Ein neues Domizil für Grün Schaffhausen
Mehrere Standorte der Grün Schaffhausen sollen in einem Ersatzneubau konzentriert werden. Bereits Ende 2022 lagen sechs Projekte vor, doch die Einsprache eines Mitbewerbers stoppte das Vorhaben. Nun liegt der Gerichtsentscheid vor, und der Bau kann zwei Jahre verspätet beginnen.
Grün Schaffhausen, eine Abteilung des Baureferats der Stadtverwaltung, ist zuständig für die öffentlichen Grün- und Sportanlagen, Wälder, städtischen Reben, Friedhöfe und die Gärtnerei. Ihre Magazine mit Werkstätten, Büros, Garderoben, Maschinen- und Fahrzeugunterständen sowie Werkflächen im Aussenbereich sind derzeit auf mehrere Standorte verteilt. Einige befinden sich in baulich schlechtem Zustand und sind nicht mehr effizient zu betreiben.
Neu sollen die Magazine der «Grünanlagen West» sowie das «Forsthaus Neutal» in einem Ersatzbau beim heutigen «Magazin Birch» an der Mühlentalstrasse zusammengeführt werden. Mit der Konzentration der Infrastruktur sollen Synergien entstehen und Betriebsabläufe optimiert werden. Die arbeits- und sicherheitsrechtlichen Anforderungen werden mit einem zweckmässigen und ökologisch hochwertigen Gebäude sichergestellt.
Beim Areal Birch handelt es sich um einen Ort, der für Schaffhausen eine historische Bedeutung hat: Bereits zwischen 800 und 1200 n. Chr. siedelten sich hier Menschen an. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hielt die Industrialisierung Einzug und die ehemalige Mühle wurde zur Giesserei umfunktioniert. Von dieser Zeit zeugt heute noch der Wasserturm, der als schützenswertes Kulturdenkmal erhalten bleiben soll. Der Turm steht an der ehemaligen Endstation der Werkbahn von +GF und diente seinerzeit als technische Einrichtung, um im Werk IV der Giesserei Birch für genügend Druck in den Wasserleitungen zu sorgen.
Die unteren drei Geschosse bestehen aus gestampftem Beton mit Kalksteinanteil, die oberen drei Geschosse aus einem Holzfachwerk mit Ziegelausfachung. Der rund 24 m hohe Turm markiert den Ein- und Ausgang sowie die ehemalige Ausdehnung der Industriebauten im Mühlental. Im Innern ist ein Grossteil der Einbauten, wie beispielsweise das genietete Wasserbecken aus der Entstehungszeit, erhalten geblieben.
Beurteilung mit Notensystem
Aus dem anonymen Wettbewerb gingen Ende 2022 sechs Projekte hervor, die die Jury mit einem Notensystem von 1 bis 5 beurteilte, wobei sie die gegebenen Kriterien unterschiedlich gewichtete. So etwa wurden Funktion und gestalterische Qualitäten mit 60 % hoch gewichtet, während das Preisangebot mit lediglich 40 % angerechnet wurde. Dabei war es von Bedeutung, dass ein Projekt mindestens die Note 3 erreichte.
Bei drei Projekten war dies nicht der Fall, weshalb sie ausschieden. Massgebend für diesen Entscheid waren die ungenügenden Überlegungen zur städtebaulichen und landschaftsgestalterischen Einpassung in die Hangkante des Durachtals sowie zur Funktionalität und Nachhaltigkeit. Von den drei verbleibenden Projekten erfüllten zwei entweder die erwünschte Funktionalität nicht oder scheiterten in Zusammenhang mit städtebaulichen, architektonischen und freiräumlichen Aspekten.
Erstaunlich wirkt für eine aussenstehende Person die Tatsache, dass bloss zwei der sechs Projekte den historischen Wasserturm bestehen liessen und in den Entwurf einbezogen. Dabei ist er doch ein Wahrzeichen, das nicht nur auf die industrielle Vergangenheit des Orts hinweist, sondern auch heute die neue Identität von «Grün Schaffhausen» zu unterstützen vermag.
«Hof Berslingen» macht das Rennen
Die Jury kam zu Schluss, dass das Projekt «Hof Berslingen» die gestellte Aufgabe gemäss Bewertungsparametern am besten erfülle, und schlug es zur Weiterbearbeitung vor. Dem Projekt von Hürzeler Holzbau in Zusammenarbeit mit Weberbuess Architekten gelinge es, aus dem sorgfältigen Studium des Orts heraus eine städtebauliche Lösung vorzuschlagen, die auch im architektonischen Ausdruck überzeugt.
