«Die Planungs- und Baubranche hat oftmals das Nachsehen»
Wahlen 2023
Im Herbst finden die eidgenössischen Wahlen statt. Wer soll die Herausforderungen anpacken, die im Bereich Raumentwicklung, Klima und Energie auf uns zukommen? Wir haben politisch engagierte Baufachleute aller Parteien zu ihren Zielen befragt. Heute: Romeo Arnold, GLP, Bern.
STECKBRIEF
Romeo Arnold, geb. 1988, ist MSc Umweltingenieur ETH. Er arbeitet als Umweltingenieur / Projektleiter Wasserbau bei Emch+Berger Bern und kandidiert zum ersten Mal für den Nationalrat.
Parteizugehörigkeit: Grünliberale Partei GLP
Frühere politische Ämter: keine
Aktuelles politisches Amt: Präsident GLP Oberhofen, Schwellenkommission Oberhofen
Welches Ereignis hat Sie dazu motiviert, sich politisch zu engagieren?
In den letzten Jahren musste ich feststellen, dass viele politische Entscheide nicht so gefällt wurden, wie ich es für sinnvoll halte. Deshalb habe ich mich entschlossen, mich politisch zu engagieren, um meine Interessen, aber auch jene aus meinem Umfeld und von Gleichgesinnten zu vertreten.
Weshalb in dieser Partei?
Die GLP vertritt in vielen Bereichen die gleichen Standpunkte wie ich und praktiziert eine lösungsorientierte Politik, was mir sehr entspricht.
Hängt Ihre politische Motivation mit Ihrem Hintergrund bzw. Ihrer Tätigkeit in der Planungs- und Baubranche zusammen?
Ja. Viele unserer Aufträge kommen von der öffentlichen Hand und sind dadurch direkt von politischen Entscheidungen betroffen. Es braucht ein politisches Engagement von Personen aus der Baubranche, um solche Projekte mit dem nötigen Fachwissen zu beurteilen und sicherzustellen, dass die Projektvergaben und Planungsabläufe im Sinne der Baubranche umgesetzt werden.
→ Wählen Sie! Die Interviewreihe von TEC21 gibt politisch engagierten Baufachleuten unterschiedlicher Parteien das Wort. Alle Interviews finden Sie hier.
Welche Ziele wollen Sie in Ihrem aktuellen politischen Amt bzw. nach einer allfälligen Wahl in den Nationalrat erreichen?
Es gilt endlich wieder an Lösungen zu arbeiten und nicht ständig aufeinander herumzuhacken. Es müssen Vorschläge auf den Tisch, insbesondere zu den Themen Klimaschutz, Versorgungssicherheit, regenerative Landwirtschaft, Biodiversität, zukunftsfähige Infrastruktur und soziale Gleichstellung. Die GLP hat in diesen Bereichen fortschrittliche Lösungen parat. Es braucht nun die nötigen Mehrheiten im Parlament, dass diese umgesetzt werden können und wir nicht auf dem Abstellgleis landen.
Verfolgen Sie auch politische Ziele, die spezifisch mit dem Planungs- und Bauwesen zu tun haben?
Im Bereich Hochwasserschutz, Revitalisierungen und Sanierung der Wasserkraft sowie bei strukturellen Planungsprozessen kann ich mein Fachwissen aus Forschung und Planung in den entsprechenden politischen Gremien einbringen.
Warum sind diese Ziele relevant?
Ein Beispiel aus dem Hochwasserschutz: Der Klimawandel hat zur Folge, dass vermehrt sehr intensive Niederschläge zu erwarten sind. Unsere Hochwasserschutzbauten müssen immer grösseren Wassermassen standhalten. Ab einer gewissen Wassermenge muss jedoch ein akzeptabler Schaden zugelassen werden, da wir aus Kostengründen nie einen hundertprozentigen Schutz gewährleisten können. Die Definition dieser Grenzen und die entsprechende Nachrüstung unserer Bauwerke bedingt fachkundiges Wissen und wird von der Politik auf Bundesebene vorgegeben.
Wie vermitteln Sie Ihre Ziele der Wählerschaft und anderen politischen Akteuren?
Das Wichtigste ist, den Leuten in unserem Land die anstehenden Probleme verständlich zu erklären, aber auch die entsprechenden Lösungen parat zu haben und diese nachvollziehbar zu vermitteln. Wenn den Leuten der Handlungsbedarf klar wird und sie wissen, wer Lösungen zu bieten hat, dann werden sie auch die entsprechenden Personen wählen, damit es vorwärts geht.
Werden Sie gehört?
Ja, die Personen, die ein offenes Ohr haben und mitdenken, verstehen, was ich vermitteln möchte. Auch solche, die anfangs anderer Meinung sind, können meine Sichtweise nachvollziehen und meinen Lösungen immer etwas abgewinnen. Dies bestätigt, dass ich nicht neben den Leuten und den Themen vorbeirede.
Braucht es mehr Planungs- und Baufachleute, die sich politisch engagieren?
Ja. Viele Branchen haben eine (zu) starke Lobby. Die Planungs- und Baubranche hat oftmals das Nachsehen, da sie keine solche Lobby und dadurch weniger Gewicht in der Politik hat. Es braucht Planungs- und Baufachleute in der Politik, damit wir unsere Interessen besser vertreten können.
Weshalb ist es wichtig, dass Planungs- und Bauthemen in den politischen Diskurs einfliessen?
In der Baubranche werden enorme Summen an Steuergeldern eingesetzt, damit die öffentliche Infrastruktur in Schuss gehalten und erweitert werden kann. Es ist daher zwingend nötig, diese Themen in der Politik und somit in der breiten Bevölkerung zu diskutieren; denn es geht uns alle etwas an.
Welchen spezifischen politischen Beitrag sollten Planungs- und Baufachleute im Dienst der Öffentlichkeit leisten?
Leute aus der Planungs- und Baubranche sollten auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene politische Aufgaben übernehmen, um das entsprechende Fachwissen in die Politik zu bringen und es auch der Bevölkerung einfach verständlich zu vermitteln. Nur so können Bauprojekte für die Allgemeinheit sinnvoll und mit der nötigen Akzeptanz umgesetzt werden.
Um welche Ziele zu erreichen? Warum sind diese Ziele relevant?
Wir in der Baubranche sind für die wirtschaftliche Grundlage des Landes zuständig, indem wir der Bevölkerung unter anderem eine funktionierende und zuverlässige Infrastruktur bereitstellen. Diese Infrastruktur gilt es wirtschaftlich, aber auch ökologisch weiterzuentwickeln, damit wir im internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleiben. Davon profitieren wir alle.
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