vordach eine generöse, gedeckte Vorzone schafft.

Durch Überformung entsteht aus dem vorhandenen Volumen ein zeitgemässes Botschaftsgebäude. Die kleine Willkommensgeste, das Vordach in der Ecke des Eingangsbereichs anzuheben, gibt dem Gebäude einen beschwingten und leicht ironischen Touch. Es ist, als ob die Botschaft zur Begrüssung den Hut ziehen oder die Dächlikappe in den Nacken schieben würde, um «Hallo» zu sagen.

 

Am Bau Beteiligte

 

Bauherrschaft
EDA Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten, vertreten durch: BBL Bundesamt für Bauten und Logistik, Eidgenössisches Finanz­departement, Projektmanagement Ausland
Projektleiter: Lorenz Marty

 

Architektur
Berrel Berrel Kräutler AG, Zürich

 

Landschaftsarchitektur
Ort AG für Landschaftsarchitektur, Zürich

 

Bauphysik, Akustikplanung
Kuster + Partner, Zürich


Tragkonstruktion
Dr. Neven Kostic, Zürich

 

Elektroplanung
Mettler + Partner, Zürich

 

HLKKS-Planung, PV-Planung
Ingenieurbüro Brügger, Frutigen

 


Facts & Figures

 

Offener Projektwettbewerb 2018, Entscheid 2019

 

Daten
Planung: 05/2019–02/2021
Ausführung: 03/2021–12/2022
Bezug: 02/2023

 

Grundstücksfläche
3800 m2

 

Gebäudevolumen SIA 416
6220 m3

 

Geschossfläche SIA 416
1454 m2

 

Nutzfläche SIA 416
988 m2 (HNF 534 m2, NNF 454 m2)

 

Gesamtkosten BKP 1–9
6 Mio CHF

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