Zusammen mit dem Turm und der eingezogenen Eingangsfassade mit dem grossen Vordach bildet ein Vorplatz den Empfang zum neuen Werkhof. Der in drei Volumen aufgeteilte Hauptbau enthält Personalräume mit Kantine, Werkstätten und Büros, deren Funktionalität von der Jury als «vorzüglich» bezeichnet wurde. Angrenzend an den Wasserturm findet sich die durch die Werkhofgasse erschlossene Einstellhalle für Fahrzeuge. Zangenträger sorgen für die Stabilität der stützenfreien Konstruktion aus Brettschichtholzträgern und ermöglichen eine problemlose Anpassung an individuelle Bedürfnisse.
Die Fassadenverkleidung zeigt eine vertikale Schalung aus Tannenholz, für die – falls verfügbar – Holz aus den zurückgebauten Gebäuden des Areals verwendet wird. In technischer Hinsicht sowie bezüglich Nachhaltigkeit bezeichnet die Jury das Projekt als fundiert durchgearbeitet – es entspreche den gesteckten Zielen in hohem Masse.
Einsprache blockierte das Projekt
Die Stadt Schaffhausen will das Projekt «Hof Berslingen» realisieren, als Baubeginn war das Frühjahr 2023 vorgesehen. Doch ein Mitbewerber reichte beim Obergericht Beschwerde ein und der Baubeginn verzögerte sich – bis zum Gerichtsentscheid konnte das Siegerteam nicht am Bauprojekt weiterarbeiten.
Seit Anfang Jahr liegt der Gerichtsentscheid vor. Der Mitbewerber beklagte diverse Punkte, erhielt aber nur beim Zuschlag für den Wasserturm recht. Diesen liess die Stadt nach der Abstimmung über den Kredit aus dem Inventar schützenswerter Objekte streichen, was zu einem Rekurs des Schaffhauser Heimatschutzes führte.
Im Wettbewerb blieb offen, ob die Planung mit oder ohne Wasserturm erfolgen solle. Sowohl das Gewinnerteam als auch der Beschwerdeführer reichten Vorschläge ein, die eine Sanierung des Wasserturms als Option vorsahen. Allerdings erstellten beide Parteien für den Erhalt des Turms kein gültiges Preisangebot, das Siegerprojekt sah lediglich eine Pauschale von 300 000 Franken vor. Der von der Stadt gesprochene Zuschlag sei also «rechtsfehlerhaft», so das Obergericht.
Für die Sanierung des Turms muss die Stadt nun ein separates Beschaffungsverfahren durchführen. Im Verhältnis zur Auftragssumme handle es sich bei der Sanierung des Wasserturms nur um einen Bruchteil, so Stadträtin Katrin Bernath, Baureferentin der Stadt. Das Bauvorhaben kann also nach einem Jahr Stillstand wieder in Angriff genommen werden: Baubeginn ist voraussichtlich 2025.
➔ Weitere Bilder und Pläne sowie den Jurybericht zum Gesamtleistungswettbewerb Schaffhausen, Magazin Birch finden Sie hier.
Gesamtleistungswettbewerb Schaffhausen, Magazin Birch
1. Rang/1. Preis: «Hof Berslingen»
Hürzeler Holzbau, Magden; Weberbuess Architekten, Basel; ZPF Structure, Basel; Geologiebüro Ryser + Partner, Riehen; Nova Energie, Basel; HGK Engineering, Pratteln; Ingenieurbüro Stefan Graf, Basel; Bad-Konzept, Basel; KSI Kasburg Siemon Ingenieure, Riehen; Küster + Partner, Münchenstein
2. Rang/2. Preis: «Buchwies»
Hübscher Holzbau, Beringen; Reasco Immobilien, Neuhausen; FreiRaumPlanung, Schaffhausen; Bürgin Egli Partner, Schaffhausen; Andy Wickart Haustechnik, Finstersee; WKS Partner, Schaffhausen
3. Rang/3. Preis: «Grünwerk»
Birchmeier Baumanagement, Döttingen; Lumo Architekten, Döttingen; Gruner Schweiz, Zürich; Strüby Holzbau, Seewen; Enevista Engineering, Zürich; HL-Technik, Schaffhausen; Ecosens, Wallisellen; Birchmeier Bau, Döttingen
JURY
Fachjury
Karin Brand, Stadtbaumeisterin, Stadt Schaffhausen (Vorsitz)
Bruno Bossart, Architekt, St.Gallen
Ingrid Burgdorf, Architektin, Zürich
Serge Fayet, Architekt, Zürich
Thomas K. Keller, Architekt, St. Gallen (Ersatz)
Sachjury
Dr. Katrin Bernath, Baureferentin Stadt Schaffhausen
Thomas Hess, Abteilungsleiter Hochbauten
Florian Brack, Bereichsleiter Grün Schaffhausen