Landschaft und Stadt im Zwiegespräch
Baumberger & Stegmeier Architekten entwarfen für die Stiftung PWG zwei Wohnhäuser in Zürich Witikon. Mit ihren rötlichen Holzfassaden schlagen die beiden Gebäude eine Brücke zwischen ländlichem und urbanem Kontext.
Das das Zusammenspiel zwischen Landschaft und gebauter Umgebung betrifft, ergeben sich manchmal ästhetische und architekturhistorische Gründe, die für den Einsatz von Holz sprechen. So wie bei zwei von der Stiftung PWG zur Erhaltung von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen realisierten Mehrfamilienhäusern in Zürich Witikon, die im Herbst 2020 fertiggestellt wurden. In einem 2015 durchgeführten selektiven Wettbewerb hatte sich das Architekturbüro Baumberger & Stegmeier mit seinem Projektvorschlag durchsetzen können. Die Gebäudesetzung der beiden unterschiedlich grossen Häuser mit 38 Wohnungen in Holz-Beton-Hybridbauweise thematisiert die vorhandene Grenzsituation zwischen Stadt und Land.
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Witikon wurde 1934 eingemeindet und bildet heute den südöstlichen Rand der Stadt Zürich. Der Stadtteil weist nach wie vor einige dörfliche Strukturen auf und soll in Zukunft nachverdichtet werden. Die Parzelle, die es im Auftrag der Stiftung PWG zu bebauen galt, markiert den Übergang von Witikon in eine offene Landschaft, die von den Stadtteilbewohnern als Erholungsraum genutzt wird. Das Projekt von Baumberger & Stegmeier Architekten führt einen gelungenen Dialog zwischen Landschaft und architektonischer Tradition vor. Das grössere Haus betont den Abschluss der bebauten Struktur und bettet sich durch seine terrassierte Silhouette in die Landschaft ein, die in diesem konkreten Fall einen dichten Baumbestand aufweist. Der längliche Bau entwickelt sich entlang des Baumsaums, der traditionell die Überleitung zum freien Feld bildet. Das näher zur Stadt liegende, kleinere Haus ist ein kompaktes Punkthaus. Bewusst haben Baumberger & Stegmeier keinen strassenbegleitenden, einheitlichen Baukörper entworfen, sondern zwischen den beiden Volumen einen Grünraum geschaffen, der die Adressbildung der beiden unterschiedlichen Gebäude unterstreicht. Dieser Platz ist ein gemeinschaftlich genutzter Raum mit schönem Südlicht. Die beiden Neubauten bündeln so das Geviert baulich und tragen nicht zu einer Zersplitterung dieser Siedlungseinheit bei.
Holzfassaden altern mit Charakter
Ebenso Bezug zum ländlichen Kontext nimmt neben der Gebäudemorphologie die Holzfassade der beiden Bauten. Auffallend ist zunächst vor allem die Rotfärbung der Häuser. Das weiche Kleid aus Holz zeigt sich erst bei näherer Betrachtung. Die Farbe geht beim kleineren in Richtung Rehbraun, das längliche Haus hat ein sattes Dunkelrot, das an traditionelle skandinavische Bauten erinnert. Das ist kein Zufall. Die Architekten möchten damit auf die bauliche Erweiterung dieser Gegend in der Spätmoderne referieren. Sie war stark durch Architekten wie etwa Eduard Neuenschwander geprägt, der auch in Skandinavien bei Alvar Aalto arbeitete. Diese skandinavische Tradition des naturnahen Bauens sollte den Entwurfgedanken beeinflussen.
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Für die Fassade arbeiteten die Architekten mit der Firma Timbatec zusammen. Der organische Baustoff Holz entspricht auch deshalb der Philosophie von Baumberger & Stegmeier, weil sie glauben, dass gute Bauten beim Altern etwas gewinnen. Häuser seien für ihn wie schöne Gesichter, sagt Peter Baumberger. «Wir schätzen an Holz genau diese Möglichkeit des Sichwandelns. Die Herausforderung bestand darin, eine Oberfläche zu finden, die das zulässt, aber zugleich beim Altern eine gewisse Wertigkeit behält.»
Flächeneffizienz durch Zentralgrundrisse
Auch beim Entwickeln der Wohnungstypologie knüpften die Architekten an den ausgeprägten Naturbezug skandinavischer Architektur an. So spielt etwa bei der Wahl des Hallentypus das Thema Licht eine wichtige Rolle. Die Ost-West-Positionierung der Wohnungen ermöglicht eine gute Versorgung mit Tageslicht. Der Hallengrundriss habe sie aber auch deswegen interessiert, weil er mit knapper Fläche viele Möglichkeiten biete und keinen Platz an reine Erschliessungsflächen verliere, sagt Baumberger. Die Bauherrin hatte nicht explizit Zentralgrundrisse gewünscht, aber flächeneffiziente Wohnungen, was sich auf das Preis-Leistungs-Verhältnis der Mieten niederschlägt.
Die ausführliche Version dieses Artikels ist erschienen in TEC21 14/2021 «Günstig wohnen mit Holz».
Fassade in Holzelementbauweise
Die Fassaden der beiden Mehrfamilienhäuser in Witikon wurden von Timbatec Holzbauingenieure Schweiz in Holzrahmenelementbauweise konstruiert. Durch den hohen Vorfertigungsgrad konnten gegenüber einer konventionellen massiven Konstruktionsart Kosten und Bauzeit gespart werden.
Die Aussenwandelemente wurden als vorfabrizierte Holzrahmenbauelemente nach dem Betonrohbau an dessen Stirnen montiert. Dafür wurden diese auf die Betondecken aufgelegt und oben mit genügend Spielraum für die Verformung der Decken mit Winkeln befestigt. Die vertikale Rhomboid-Schalung wurde nachträglich auf die Holzelemente montiert, damit die Qualitätssicherung der Gebäude vorher durchgeführt werden konnte.
Bauherrschaft: Stiftung PWG, Zürich
Architektur: Baumberger & Stegmeier, Zürich
Holzbauplanung: Timbatec Holzbauingenieure Schweiz, Zürich
Holzbau: Blättler Holzbau, Affeltrangen
Bauingenieur: ewp, Effretikon
Bauphysik: Bakus Bauphysik, Zürich
Heizung: GT Planung, Neuhausen am Rheinfall
Lüftung: rt haustechnik, Zürich
Sanitär- und Koordinationsplanung: Fiorentino Haustechnik, Winterthur
Bauvolumen: 22 239.60 m3
Geschossfläche GF: 7176.40 m2
Baukosten: 21.4 Mio. Fr.
Nutzung: 2 Mehrfamilienhäuser mit 38 Wohnungen
Wohnungsmix:
7 × 1-/1.5-Zimmer-Wohnungen
2 × 2.5-Zimmer-Wohnungen
8 × 3.5-Zimmer-Wohnungen
18 × 4.5-Zimmer-Wohnungen
3 × 5.5-Zimmer-Wohnungen
Mietpreise: 4.5-Zimmer-Wohnungen mit 100–105 m² zwischen 1700 und 2200 Fr.
Holzdaten: Stülpschalung 2250 m², Konstruktionsholz 170 m³, Holzwerkstoffplatten 4000 m²
Bauzeit: 2018–2020